Serie / Zyklus: ~ Eine Besprechung / Rezension von Wiebke Schiefelbein (ElvenArcher). |
Eine Serie von grausamen Priestermorden erschüttert Rom und die Umgebung der ewigen Stadt. Auf höchster Bitte hin unterstützen die beiden Journalisten des Messaggero di Donati, Elena Vida und Alexander Rosin, die Polizei bei den Ermittlungen. Alexander Rosin ehemaliger Schweizer Gardist kommt schnell einer Verschwörung im Inneren des Vatikans auf die Spur. Teil dieser Verschwörung ist die Organisation Totus Tuus, die er bereits als aufgelöst erachtete.
Totus Tuus, eine fanatische und konservative Vereinigung, in deren Riege viele ehemalige Kollegen Rosins zu finden sind, ist nicht mit dem neuen Papst Custos I, der sich als Nachkomme Jesus Christus bezeichnet und radikale Reformen anstrebt, einverstanden. Doch dessen Sturz ist nur das geringste Ziel von Totus Tuus, und um ihr Ziel zu erreichen spalten sie die Kirche. Custos I wird mit dem ersten Schisma seit Jahrhunderten konfrontiert und die konkurrierende "Heilige Kirche des Wahren Glaubens" wählt den Papst Lucius IV als Gegenpapst.
Während Alexander versucht seinem Papst Custos I zu helfen und vor einem Attentat zu bewahren, reist Elena in die Toskana um den Wurzeln des Gegenpapstes nachzuspüren. Sie trifft auf den Halbitaliener Enrico Schreiber, der nach Verwandten seiner Mutter sucht. Zusammen kommen sie in dem kleinen Bergdorf Borgo San Pietro dem Geheimnis der heilenden Kräfte von Lucius IV, über die auch Custos I verfügt, auf die Spur. Sie treffen auf Angelo einem Einsiedler in einer alten etruskischen Ruine, der ihnen von den Engeln und deren Gabe/Fluch der Heilung erzählt. Enrico, der Nacht für Nacht von einem Traum gequält wird, in dem sich ein Engel in einen Teufel verwandelt, wird klar, daß auch er diese Gabe besitzt, eine Gabe, welche er nur von seinem wirklichem Vater geerbt haben kann.
Langsam aber sicher führen die Wege der drei wieder zusammen und das Ausmaß der Verschwörung und ihr Ziel, läßt ihnen das Blut in den Adern gefrieren und alles daransetzen dies zu verhindern...
Jörg Kastners Roman Engelsfluch muß den Vergleich mit Dan Browns Robert Langdon-Reihe oder Thomas Giffords Assassini nicht scheuen. Er bietet Spannung, Mysterien und Phantastik in einer gelungenen Mischung, die gut zu lesen ist und zu akutem Schlafmangel führt. Auch wenn es sich in diesem Fall um eine Art Fortsetzung des Buches Der Engelspapst handelt, ist die vorherige Lektüre desselben nicht notwendig. Alle fehlenden Informationen gibt der Autor selbst und inhaltlich haben die beiden Bücher laut Nachwort Kastners bis auf die Personen nichts miteinander zu tun.
Der Vatikan und der Past werden in diesem Fall mal zum Opfer einer Intrige und sind nicht Verursacher derselben. Eine erfrischende Abwechslung und Custos I Umgang mit dem Schisma hat einen überraschenden Ausgang, mit welchem man bei Beginn des Buches niemals gerechnet hätte. Überhaupt tritt der Papst als sehr sympathischer und aufgeklärter Mann auf, für den Frauen im Priesteramt keine Tabu sind und mit dem man (frau) mitfiebert und hofft, daß er nicht als Verlierer aus der Spaltung hervor geht.
Sein Widersacher Lucius IV, dessen Name man schnell erstmal mit Luzifer assoziiert, wird schnell zum ungeliebten Gegner. Um so überraschender ist es dann ihn als mildtätigen und gütigen Mann kennenzulernen. Als Leser gerät man in die Zwickmühle, wem soll man wünschen, daß er am Ende der rechtmäßige Papst und nicht der verblendete ist.
Denkt man am Anfang, dass Alexander Rosin und Elena Vida die Hauptpersonen sind, fokussiert sich die Handlung langsam aber sicher auf Enrico Schreiber und dem Tagebuch seines Vorfahren, der zu Zeiten der napoleonischen Kriege in der Toskana nach einem alten etruskischen Heiligtum suchte. Fasziniert verfolgt man die Suche in der Vergangenheit nach der Ruine und in der Gegenwart nach dem Geheimnis der Engel und ihrer Gabe. Und tappt genauso wie die Suchenden solange im Dunkeln bis diese selbst die Lösung finden. Nur selten unterhält mich ein Buch, in dem ich immer mehr weiß als die Protagonisten. Dieses Vorwissen ist meist kontraproduktiv und reduziert die Spannung gen Null.
Die Beschreibungen von Schauplätzen und Landschaften beschränken sich auf das notwendigste und auch auf übermäßige zur Schaustellung von Gewalt, Blut und Leichen verzichtet der Autor weitgehend. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb kommt ein Gefühl der Spannung und des Unheimlichen auf. Die Bedrohung ist eindeutig da, aber nicht greif- und sichtbar und so um so bedrohlicher.
Da einzige für mich Störende ist der Schluß, der mir ein wenig zu hastig und zu ungeklärt ist. Fragen wie Wer waren nun tatsächlich diese Engel? und Was wäre passiert, wenn...? bleiben unbeantwortet und wenn ich ein sehr spannendes Buch lese oder verschlinge wie in diesem Fall, dann ist das schon ärgerlich, wenn man in der Luft hängengelassen wird. Definitiv ist nur, dass es sich bei der Gabe und den Engeln um etwas übernatürliches/überirdisches handeln muß, vielleicht klärt uns Jörg Kastner ja in einem späteren Buch auf.
7 von 10 Punkten
- Juni 2005 -