Eine Rezension von Martin Wagner |
Ich bin der festen Überzeugung, dass regionale Fantasyliteratur gerade in Deutschland mit seinen unendlich vielen Sagen, Mythen und Legenden, großes Potential hat und es davon viel zu wenig gibt. Umso erfreuter war ich, als ich im Juni 2012 Judith C. Vogts den ersten Band der „Die Geister des Landes“-Reihe in den Händen gehalten habe und das Buch dann auch noch rezensieren durfte, denn neben dem Genre und dem Hintergrund, waren es die Hauptfiguren, die mich irgendwie an mich selbst erinnerten, als ich noch ein Jugendlicher war.
Nach dem tollen ersten Band, ist jetzt endlich der zweite Band der Jugendbuchreihe, mit dem Titel „Gesichtslos“, beim Ammianus-Verlag erschienen und Judith C. Vogt lässt die vier Freunde, Dora, Edi, Gregor und Fiona, endlich wieder Abenteuer erleben, die weit über die Abenteuer am Rollenspieltisch hinausgehen. Diesmal ist es nicht nur die Eifel, die von den Vieren unsicher gemacht, ein Hinweis führt die vier allein und gemeinsam nach Aachen, in die Stadt Karls des Großen.
Bevor die vier aber in Aachen um ihr Überleben und das Überleben anderer mythischer Figuren kämpfen müssen, gilt es in der Eifel nach dem Rechten zu sehen, was sehr schnell auch zu einem, nach den Rechten zu sehen, wird, denn rechtsradikale Werwölfe, die gesichtslosen Herren dienen, scheinen die vier auf Schritt und Tritt zu verfolgen und auch deren gesichtslosen Herren selbst führen etwas böses im Schilde, das weder der menschlichen Welt noch der mythischen Welt gefallen wird, denn zwei Reiter der Apokalypse sorgen für kranke und tödliche Erlebnisse.
Als ob das nicht schon genug wäre, müssen die vier auch noch mit privaten Problemen und Aufgaben klar kommen. Eine Beziehung steht auf der Kippe, Schlaflosigkeit führt zu Medikamentenmissbrauch und in der Schule wollen nicht nur gute Noten verdient werden, sondern auch noch ein paar freundliche Untermieter umsorgt werden. Das ist jede Menge Action und jede Menge Plot für ein Buch und auch das Ende liefert noch genug Material für mindestens einen weiteren Band.
Was ich hier als jede Menge Plot bezeichne ist leider auch die größte Schwäche des Buches, es ist schlicht weg zu viel. Es ist zwar alles stimmig, auch die sich vermischenden Genres, aber das Buch wirkt einfach überladen mit all den Gegnern, den Erlebnissen mit den Geistern des Landes, den privaten Problemen der Protagonisten und den vielen offenen Fragen und dem offenen Ende. Einzeln oder in Kombination mit einem oder vielleicht zwei anderen Plots hätte mich das Gesamtwerk komplett überzeugt, denn die einzelnen Elemente sind absolut gelungen und durchdacht und sie sind, so ehrlich muss man sein, ohne einander gar nicht denkbar. Zusammen fühlt es sich aber weniger überzeugend an. Das ist aber Meckern auf hohem Niveau, denn die starken Protagonisten und die mysteriösen und offensichtlich feindlichen Antagonisten entwickeln sich prächtig und logisch und die Erlebnisse sind absolut nachvollziehbar. Darüber hinaus kommt jeder, der schon immer etwas über die Mythen Aachens erfahren wollte und natürlich noch mehr zu den Mythen der Eifel, auf seine Kosten. Ich bin davon überzeugt, dass der nächste Band wieder deutlich besser wird und dann auch mich absolut und nicht nur zu 90% überzeugt.
Fazit: Mit „Gesichtslos“ wird die Geschichte um die Geister des Landes und unseren vier nerdigen Helden mit viel viel Inhalt fortgeführt. Tolle runde Protagonisten und Antagonisten erleben viele Abenteuer, die zwischen fantastisch und gruselig bis zur Romantik reichen. Aufgrund der Menge an Plots nicht so gelungen wie der erste Band, aber doch noch weit oben in der Fantasy-Jugendbuchliga mit jeder Menge regionaler Mythen.