Serie / Zyklus: ~ Besprechung / Rezension von Oliver Faulhaber |
01. "Ein Wintermärchen" (Org.: "A Midwinter's Tale") © 1988
02. "Das Fest der Heiligen Janis" (Org.: "The Feast of Saint Janis") © 1980
03. "Der blinde Minotaurus" (Org.: "The blind Minotaur") © 1984
04. "Die Seelenwanderung des Philip K." (Org.: "The Transmigration of Philip K.") © 1984
05. "Die Kirche der göttlichen Verheißung" (Org.: "Covenant of Souls") © 1986
06. "Die Drachenlinie" (Org.: "The Dragon Line") © 1988
07. "Mummenkuss" (Org.: "Mummer Kiss") © 1981
08. "Das trojanische Pferd" (Org.: "Trojan Horse") © 1984
09. "Schnee-Engel" (Org.: "Snow-Angel") © 1989
10. "Der Mann, der Picasso kannte" (Org.: "The Man who met Picasso") © 1982
11. "Weitsicht" (Org.: "Foresight") © 1987
12. "Ginungagap" (Org.: "Ginungagap") © 1980
13. "Der Rand der Welt" (Org.: "The Edge of the World") © 1989
Stilistisch am interessantesten ist in dieser Kollektion die Story "Weitsicht": Durch ein nicht mehr nachvollziehbares Ereignis invertierte sich die Funktionsweise des menschlichen Gehirns derart, daß die Zukunft bekannt ist, die eigene Vergangenheit jedoch im Dunkel liegt. Dementsprechend verläuft auch die Erzählung rückwärts, beginnend mit dem Tod des Protagonisten (der sich der unabänderlichen Tatsache schon lange im voraus bewußt war) Schritt für Schritt rückwärts in die Vergangenheit. Sieht man darüber hinweg, daß das Szenario (vom heutigen Stand der Wissenschaft aus) Humbug ist - worüber sich Swanwick wahrscheinlich selbst im klaren ist und das Ganze eher als Experiment ansieht - und daß der Autor stellenweise inkonsequent wird, macht die Geschichte einen durchaus interessanten Eindruck.
Inhaltlich gefielen mir jedoch andere Stories besser: So zum Beispiel "Ginungagap", in der durch ein Schwarzes Loch mit einer unbekannten Spezies Kontakt aufgenommen wird. Die Kernfrage ist dabei, was das Menschsein ausmacht ... aber natürlich spart Swanwick auch nicht mit den üblichen (ob zufreffend oder nicht, sei hier mal dahingestellt) Klischees von der menschlichen Xenophobie bzw. Paranoia. Oder "Die Seelenwanderung des Philip K.", die das Leben eines Menschen, der unwissentlich die Realität vor dem Zusammenbruch bewahrt. Als er sich dessen bewußt wird, durchbricht er endlich die Illusion und erkennt die "wahre" Realität ... doch nur, um gleich darauf zu erfahren, daß auch diese nur Schein ist. (erinnert ein bißchen an Lems futorologischen Kongreß)
Meistens bringt Swanwick für meinen (Realo-)Geschmack zu viele metaphyische Elemente in seine Stories: Eine ehemalige Ski-Fahrerin zieht sich in eine Berghütte zurück um Gott zu werden ("Schnee-Engel"); drei Kids steigen eine Treppe am "Rand der Welt" herunter als ihre Wünsche in Erfüllung gehen; und in "Das trojanische Pferd" hat es eine Frau mit Hilfe eines Programmes geschafft das absolute Bewußtsein zu erreichen und besitzt nun gottgleiche Kräfte. All dies mögen Metaphern sein, doch wenn Mordred und Merlin (ja, die aus der Arthur-Sage) ins heutige England kommen um die Welt vor dem Untergang zu retten (wie in "Die Drachenlinie") oder in "Die Kirche der göttlichen Verheißung" ein Farbe essendes Kind sich aus dem gleichen Grund (wenn auch mit anderem Ausgang) in einer Kirche einnistet, geht das meiner Meinung nach doch etwas zu weit.
Urteil: Wie für Kurzgeschichtensammlungen üblich, sind sowohl gute als auch schlechte Exemplare dieser Gattung dabei, doch wirklich herausragende Beispiele sucht man hier vergebens. Wer nach obigen Inhaltsangaben jedoch Interesse gewonnen hat, sollte ruhig zugreifen.
Bewertung: 5 von 10 Punkten