| Titel: Herr der Finsternis (1994) Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Eigentlich sollte Darka krank das Bett hüten, doch als ein Sonnenkater in sein Zimmer fliegt, hält ihn nichts mehr. Mit dem Wesen schreitet er durch eine Tür in eine andere Welt. Dort ist alles finster und bald müssen Darka und der Kater erkennen, dass sie nicht mehr zurückkönnen, denn ohne Licht hat der Sonnenkater keine Kraft mehr und kann die Tür auch nicht wieder öffnen. So bleibt den beiden nichts anderes mehr übrig, als sich der Welt ohne Sonne zu stellen. Es zeigt sich, dass die Menschen dort das Licht für sinnlosen Tand verkauft haben, und nun ist etwas, das vormals im Überfluss vorhanden war, plötzlich sehr wertvoll geworden. Es findet ein Krieg statt zwischen den unheimlichen Freifliegern und den Flügelträgern. Während die einen etwas Dämonisches an sich haben, sind die Flügelträger Jugendliche, die sich mit künstlichen Flügeln den Feinden entgegenstellen. Da die Konstrukte nicht viel Gewicht tragen können, bleibt der Kampf gegen den Feind nur den Kindern und Jugendlichen vorbehalten. Auch Darka schließt sich dem Kampf an, doch er erkennt recht schnell, dass der Feind nicht die Freiflieger sind, sondern der Herr der Finsternis, eine ominöse Macht, die all das Licht hortet.
Autor Sergej Lukianenko hat in diesem Buch geschickt viele Motive aus Kinderbüchern neu kombiniert, wie z. B. aus Alice im Wunderland (Grinsekatze), Wizard von Oz oder auch aus klassichen Märchen. So ist dann das Ergebnis ein modernes Märchen um Licht und Dunkel. Doch natürlich steckt auch ein großes Stück russischer Seele in dem Werk, und so ist das Ergebnis ein höchst eigenwilliges Märchen, das dem Leser einen ungewöhnlichen Eindruck beschert. Der Beginn ist recht gut gelungen und spannend erzählt, doch im Mittelteil plätschert die Geschichte etwas flach dahin. Der Gedanke, dass Kinder Krieg führen, scheint den Autor zu faszinieren, denn auch in dem Jugendbuch Ritter der 40 Inseln ging es darum. Es mutet einen Westeuropäer jedoch seltsam an, zu lesen, wie sich Kinder und Jugendliche mit Begeisterung in den Kampf stürzen, als wäre es ein Spiel. Vielleicht ist dies der Aspekt, der dazu führt, dass ich das Buch nicht wirklich mochte. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass der Roman bereits 1994 erschienen ist und Lukianenko seitdem schriftstellerisch deutlich zulegen konnte, denn die Geschichte weist doch einige Schwächen auf und man hätte aus dieser recht originellen Idee mehr herausholen können. Das fällt vor allem auf, wenn man Werke von Michael Ende oder Astrid Lindgren heranzieht und vergleicht. Das Ganze wirkt bei diesen Autoren viel besser konzipiert und die Geschichte wird viel runder erzählt. Dennoch ist die Geschichte durchaus interessant und sie hat auch einen gewissen Charme. Ganz sicher ist dies aber eine besondere Geschichte fernab des Mainstreams.
6 von 10 Punkten
Herr der Finsternis - die Rezension von Erik Schreiber