Serie: Star Wars |
Es geschah in der finalen Phase des Großen Hyperraumkriegs. Naga Sadow hatte zwei seiner Kreuzer nach Phaegon III geschickt, um dort das Machtkräfte verstärkende Lignan Erz abzubauen und sich damit eine Trumpfkarte im Krieg gegen die Jedi und ihre Republik zu verschaffen. Doch die Mission, die Sadows Niederlage in einen Sieg hätte verwandeln können scheiterte auf eine katastrophale Weise. Während die Omen unter Yaru Korsin auf einem unbekannten Planeten stranden sollte, verschwand die Herold unter ihrem ehrgeizigen Captain Saes im Hyperraum und ward nie mehr gesehen. Es war Saes einstiger Jedi Meister Relin Druur, der die Galaxis an diesem Tag völlig im Stillen vor der Herrschaft der Sith rettet, zumindest auf Zeit...
Rund 5000 Jahre später und 41,5 Jahre nachdem Luke Skywalker den Todesstern über Yavin 4 zerstört hat stehen die Nachfahren der Crew der Omen kurz davor auf Kesh durch die Ankunft "Schiffs" zum ersten Mal seit Jahrtausenden in die Weiten der Galaxis aufbrechen zu können, doch davon weiß noch niemand etwas. Dafür quälen Jedi-Ritter Jaden Korr neben Zweifeln an den Taten der Jedi während des letzten Bürgerkriegs Visionen von einem neuen Unheil, das in den Unbekannten Regionen heraufdämmert. Aber nicht nur Jaden Korrs Visionen führen ihn in die Unbekannten Regionen, auch der mysteriöse Meister des auf Korriban beheimateten Sith-Kults teilt diese Vorahnung und so entsendet man einen ganz speziellen Agenten, um der Sache auf den Grund zu gehen. Doch schon bald interessiert sich dieser mehr für Jaden als seine eigentliche Mission...
Die Inhaltsangabe des Verlags ist irreführend, Jaden lässt sich in den Unbekannten Regionen nicht mit einem Sith Lord sondern einem antiken Jedi Meister ein, den es genau wie die Herold und ihre Crew durch die Fehlfunktion des Hyperantriebs in die Gegenwart verschlagen hat. Doch die in die Gegenwart katapultierten Sith sind nur eines der Probleme auf die Jaden Korr trifft. Vor allem der machtsensitive Anzati-Kopfgeldjäger Kell Douru entpuppt sich als Jadens primärer Antagonist und was Jaden in den Unbekannten Regionen auch immer noch entdeckt spielt in der GEGENWIND-Fortsetzung eine tragende Rolle.
Nach "Jedi Knight 3: Jedi Academy" ist das Aufeinandertreffen mit der Crew der Herold und Kell Douru nicht Jadens erste Begegnung mit Sith und ihren Verbündeten, doch so sehr sich Kemp mit seinem Star Wars-Debüt auch in der Tradition Jedi Knight 3s bewegt, die schon etablierte Hintergrundgeschichte Jaden Korrs scheint er nur in groben Ansätzen eingebracht zu haben. Aus Jadens vergangenen Begegnungen mit Sith und dunklen Jedi hätte man jedenfalls mehr machen können, vor allem da er sich damals sogar mit dem wiedererweckten Geist Marka Rangos duelliert hat, immerhin Naga Sadows Vorgänger. Was Kemp dessen ungeachtet schon in seinem Debüt sehr gut gelungen ist, war es den Roman mit gleich mehreren Romanreihen und Großevents des Erweiterten Universums zu verknüpfen, obwohl er mit dem 2011 auf Englisch erscheinenden RIPTIDE nur eine Duologie bildet. Der Roman wurzelt wie schon The Old Republic im Untergang des antiken Sith-Imperiums, beschreibt das Ereignis das zum Absturz der Omen führte, womit auf Kesh eine Sith-Kultur entstehen konnte (wie in John Jackson Millers Lost Tribe of the Sith-E-book-Serie), die in der nach GEGENWIND spielenden 9teiligen Reihe Verhängnis der Jedi-Ritter in die Weiten der Galaxis zurückkehrt, um die Herrschaft für die Sith einzufordern. Zugleich spinnt Kemp den losen Handlungsfaden aus Wächter der Macht fort, in dem die damals noch anonym agierenden Einen Sith (Darth Krayts Anhänger auf Korriban) erstmals vorkamen und auch inhaltlich greift GEGENWIND jenes Glaubenskrise der Jedi auf, die in Wächter der Macht noch zu kurz kam. Und Kemps Erstling nimmt sich auch noch gleich der Frage an, wie die Einen Sith in das EU integriert werden können.
