Serie / Zyklus: Bridge-Trilogie, Band 3 |
William Gibson - ein Synonym für stilistische und inhaltliche Konstanz (manche nennen es Stagnation). Seit seinem Welterfolg mit Neuromancer Mitte der 80er Jahre hat er sich immer wieder auf seine alten Qualitäten besonnen, so dass auch bei seinem neuesten Werk mit keinen großen Innovationen zu rechnen war. Die einzige Überraschung ist denn auch, dass ihm mit Futurematic ein Brückenschlag zu den beiden Vorgängern gelang und so quasi eine zweite Trilogie entstand: die interessantesten Charaktere aus Virtuelles Licht und Idoru lässt Gibson auf der "Brücke" (einer der kreativen Höhepunkte von "Virtuelles Licht") aufeinander treffen und schließlich auf einen grandiosen Showdown zusteuern - diesen Eindruck vermittelt zumindest der Klappentext. Nach der letzten Seite macht sich jedoch nach all den Vorausdeutungen auf eine "weltumwälzende Neuerung" etwas Enttäuschung breit, da der Höhepunkt vorüber ist, bevor man sich dessen wirklich bewusst wird, und die Auflösung des Geschehens der Phantasie des Lesers überlassen bleibt ... aber vielleicht sollte ich mit dem Anfang beginnen:
Während Chevette sich auf der Flucht vor ihrem Ex-Freund in San Franciso aufhält, wird Rydell von dem mittlerweile in Tokios Untergrund lebenden Laney beauftragt, sich ebenfalls in die Stadt an der Westküste zu begeben, da dort alle Fäden der näheren Zukunft zusammen laufen. Angelockt von einer guten Bezahlung nimmt der ehemalige Polizist den Job an, doch schon kurz nach seinem Eintreffen beginnt sich die Situation zuzuspitzen: ein mysteriöser Killer, ein angeheuertes Söldner-Team und Rei Toei (das Idoru aus dem gleichnamigen Buch) tragen nicht gerade zu einer Vereinfachung seiner Lage bei - und zu allem Überfluss läuft er schließlich Chevette, seiner verloren geglaubten Liebe, über den Weg. Action ist also vorprogrammiert, als heimlichen Star des Buchs würde ich aber Silencio bezeichnen: der geistig zurückgebliebene Jugendliche mit dem besonderen Talent gibt zwar kaum ein Wort von sich, aber neben der "Kartonstadt" Tokios ist er für mich die gelungenste Kreation Gibsons.
Fazit: Für Freunde dieses Stils (und Gibson im Speziellen) ist auch der aktuelle Roman ohne Frage lesenswert, aber als allgemeine Empfehlung oder gar Muss würde ich Futurematic nicht bezeichnen. Zum einen liegt das wohl daran, dass der Plot trotz eines über alle Zweifel erhabenen Stils und einigen interessanten Ansätzen nie wirklich zu fesseln weiß, zum anderen stört mich das Fehlen neuer Ideen und Visionen. Nach dem Abschluss (wenn es denn einer ist) dieser zweiten Trilogie wäre es für Gibson wirklich Zeit, neue Wege zu beschreiten und sich inhaltlich an neuen Herausforderungen zu versuchen. Ob solch ein "neuer William Gibson" bei der Leserschaft Akzeptanz fände, sei hier dahingestellt, aber einen Versuch wäre es zumindest wert - um seiner eigenen Entwicklung willen.
Abschließend sei erwähnt, dass die hier besprochene gebundene Ausgabe exklusiv über Zweitausendeins zu beziehen ist, so dass die Suche beim örtlichen Buchladen oder Online-Bookshop wenig Früchte tragen dürfte. Wer einem Kauf noch mit gemischten Gefühlen gegenüber steht, sollte bis zur Taschenbuchausgabe warten, allen anderen sei aber das Hardcover ans Herz gelegt.
Bewertung: 7 von 10 Punkten
Eine Übersicht der gesamte Serie gibt es auf der Autorenseite.
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