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Frontier (Soundtrack Sampler)
Besprechung / Rezension von Arne Handt |
Nachdem ich mir in meinen ersten beiden Rezensionen zwei Filmsoundtracks vorgenommen habe, werde ich dieses Mal eine Kompilation von Soundtrack-Stücken zu verschiedenen Filmen aus dem SF-Genre betrachten, die aus der Feder von Jerry Goldsmith stammen.
Unter SF-Fans dürfte Goldsmith vor allem wegen der von ihm komponieren Soundtracks zu den Star Trek Filmen (I, V, VIII, IX, X) und Serien (The Next Generation, Voyager) sein, insgesamt ist er - laut Internet Movie Database - bei 282 Produktionen (Filme wie Serien) als Komponist verzeichnet und gilt als einer produktivsten zeitgenössischen Musiker Hollywoods. Zu seinen jüngeren Werken zählen die Sountracks von Der Anschlag, Hollow Man, Das Geisterschloss, Der 13te Krieger, Die Mumie, Mulan und Alien 4: Resurrection. Von seinen Kompositionen wurden achtzehn (!) für den Oscar nominiert, eine damit ausgezeichnet (Das Omen/1976), er erhielt drei Emmies sowie neun Nominierungen für den Golden Globe und vier für den British Acadamy Award.
Jede Menge Vorrat für die Zusammenstellung einer Kompilation aus SF-Tracks also. Und so finden sich - neben obligatorischen Star Trek Klassikern - auch ein paar andere, wohlbekannte Filme, wie Total Recall und Alien, aber ebenso eher weniger oder nur aus dem Fernsehen bekannte Titel. Sämtliche Aufnahmen wurden übrigens für diese CD unter der Goldsmiths Leitung vom (sogenannten) Royal Scottish National Orchestra neu eingespielt. Ich werde nur einen kleinen Auszug der Stücke vorstellen, es würde sonst den Rahmen sprengen.
Die CD beginnt gleich mit einer der schönsten und eindrücklichsten Kompositionen Goldsmiths, der Musik zu Star Trek: Der erste Kontakt. Allerdings hören wir nicht die Eröffnungssequenz, sondern den "End Title", der zunächst mit dem bekannten Hauptthema der Next Generation-Serie beginnt.
Danach erst wird uns die eigentliche Titelmelodie des Films präsentiert. Diese wird zunächst sanft von den Hörnern intoniert, vor einer dünnen Klangdecke aus Streichern. Im Gegensatz zur - dem Anlass angemessenen - Fanfare aus Treffen der Generationen von Dennis McCarthy stellt Goldsmith eine eingängige wie emotionale Melodie in den Vordergrund, die direkt ins Herz geht. Dies verleiht dem Film gleich einen ganz eigenen Charakter: Trotz der sicher actionlastigen Handlung geht es im wesentlichen doch um die Hauptpersonen - vor allem Picard und Data - die von der Attacke der Borg im Kern ihrer Existenz getroffen werden. Aus diesem Grund ist das "First Contact"-Thema für mich schon so eine Art inoffizielles Picard-Thema geworden.
Logan's Run lief hierzulande unter dem mehr oder weniger bescheuerten Titel Flucht in das dreiundzwanzigste Jahrhundert, ich hoffe, diese Tatsache hat niemanden abgeschreckt, sich den Film anzuschauen, denn obwohl ich die Qualität des Streifens an sich heute nicht mehr beurteilen mag: Die Musik ist gelungen. Nur kurz ein Satz zur Handlung: Es geht um ein Paar, das aus einer abgeschotteten Stadt in der Zukunft flieht um auf der fast menschenleeren Erde den Grundstein für eine neue Zivilisation in Freiheit zu legen.
Eines der Stücke begleitet den Untergang der Stadt am Ende des Filmes. Es beginnt mit leicht dissonanten Bläserklängen - Posaunen sind hier deutlich zu hören, eine kleine Anlehnung an die Geschichte von Jericho vielleicht (?) -, die jedoch nur der Auftakt für eine Reprise der Hauptmelodie des Filmes sind. Hier hören wir vor allem wieder Streicher und Hörner, möglicherweise Goldsmiths Lieblingsinstrumente, auf jeden Fall eignen sie sich ausgezeichnet auch diese sehr schöne Melodie sanft und klar vorzutragen.
Das nächste Stück ist vom Charakter her recht einzigartig und vielleicht mein Favorit auf dieser CD, deshalb werde ich meine Kommentare hierzu abgeben, obwohl ich den Film nicht gesehen habe und die Musik daher nicht interpretieren kann.
Es handelt sich um den "Main Title" zu The Illustrated Man, einem SF-Film von 1969 nach einem Buch von Ray Bradbury (Fahrenheit 451, Die Mars-Chroniken). Das Stück beginnt mit einer aparten Frauenstimme, die - ohne Worte - zunächst das minimalistische Hauptthema rezitiert, das sich im wesentlichen um zwei Töne bewegt. Die entstehende kontemplative Stimmung wird von einer Querflöte in tiefer Lage aufgenommen. Anschließend greifen Harfe, Oboe und Solosängerin das Hauptthema wieder auf; interessant hierbei ist, dass auch die Oboe relativ tief beginnt und sich quasi unabhängig von den melodischen Bewegungen der Sängerin schrittweise konsequent nach oben arbeitet, was teilweise in Terzerweiterungen zu deren Melodie resultiert, teilweise auch in unvorhersehbaren Reibungen.
Nach einer Weile "erwachen" auch die anderen Instrumente zum Leben, das Stück wird munter und bewegt. Auch sie bewegen sich scheinbar unabhängig voneinander, was zu auf den ersten Eindruck merkwürdig verwobenen Klang- und Rhythmusmustern führt.
Vom Stil her erinnert mich die Musik unwillkürlich an ältere amerikanische Naturdokumentationen (Die Wüste lebt), obwohl ich das schwer begründen kann. Doch die Assoziationen von Felsen, Kakteen, Insekten und Sand passen gut zu der zwischen Ödnis und Lebendigkeit schwankenden Stimmung dieses Stückes.
Das letzte Stück der CD ist der "End Title" von Ridley Scotts Alien. Es wird eingeleitet durch dumpfe Glockenklänge, die träge und bedächtig das Ende des Films einläuten und irgendwie etwas einschläferndes haben, was ja zu dem längeren Nickerchen, das Ripley nun bevorsteht, passt...es folgt eine einzelne Bläserstimme mit dem leicht atonalen Thema des Stückes, dessen entrückter Charakter durch die kaum hörbaren Streicher im obersten Bereich ihres Ambitus' untersützt wird. Schließlich geht das Stück in einen getragenen Orchesterteil über, hier sind einmal mehr Blechbläser und Streicher dominant, letztere liefern mal einen sphärischen Akkordteppich, mal bilden sie unisono die Führungsstimme. Nach einer Weile beginnt sich die Stimmung allmählich zu wandeln, bis zu einem strahlenden Schluss mit "Pauken und Trompeten".
Auch die übrigen Stücke auf der CD sind weitgehend gelungen und immer wieder kommt Goldsmiths Fähigkeit durch, atmosphärische Soundtracks mit schönen und eingängigen Melodien zu kombinieren. Allerdings gibt es auch einige Stücke, bei denen es ordentlich "zur Sache" geht, dies trägt dann in der Regel dem Sachverhalt Rechnung, dass es in den Filmen weniger um die Menschen als um die äußere Handlung geht (Beispiel: Total Recall). Aber auch dies ist ja nicht unbedingt schlecht.