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Titel: Eugenie - Die Jungfrau und die Peitsche Eine Besprechung / Rezension von Max Pechmann |
Es gibt tatsächlich Filme, für die sich Schauspieler schämen. Bei Christopher Lee ist dies „Eugenie“. In Interviews führte er gerne als Ausrede an, dass er Regisseur Jess Franco noch einen Gefallen schuldete und daher die Rolle des Zeremonienmeisters darin übernahm.
Doch eigentlich hat Christopher Lee gar keinen Grund, sich zu genieren. Denn immerhin bekam er dadurch die Chance, in Francos wohl einzigem guten Film mitzuwirken.
„Eugenie“ ist die freie Adaption eines Werkes von Marquis de Sade. Der Film handelt von Madame de Saint-Ange, die zusammen mit ihrem Bruder eine inzestuöse Beziehung auf einer Insel pflegt. Beide sind Verehrer der „Philosophie“ de Sades. Eines Tages lädt Madame Saint-Ange die junge und unverdorbene Eugenie für ein Wochenende auf ihre Insel ein. Mit einem listigen Hintergedanken: Sie und ihr Bruder wollen Eugenie als Opfer der Verdorbenheit darbringen, was soviel bedeutet wie, aus dem liebevollen Mädchen eine laszive Hure zu machen. Ihr Vorhaben lenkt die Aufmerksamkeit einer Gruppe verdorbener Individuen auf sich, die seit Generationen jeder Opferung beiwohnen. Doch genau dies führt zur Katastrophe. Denn auf einmal steht nicht Eugenie, sondern Madame de Saint-Ange und ihr Bruder im Fokus der Opferung.
Was sich liest wie die Beschreibung eines Trashfilms, ist es auch. Doch Jess Franco zieht hier alle Register. Man könnte auch sagen: Endlich hatte er ein größeres Budget zur Verfügung. Und siehe da, aus dem verschrienen Fast-Porno-Regisseur wird jemand, der Ahnung vom Filmemachen hat. So gelingt es ihm doch tatsächlich, ein kleines, surreales Meisterstück zu machen. Schon allein die Landschaftsaufnahmen verdienen hierbei ein großes Lob. Geradezu traumartig setzt er die natürlichen Kulissen in Szene und bestimmt dadurch die Atmosphäre. Diese setzt sich in der Beziehung zwischen Bruder und Schwester sowie in dem Plan, Eugenie zu verderben, fort. Bespickt ist das Ganze mit ein paar Sexszenen, die jedoch keineswegs albern oder plump ausfallen, sondern schön erotisch fotografiert sind. Auch dämliche Dialoge sucht der Zuschauer hier vergeblich. Die Dialoge sind präzise und knapp und steigern durch ihre Art das Geheimnisvolle und Surreale. Untermalt werden die einzelnen Szenen von einer Mischung aus Easy Listening und Jazz, die dem Film eine gewisse Eigenwilligkeit aufsetzen. Höhepunkt ist natürlich, als Christopher Lee in schwarzer Lederhose und sein Gefolge in dem Haus von Madame auftauchen und die Peitschen schwingen. - Eine kleine Perle des surrealen Kinos.