Titel: Finsterland: Handbuch der Technologie Eine Rezension von Martin Wagner |
Der deutsche Arzt und Schriftsteller Curt Emmrich sagte zu Beginn des 20. Jahrhunderts „Die Technik, welche weder gut noch böse ist, ist ohne Bezug zur Moral. Die Moral steckt nicht in dem Hammer, sondern in dem Menschen, der ihn führt. Die Technik bedarf einer moralischen Instanz, welche eine Kontrolle über ihre Anwendung zum Nutzen des Menschen ausübt.“ Besser kann man die Verantwortung des Menschen zur Verwendung der aktuellen und auch bereits vergangener Erfindungen nicht in Worte fassen.
Das obige Zitat hätte auch als Einstiegszitat für das aktuelle Quellenbuch „Handbuch der Technologie“ zum österreichischen Rollenspiel Finsterland verwendet werden können, denn genau darum geht es in diesem Buch, die Verantwortung der Finsterländer in Bezug auf die Verwendung neuer Erfindungen. Wie bereits bei den anderen beiden Veröffentlichungen im Eigenverlag, sind auch diesmal Georg Pils, Gregor Eisenwort und Michael Prammer die Redakteure.
Passend zum Zitat widmet sich das Buch zwei Dingen, zum einen der Industrialisierung, die in Finsterland immer noch für große Veränderungen sorgt, und zum anderen mit dem Großen Krieg, der die Welt fast genau so prägte wie der Technologiesprung. Den Anfang macht ein Rückblick auf den Verlauf und das Ende des Großen Krieges. Dabei werden nicht nur die Geschichte des Kaiserreiches sondern auch das Militär und besondere Einheiten genauer unter die Lupe genommen und stehen dann als Hintergrund für Spielercharaktere zur Verfügung. Das zweite Kapitel widmet sich der Technologie. Hier werden neue und bedeutende Erfindungen ebenso vorgestellt wie auch wichtige medizinische Forschungen und auch die bedeutendsten Universitäten und Unternehmen. Gerade im letzten Teil finden sich einige Geheimnisse und auch die eine oder andere Plotidee. Genau solche Dingen finden sich auch im Kapitel „Politik“, das sich auch dem Aufbau des Kaiserreiches beschäftigt. Parteien und ihre Vertreter und die Geheimdienste der unterschiedlichen Fürsten und Länder finden sich hier ebenso, wie auch andere Geheimorganisationen, die sich sehr gut als Antagonisten aber auch als Helfer für Charaktere eignen. An die Spieler der Charaktere richtet sich das nächste Kapitel. Diese finden dort Beispielcharaktere, neue Manöver, viele Informationen zu Hintergründen, die dem Charakter eine ganz neue Facette geben können, und viele Ausrüstungsgegenstände. Die letzten drei Kapitel richten sich dann an den Spielleiter. Zuerst erhält er Informationen zur Verwendung von Technologien und deren Hintergründen für Abenteuer und zur Darstellung im Allgemeinen. Anschließend werden neue Gegner und deren Vorgehen beschrieben. Den Abschluss bildet ein Beispielabenteuer für Einsteiger, das die Charaktere auf eine Zugfahrt ins Ungewisse mitnimmt und bei dem nicht nur eine Partei hinter der Technologie, die die Charaktere bewachen müssen hinterher ist, sondern gleich mehrere. Das verspricht jede Menge Action und davon haben die Charaktere dann auch bald mehr als ihnen lieb sein wird. Das Abenteuer verläuft dabei erstaunlich offen, denn Gespräche und Bündnisse können das Abenteuer in jede mögliche Richtung lenken. Dennoch gibt es genug Situationen, in denen die Charaktere auf vorherbestimmte Dinge reagieren müssen. Diese passen aber zum Abenteuerhintergrund und sind, trotz Zugfahrt, kein Railroading. Den Abschluss des Buches bildet ein detaillierter Index, der die Suche im Buch für Spieler und Spielleiter deutlich erleichtert.
Auch wenn der Titel erst auf den zweiten Blick den Inhalt des Buches widerspiegelt, kann das Buch doch überzeugen. Die kriegerische Geschichte Finsterlands und die Schilderung der Entwicklung der Technologien ist nicht nur unterhaltsam geschrieben sondern auch in der Welt logisch nachvollziehbar. Spieler und Spielleiter finden im Buch viele gute Idee, die sie für den Charakterbau und die Charakterentwicklung und dem Erstellen von Abenteuern nutzen können. Ein Sonderlob geht nun an die Lektoren und Korrektoren, die wirklich gute Arbeit geleistet und alle Fehler ausgemerzt haben. Genau so ein großes Lob geht an die Illustratoren, deren Bilder nicht nur das Layout in ein gutes und vor allen Dingen passendes Licht rücken, sondern auch dazu beitragen, dass die Fraktionen, Beispielcharaktere und die Technologien ein Gesicht bekommen. Es wird deutlich, dass die Wiener immer besser werden und ihnen das Thema Technologien und die Industrialisierung wirklich am Herzen lag, denn das Buch ist nicht nur das überzeugendste der Finsterlandveröffentlichungen, es kann auch fast als Geschichtsbuch für unsere Zeit der Industrialisierung und des ersten Weltkriegs, also dem Ende des langen 19. Jahrhunderts herhalten. Übereinstimmungen sind sicherlich gewollt und gekonnt auf eine fiktive Welt übertragen worden.
Fazit:
Das „Handbuch der Technologie“ für das Finsterland-Rollenspiel ist das bisher beste Buch der Reihe. Es mischt gekonnt das militärische mit dem technischen und sogar dem historischen unserer Welt. Neue Regeln, neues Wissen und neue Technologien werden sowohl Spieler als auch Spielleiter überzeugen und das gelungene Abenteuer rundet das gelungene Buch perfekt ab. Ich bin gespannt wie gut das nächste Buch sein wird und welchem Thema es sich widmen wird.