Erik Schreiber zum Tod von Werner Kurt Giesa
Biographie und Bibliographie von W. K. Giesa
Als ich am Freitag, den 15.02.2008 vom Tod Werners erfuhr, kam diese Meldung nicht überraschend, aber nicht erwartet. Werner war schon seit Jahren krank. Als ich mich auf der Buchmesse 2004 mit seiner Frau Heike unterhielt, waren wir beide der Meinung, er sei dem Tod noch einmal von der Schippe gesprungen. Um so heftiger traf mich die Nachricht des Todes von Heike, kaum ein halbes Jahr später im Januar 2005. Dies hat Werner sehr hart getroffen, und jedes Mal, wenn wir uns trafen, kam unweigerlich das Thema Heike zum Ausdruck. Er fühlte sich sehr einsam ohne sie und konnte nicht verstehen, warum sie und nicht er. Er hing sehr an ihr, was ich nachfühlen konnte, denn Heike war eine sehr sympathische Frau. Mehr als mein Mitgefühl konnte ich meinem alten Freund nicht ausdrücken. So kamen wir immer wieder auf die Vergangenheit zu sprechen. Haben wir uns in den letzten Jahren nie regelmäßig getroffen, so waren die kurzen Gespräche auf der Buchmesse oder dem dazugehörigen Buchmessecon immer wieder ein angenehmes Zusammentreffen.
Werner lernte ich vor mehr als dreißig Jahren in meiner Heimatstadt Kassel kennen. Er hatte mit Hans Klipp und Rolf Michael den Science Fiction Club Antares gegründet. Weil die drei nicht mehr aktiv waren, wollte ich den Namen für meinen Club übernehmen und so die Geschichte des Clubs weiterführen. Die drei wollten das jedoch nicht, und so gründete ich damals meinen eigenen Club. Antares wurde bis heute nie offiziell aufgelöst.
Werner Kurt Giesa wurde am 07.09.1954 in Hamm in Westfalen geboren. Ab 1965 lebte er in Lippstadt. 1974 folgte der gymnasiale Schulabschluss und sein Studium der Kunst und der Germanistik an der Universität Paderborn begann und endete selbst nach 20 Jahren noch nicht. Der ewige Student. Bereits in der Schule begann Werner mit seinen Geschichten seine Klassenkameraden zu erfreuen. Im Alter von fünfzehn Jahren versuchte er seine Romane an den Verlag zu bringen. Bereits 1975 hatte er mit dem Niederländer Zielschot Kontakt, der ihm zu Veröffentlichungen in den Niederlanden verhalf.
Als anerkannter Kriegsdienstverweigerer war er in einem Jugendfreizeitheim in Dorsten tätig. Auch danach arbeitete er noch viele Jahre ehrenamtlich in der Jugendarbeit. In seiner Freizeit beschäftigte er sich sehr viel mit Phantastik. Antares wurde gegründet. Rolf Michael, einer der Mitglieder und Gründer, war später öfters sein Co-Autor, bis er selbst einige Romane schrieb und unter seinem Namen veröffentlichte. Etwa 1977, zu der Zeit, als wir uns kennen lernten, wurde Werner freiberuflicher Schriftsteller, der aber auch andere Arbeiten annahm, weil er vom Schreiben nicht leben konnte, etwa bei Hella, dem Lampenwerk. Mit dem Club Antares erschien auch ein Fanzine, im heute fast unbekannten Spiritus-Umdruck und nur in kleiner Auflage. Dort erschienen die ersten Geschichten um Yan Monro, Die Straße der Götter, die später in Professor Zamorra Eingang fand, Rhys Saris und anderes mehr. Sie waren auch die ersten, die einen Amateurfilm drehten, sich verkleideten und das machten, was man heute unter LARP versteht. Rolf Michael und Hans Klipp wohnten damals in Kassel-Helleböhn, und so wurden sie in ihren Geschichten zu den Herren von Helleb. Die Serie Yan Monro erschien nur in Werners Kleinverlag "Terrapress". Wenig später erschien Dan Shockers Macabros, und wir wurden unabhängig voneinander Mitglied in Dan Shockers Fantastic Club. Dabei fand Werner in Jürgen Grasmück, der bereits letztes Jahr verstarb, einen großen Förderer. Bei einem Clubtreffen lernte er Heike kennen, die er 1986 heiratete. Er kaufte sich in Altenstadt, in der Nähe von Jürgen Grasmück, ein Haus, wo er mit Heike bis zu seinem Tod wohnte.
