Reihe: Evernight, 2. Band Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Das neue Schuljahr beginnt zu Biancas Enttäuschung genauso schlecht, wie das alte Schuljahr endete. Vor allem ist es deswegen weniger gut, weil Lucas, ihr Schwarm, nicht mehr da ist. Darüber ist Bianca alles andere als froh. In der Schule oder auch nur in der Nähe der Schule ist es für Lucas nicht mehr sicher, denn ein Vampirjäger ist sehr nachteilig für eine Umgebung, in der sich Vampire niedergelassen haben. Gerade Bianca, die zu seinen Opfern gehören sollte, sich aber in den smarten Jüngling verguckte, sollte sein Nichterscheinen der Gesundheit zuträglicher sein. Zumindest eine vorzeitige Beendigung der Existenzform ist nicht zu befürchten. Allerdings ist ein gebrochenes Herz auch nicht so ohne. Bianca ist ein geborener Vampir. Ihre Verwandlung wird dadurch ausgeführt, dass sie einen Menschen beißt. Sie ist sich nicht sicher, ob sie die Wandlung überhaupt möchte, da ihre große Liebe Lucas dem Schwarzen Kreuz angehört, einer Vereinigung von Vampirjägern. Das Schwarze Kreuz hält Bianca für einen Menschen, der von Vampiren als Baby entführt wurde. Die Wahrheit dahinter würde Bianca einen frühen Tod bescheren.
Ihre einzige Hilfe und Unterstützung findet sie in dem Jungen Balthasar, dem gut aussehenden 300 Jahre alten Schulschwarm. Dieser ist bereit, mit Bianca einen Plan zu schmieden, der es ihr ermöglicht, den heiß geliebten Lucas wiederzusehen. Balthasars Hilfe ist jedoch nicht uneigennützig. Seit Jahren sucht er nach seiner Schwester Charity. Er erhofft sich Lucas’ Hilfe, um die Schwester aufzufinden. Gesagt, geplant, getan. Zu Beginn scheint alles sich so zu entwickeln, wie es sich die beiden Teenager vorstellten. Es gibt da aber ein kleines Problem. Das Problem heißt Charity, denn sie wollte weder gefunden werden, noch wollte sie zu ihrem Bruder zurück. Auch Bianca trifft ein neuer Schicksalsschlag. Ihr innig geliebter Lucas will gar nicht für immer mit ihr zusammenbleiben. Ein Vampirjäger, der zu einem Vampir wird, ist doch ein Unding. Die Hitze der Liebe fällt ziemlich schnell dem Nullpunkt entgegen.
Bianca hat noch ein anderes Problem. Im Evernight-Internat tobt der Bär oder anders ausgedrückt: Es spukt, und nur Bianca ist in der Lage, die Gespenster zu sehen. Dies schlägt natürlich auf die Schülerin zurück, vielleicht ist alles nur ihr Werk?
Biancas Leben ist ja so schwer - die ganze Welt richtet sich gegen sie, um nur das kleinste ihrer Probleme aufzuzählen. Bianca ist innerlich zerrissen. Eine Entscheidung steht an, und irgendwie ist die Entscheidung immer falsch. Egal welche. Soll sie zu Lucas gehen und bei ihm bleiben, der ja eigentlich will, aber nicht um den Preis, Vampir werden zu müssen? Oder soll sie lieber bei den Eltern bleiben? Was wollen die Geister und ausgerechnet von ihr? Und dann ist da noch Balthasar: Was steht zwischen ihm und seiner Schwester?
Claudia Gray gehört zu den Autorinnen, die ihre Arbeit als solide und handwerklich gut bezeichnen können. Vieles ist bekannt, trotzdem bringt sie ihre eigenen Ideen und vor allem einen weiblichen Vampir als Heldin ein. Eine der wenigen Vampirinnen, an die ich sofort denken , war Carmilla von Sheridan Le Fanu. Allerdings stellt sich mir doch die Frage, warum Claudia Gray alte Vampire auf die Highschool schickt. Nur weil sie wie Teenager aussehen, müssen diese doch nicht die Schulbank drücken. Dabei denke ich vor allem an Balthasar.
Man könnte jetzt an dem Jung-Mädchen-Buch das eine oder andere aussetzen. Ein etwas konstruierter Abschluss, ein paar logische Fehler, aber was soll’s? Dieser Liebesroman für junge Mädchen ist, was er sein soll: schöne Unterhaltung. Alles in allem ist Tochter der Dämmerung für schwüle Sommertage zu empfehlen. Einfach nur dasitzen, lesen und über nichts nachdenken müssen.