| Titel: Der elektronische Mönch Eine Besprechung / Rezension von RealS |
Inhalt:
Die Gesellschaft hat sich endgültig gespalten in die Welt derer, die alles haben und jegliche manuelle Arbeit von billigen Androiden erledigen lassen und derer, die nichts haben, weil ihre Arbeit von billigen Androiden übernommen wurde. So bleiben den unteren 90 % nur Arbeitsmöglichkeiten außerhalb der Legalität wie Diebstahl, Drogenhandel und ähnliches. Auch Avery Cates hat hier seine Nische gefunden, er arbeitet als Auftragskiller. Dass er hierin relativ erfolgreich ist, zeigt sich schon daran, dass er mit 26 Jahren deutlich älter ist als die meisten seiner Mitbürger.
Jetzt ist ihm allerdings ein Fehler unterlaufen: er hat eine Polizistin erschossen. Genauer gesagt, ein Mitglied der SSF, der Elite der Polizeikräfte, bestens ausgerüstet, perfekt ausgebildet und sakrosankt. Sonst hat das System mit Straftaten keine besonderen Probleme, solange sie die Armen unter sich verüben und die Polizisten angemessen dafür bezahlt werden, wegzusehen. Anders sieht es bei der Tötung eines SSF-Polizisten aus: Dies ist ein Angriff auf das System selber und muss mit allen Mitteln gesühnt werden. Und dem SSF stehen erhebliche Mittel zur Verfügung, von denen alle (inklusive Folter und Tötungen) legal sind – schließlich handelt es sich ja um die Polizei. Auf der Flucht vor dieser macht Cates einen zweiten Fehler: er legt sich mit einer Organisation an, die ähnlich mächtig ist wie der SSF: der titelgebenden Electric Church. Deren Mitglieder, die „Mönche“, predigen „Erlösung durch Unsterblichkeit“. Sie transferieren ihr Gehirn in einen Cyborgkörper und werden dadurch unsterblich. Die Electric Church hat schon 900 Millionen Mitglieder und es werden immer mehr. Wenn die aktuelle Beitrittsrate gleich bleibt, werden in wenigen Jahren alle Menschen auf der Erde der Electric Church angehören. Und damit das auch so kommt, ist der Kirche jedes Mittel recht, weitere Mitglieder zu gewinnen. Leider pfuscht ihr Cates bei einer „Werbeaktion“ dazwischen und steht nun auch auf ihrer Abschussliste...
Da erhält Cates von hoher Stelle einen sehr risikoreichen Auftrag, dessen Erledigung alle seine Probleme auf einen Schlag beseitigen würde. Entsprechend hoch ist aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass es Cates letzter Auftrag wird...
Bewertung:
The Electric Church ist eine Mischung aus Cyberpunkthriller und Killer-Roadmovie. Dabei ist der Cyberpunktechnikanteil, also der Anteil an Nanotechnologie/Körpermodifikationen/Künstlicher Intelligenz/Cyberspace nicht besonders groß oder herausstechend, sondern liefert mehr die Grundstimmung des Romans. Im Vordergrund steht der Revolverheld, der vom System gejagt wird und dann zurück schlägt. Entsprechend wenige neue Ideen gibt es, bis auf die interessante der Electric Church selber. Der Autor liefert aber eine gute, spannende Geschichte ohne Superhelden, wenn man sich auch etwas mehr zum Hintergrund der Gesellschaft gewünscht hätte (wenn es wirklich keine Arbeit mehr gibt, wie können die Leute dann überleben, woher erhalten sie Nahrung, Kleidung etc.? Wenn alle nur parasitär leben, wer produziert dann solche Güter?).
Fazit:
The Electric Church ist ein kurzweiliger Roman, der denjenigen nicht enttäuscht, der mit Somers keinen zweiten Wiliam Gibson erwartet und sich an "ein bisschen" gutgemachter Action erfreuen kann.