Obwohl sein Talent zur Charakterzeichnung in seinem zweiten Star Wars Roman BETROGEN noch weit besser zur Geltung gelangt ist, zeigt Kemp schon in GEGENWIND was die Besonderheit seines Stils ausmacht. So macht er Jaden Korr zu einem einfachen Jedi Ritter um die 40 der nach Centerpoint und dem Zweiten Galaktischen Bürgerkrieg von Zweifeln darüber zerfressen ist, ob die Jedi überhaupt noch das Richtige tun und entwickelt dabei die Jaden von Kyle Katarn beigebrachte Philosophie, das die Macht nur ein Mittel zum Zweck ist folgerichtig zu einem Problem für die Sinnkrise des Jedi Ritters weiter, denn sie vermittelt ihm keinen wirklichen Halt. An den gleichen Wendepunkt bringt Kemp Relin Druur, der sich die Frage stellen muss, ob er nicht doch gescheitert ist.
Eine gänzlich andere Perspektive pflegen Khedryn Faal und sein erster Maat Marr. Während ersterer als Überlebender des Extraterrestrischen Flugprojekts trotz allem nie so richtig auf die Beine gekommen und mit Horrorgeschichten über die Jedi aufgewachsen ist, tritt sein Co-Pilot als Navigationsgenie in Erscheinung, kann er doch die Macht nutzen um seine navigatorischen Fähigkeiten zu steigern. Doch Marr ist nicht der einzige Charakter mit außergewöhnlichen Machttalenten. Gerade Kell Douru, als Anzati ohnehin schon mit besonderen Gaben und Jahrhunderten an Erfahrung gesegnet, trumpft mit der Fähigkeit auf Schicksalslinien wahrnehmen zu können - eine vage an Mace Windus Talent Bruchlinien wahrnehmen zu können erinnernde Gabe. Nur der gefallene Jedi und Sith-Antwärter Saes fällt als Stereotyp aus diesem Rahmen eher untypischer Charaktere. Das einzige womit der Sith auftrumpfen kann ist dass er wie General Grievous (und am Cover, wo er sich mit Relin Druur duelliert) ein Kaleesh und durch die dunkle Seite und das Lignan ein beinahe übermächtiger Gegner ist.
Das faszinierende an Kemps Charakterzeichnung ist dass auch seine Helden keineswegs perfekte Persönlichkeiten sind. Auch sie zeigen Schwächen und dunkle Seiten. Doch gerade ihr Zweifeln und Bestreben unerreichbaren Idealen nachzueifern ist, in Kemps Worten, das was sie auf der hellen Seite hält. Ihre Antagonisten hingegen haben alle Zweifel aus ihren Gedanken verbannt, sie handeln daher auch umso fanatischer. Aber auch die Denkweise von Kemps Charakteren ist der Wirklichkeit nicht so fremd, wie vielleicht bei manch anderen Autoren.
- Resümee -
Bis auf kleine Unstimmigkeiten, die man als noch ungenütztes Potential summieren kann ist GEGENWIND ein mehr als gelungenes Debüt, das nicht durch ein großes Spektakel sondern persönliche Dramen und Epen zu beeindrucken versteht. Es ist Kemps faszinierende Charakterzeichnung die den Reiz seines Erstlings ausmacht, etwas das andere Autoren im Erweiterten Universums in der Vergangenheit oft missen ließen. Kemps Charaktere entwickeln sich und sind in ihrem Denken alles andere als abgehoben.