Werner fand bald einen Platz bei der Serie Professor Zamorra. Dort stieg er mit Band 111 ein. Vom einfachen Autor zum Serienentwickler ging sein Werdegang bei dieser Serie des Bastei Verlages. Seine ersten Romane hatten noch ganz einfache Hintergründe, die später mit Sozial- und Gesellschaftskritik angereichert wurden. Aber auch ganz triviale Begebenheiten fanden ihren Niederschlag, wie etwa den Guinness-Versuch im Treppensteigen am Kassler Herkules, oder den Weltrekord im Sänftentragen von Kassel nach Hannoversch Münden und zurück. Held dieser Romane war in irgendeiner Weise immer jemand aus dem Kasseler Bekanntenkreis. Etwa Hans Klipp, Antares-Gründer, Freund und Sportler. Der Sportclub, in dem Hans Mitglied war, veranstaltete diese Weltrekordversuche. So fand selbst ich mich als Polizist oder gar Grauer Riese in den Romanen von Professor Zamorra wieder. Aber ich erkannte mich immer erst, wenn ich das Heft gelesen hatte, vorher sagte Werner kein Sterbenswörtchen dazu. Innerhalb der Serie Professor Zamorra fanden sich aber auch andere Figuren wieder, die der Phantasie Werners entsprangen und in Romanen wie Gespensterkrimis und anderen veröffentlicht wurden. Etwa Ted Ewigk, der immer wieder als Freund von Zamorra auftrat. Ihm gelang mit der Serie etwas, was die Leserschaft immer wieder spaltete und zu kontroversen Gesprächen führte. Er verband mit dem Horrorgenre, dem Zamorra entstammte, Science-Fiction-Elemente und Fantasy und Krimi. Manch einem Leser gefiel die Mischung nicht, wenn etwa die außerirdischen Meeghs auftraten oder Merlin aus der Artussage zu oft eine Rolle übernahm. Natürlich ist es nicht möglich, alles jedem recht machen. Doch wer sich auf die Serie einläss,t wird von Werners Ideenreichtum erfreut sein.
Doch nicht nur der Horror ist sein Genre. Er schrieb für Serien wie Star Gate oder Ren Dhark. Zu Ren Dhark muss man nicht viel erklären, bei Star Gate ist das etwas anders. Vor vielen Jahren gab Volker Krämer, der inzwischen zum Zamorra-Autorenteam stieß, eine Serie namens Star Gate heraus. Noch Jahre vor dem ersten amerikanischen Serien-Film. Wenn man recht bedenkt, waren diese Romane der Beginn der Serie. Und Volker wäre heute reich, hätte er sich die Rechte gesichert.
Werner war damals immer wieder für Überraschungen gut. Etwa als wir auf einem Treffen des SFCD e. V. in Unterwössen einen Treff mit Dan Shockers Fantastik Club anschlossen. Weil dort abends um 21 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt und die Häuser mit rein genommen wurden, gab es nicht sehr viel zu tun. Dafür waren Werner, Johannes Unnewehr und ich in einem Zimmer des Veranstaltungshotels untergebracht. Und wie das Leben so spielt, lernte ich bei der Bundeswehr gerade russisch, was ich mal so in unsere Unterhaltung einstreute. Die Nacht haben wir uns mit einer Flasche Wodka und nur noch auf russisch unterhalten.
Es gäbe noch wesentlich mehr Anekdoten zu erzählen, z. B. über seinen amerikanischen Straßenkreuzer, den er eine Zeit lang besaß.
1980 stieß Werner zur Serie Mythor. Die zweite deutsche Fantasy-Serie nach Dragon hatte zuerst William Voltz, Ernst Vlcek und Hans Kneifel als Seriengestalter. Werner war schon immer ein Quell an Ideen. So übernahm er ab Band 182 die Exposégestaltung von Mythor. Als die Serie ein halbes Jahr später überraschend mit Band 192 eingestellt wurde, war das nicht nur für die Fans der Serie enttäuschend.
In den Jahren 1998 bis 2002 hatte er große Probleme mit seinen Eltern. Beide waren zu Pflegefällen geworden, was ihn sehr mitgenommen hatte. In diesen Jahren war er sehr oft unterwegs um von Altenstadt nach Lippstadt zu fahren. Bis zu ihrem Tod kümmerte er sich sehr intensiv um sie. Seine eigene Krankheit schloß sich fast nahtlos an.
Jetzt hat er die Welt verlassen. Möge er dort, wo er jetzt ist, all die Abenteuer erleben können, die er noch schreiben wollte und tagtäglich von seinen Träumen an seine Leser abgab. Werner, du wirst mir fehlen.