Reihe: Mass Effect, Band 2 Buch/Verlagsdaten: Panini Comics, August 2011, 104 Seiten SC mit Faltcovert, ISBN-13: 978-3862010769 |
In Drew Karpyshyns dritten Mass Effect Roman VERGELTUNG wurde es bereits angedeutet, zu Zeiten des Erstkontaktkrieges stand der Unbekannte im Dienste des Allianz-Militärs und genoss eine entsprechende Ausbildung. Mac Walters (der Lead Writer hinter Mass Effect) und John Jackson Millers (Knight Errant, Knights of the old Republic) EVOLUTION entführt nun genau in diese Ära und gibt Antworten darauf wer war der Unbekannte bevor er zum Mastermind hinter Cerberus wurde.
Es begann auf Shanxi. Während des legendären Erstkontaktkrieges der in der Aufnahme der Allianz in den Citadel-Rat und zu fortwährenden Feindseligkeiten mit den Turianern führen sollten kämpfte Jack Harper mit seiner Partisanengruppe gegen die turianischen Bodentruppen. Unterstützt von General Williams sollte Harpers Truppe vor allem herausfinden wonach die turianischen Patrouillen fieberhaft suchten. Während Williams zum Rückzug gedrängt wird gibt er Harper, dem es zumindest gelungen ist einen turianischen Offizier gefangen zu nehmen, noch 20 Stunden und einen Panzer, um das Geheimnis der Turianer zu lüften. Und tatsächlich trotz ihres wenig hilfreichen Gefangenen, der sich als turianischer General entpuppt, gelingt es Harper in einer Höhle ein uraltes Relikt freizulegen und dabei eine Gruppe in dunkle Kutten gewandter weiterentwickelter Turianer zu überwältigen. Doch bei der näheren Untersuchung des Artefakts wird Harpers Partner getötet und der Söldnerführer durch die Strahlung in ein mehrwöchiges Koma befördert, aus dem er erst in einem turianischen Labor wieder erwacht...
EVOLUTION verrät vieles und deutet vielleicht auch bereits an warum Cerberus ausgerechnet den größten Helden der Menschheit verfolgt, während die Erde zu einem der ersten Ziele der Reaper-Invasion wird. Ähnlich wie der erste Mass Effect Comic ERLÖSUNG die Vorgeschichte zum Shadow Broker-DLC geliefert hat scheint EVOLUTION nun die Hintergrundgeschichte des Unbekannten zu beleuchten, um dessen Mysterium ein Stück zu lüften und doch den Mythos auszubauen. Jack Harpers Verbindungen zum Allianz-General Williams, der den ersten Cerberus-Kämpfern eine militärische Ausbildung ermöglicht hat, erlauben nun Rückschlüsse warum Cerberus in Mass Effect 1 noch als Black Ops Division der Allianz gedeutet wurde. Während Williams jedoch in Ungnade fiel formte der Unbekannte aus Harpers anti-turianischen Widerstandskämpfern das Cerberus-Netzwerk und konnte damit auch tief in die Ränge der Allianz vorstoßen.
Interessant sind auf jeden Fall die Parallelen zu Commander Shepard die Walters und Miller in EVOLUTION inszenieren. Wie beim großen Held der Menschheit auch Jack Harpers Aufstieg mit dessen Kontakt zu einem Alien-Artefakt, nur anders als bei Shepard keinem protheanischen sondern einer Kreation der Reaper, die Harper nicht nur Visionen von kommenden Ereignissen sondern auch neue Fähigkeiten schenken sollte. Und genau wie Shepard ist Harper davon beseelt die drohende Katastrophe zu verhindern, nur bei der Wahl der Mittel liegt dem Freiheitskämpfer/Terroristen das Agieren aus dem Schatten und über moralische Grenzen hinweg näher als Shepards Handlungen als Allianz-Marine und Spectre. Dafür steht am Beginn der Karrieren der beiden ein Turianer mit dem Nachnamen Arterius, in Harpers Fall der General und ältere Bruder von Shepards Gegenspieler Saren, Desolas. Und wie dereinst Saren, der die Ereignisse noch aus der Rolle des skeptischen Adjutanten erleben muss, ist auch Desolas davon überzeugt die Reaper-Technologie meistern und für die eigenen Machtbegierden einsetzen zu können.
Was sich in Omar Francias Zeichnungen außerdem langsam abzeichnet ist die Entwicklung von Harpers aus Mass Effect 2 sehr bekannten seltsamen Augen, wobei diese Entwicklung nicht eindeutig erklärt wird. Außerdem schwanken Francias Zeichnungen manchmal doch in der Qualität, was zu den wenigen Mankos des Comics gehört. Im Endeffekt läuft es jedoch auf das gleiche hinaus wie bei ERLÖSUNG oder Karpyshyns Romanen, die Autoren lassen der Geschichte ihre Freiräume und den Lesern ähnlich wie den Spielern im Game die Freiheit sich manches selbst auszumalen.
Mit einem Besuch der turianischen Heimatwelt Palaven stößt EVOLUTION zudem bereits in Bereiche vor, die Mass Effect 3 nachweislich besuchen wird, also wohl doch ein Prolog wie ERLÖSUNG zum Shadow Broker-DLC. Mit INVASION ist übrigens bereits der dritte Mass Effect Comic in Produktion und wird sich ab Oktober 2011 mit einer von Cerberus entfesselten Bedrohung auf Omega beschäftigen, der sich gerade die ungekrönte Königin Omegas Aria T'Loak entgegenzustemmen hat. Und Jänner 2012 führt William C. Dietz das Romanwerk Drew Karpyshyns (Mac Walters Kollege als Schöpfer der Mass Effect-Story) fort, mit der Invasion der Reaper, einer Rückkehr Kahlee Sanders und einer Vendetta des biotischen Wunderkinds Gillian Grayson, die nach der mutwilligen Ermordung ihres Vaters als Versuchsperson für Reaper-Technologie noch eine offene Rechnung mit Cerberus offen hat. Über die Zukunft des Franchise nach der Invasion der Reaper ist außerdem noch lange nicht entschieden und eine Fortsetzung nicht auszuschließen.
Fazit:
Dank des hochklassigen Artwork Omar Francias und der zahllosen Hintergrundinfos zum Unbekannten und Andeutungen in Richtung Mass Effect 3 ein Stück Mass Effect-Geschichte in das man als Fan unbedingt einen Blick riskieren sollte.