Reihe: Die Eiserne See, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Nach dem erfolgreichen Aufstand gegen die mongolischen Invasoren, die vor etwa zweihundert Jahren Europa eroberten, hat sich die Lage auf den britischen Inseln wieder normalisiert. Die einst reiche Oberschicht, die sich nach Amerika absetzen konnte, ist zurückgekehrt, protzt mit ihrem Reichtum und sorgt auch sonst dafür, dass sich die daheim Gebliebenen, Bugger genannt, immer noch wie Menschen zweiter Klasse fühlen. Von den mongolischen Eroberern sind wenige technische Errungenschaften geblieben. Etwa Eisenmänner, Luftschiffe und die Naniten, die in der Lage sind, Krankheiten zu bekämpfen oder Körperteile nachwachsen zu lassen. Der Nachteil ist jedoch, dass sie gleichzeitig die Gefühle der Menschen vernichten. Doch die beste Technik nutzt nichts, wenn sich Heimkehrer wieder als neue Herren aufspielen und den Buggern kaum das Nötigste zum Überleben bleibt. Ein weiterer Nachteil der Gefühlslosigkeit ist die Zerstörung der Familie und der Ehe. Kinder wachsen in Krippen auf, Frauen gelten als billige Arbeitskräfte.
Lady Mina Wentworth lebt ein schweres Leben. Auf der einen Seite wird sie als Halbmongolin von allen Seiten gemoppt, auf der anderen Seite schützt sie ihre Stellung als Kriminalkommissarin. Gerade Letzteres erlaubt ihr, sich relativ sicher durch die Straßen Londons zu bewegen. Die wenige Freizeit, die ihr als Kommissarin gegönnt wird, nutzt sie zu kulturellen und gesellschaftlichen Besuchen. Während eines Balls wird sie von diesem fort zur Pflicht gerufen. Eine recht seltsame Art, Tote zu entsorgen, ruft sie auf den Plan. Auf das Anwesen von Herzog Rhys Trahaerans wird aus einem Luftschiff heraus eine tiefgefrorene Leiche geworfen. Der Befreier Londons ist darüber nicht sehr amüsiert. Lady Mina nimmt die Ermittlungen auf dem Anwesen des ehemaligen Piraten auf. Ihr ist bald klar, dass dieser Mann bereit ist, das Verbrechen selbst zu lösen. Er würde die Legislative außer Acht lassen, die Exekutive in die Hand nehmen und die Judikative selbst durchführen. Dennoch funkt es zwischen den beiden und gemeinsam forschen sie nach den Verbrechern. Je tiefer sie in der Geschichte bohren, umso gigantischer wird das Problem, auf das sie stoßen. Ganz England wird bedroht, eine Verschwörung langsam, aber sicher aufgedeckt.
Während die ganzen Liebesschnulzen mit Vampiren sich ihrem Ende nähern, zwischenzeitlich Werwölfe und sogar Zombies als Liebespartner auftraten, scheint nun die neuere SF-Subreihe für die Liebesromane gekürt zu werden. Sex mit Tieren und Leichen ist eine Sache, aber unbedingt jedes Genre mit Liebesschnulzen zu assimilieren muss nicht sein. Sicherlich ist die Neuordnung Europas seit und nach der Eroberung durch die Mongolen ein netter neuer Hintergrund. Vor der „Gelben Gefahr“ wurde schon in den 1970er Jahren gewarnt und Witze wie: Ich wünschte, die Chinesen würden dreimal in der DDR einmarschieren, weil sie dann sechsmal durch Russland müssten, sind lange passé. Den Niedergang Europas und den Ausverkauf Afrikas durch China erleben wir tagtäglich. Nur nicht durch Waffengewalt, sondern mit den Mitteln des Kapitalismus. Aber ich schweife ab.
Dennoch ist die Welt recht faszinierend. Lady Mina Wentworth als Vertreterin der Krone ist sehr sympathisch beschrieben, ebenso der Befreier Britanniens. Beide sind Menschen mit den berühmten Ecken und Kanten, nicht die stromlinienförmigen Personen, die sonst in den Unterhaltungsromanen eine große Rolle spielen. Die Handlung ist es, die den großen Pluspunkt für den Roman holt. Abwechslungsreiche und abenteuerliche Luft- und Seegefechte, eine flüssig geschriebene Handlung, die nicht aufgesetzt wirkt, macht einiges aus. Lediglich der Sex - oder das Zuviel an solchem - störte mich dann doch etwas. Ich bin sicherlich nicht prüde. Wenn ich aber einen Roman mit dieser Handlung lesen will, würde ich bei Elysion einkaufen.