Titel: Der eiserne König Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Das Reich Pinafor bietet für jeden das Leben, das er sich aussucht. Unser Held Hans ist Mitglied einer verruchten Gruppe, die aus Dieben und Mördern besteht und deren Anführer ein gewisser Grimm ist. Während ihrer Streif- und Raubzüge sind die Diebe immer wieder erfolgreich. Eines Tages, die Verbrecherbande ist gerade auf dem Weg in ihr Versteck, geraten die Diebe an ein junges Mädchen, dessen hervorstehendes Merkmal besonders grüne Augen sind. Grimm ist sofort von dem geheimnisvollen Mädchen begeistert und möchte sie am liebsten sein Eigen nennen. Er will wissen, was sie in den finsteren Wäldern treibt, von denen er dreist der Meinung ist, sie gehörten ihm. Als sie nicht spricht, will Grimm Gewalt anwenden. Logischerweise hat das Mädchen Maleen etwas dagegen und wehrt sich, indem sie ein magisches Feuer erzeugt. Dieses scheint direkt aus der Erde zu kommen und verbrennt alle Mitglieder der Bande. Lediglich Hans kann dem Inferno entkommen. Er steht unter Schock, stolpert, ohne auf den Weg zu achten, durch den Wald und bricht irgendwo im dunklen Tann ohnmächtig zusammen. Seine Überraschung ist groß, denn als er wieder erwacht, befindet er sich in einem Hexenhäuschen. Ungeahnte Ängste erfüllen ihn, denn er und seine Schwester wurden in jungen Jahren von einer Hexe gefangen gehalten. Die Hexe hatte damals sehr großen Appetit auf frisches Menschenfleisch und hätte ihn deshalb zu gerne verspeist. Seiner Schwester verdankte er damals sein Leben. Die Alte zeigt sich jedoch plötzlich von einer ganz anderen Seite und pflegt Hans gesund, schließlich wartet eine große Aufgabe auf ihn.
Es gibt einen alten Spruch oder eine Weissagung, die es zu erfüllen gilt. Und Hans ist der unfreiwillige Erfüllungsgehilfe:
"Wenn der Mond am Tag der Ruhelosen Seelen rundet, wird der eiserne König von den Toten auferstehen. Dann wird die Säule unserer Welt zu Staub zerfallen, und alles, was grünt, wird verdorren, und alles, was aufrecht geht, wird sich beugen, und der eiserne König wird für immer über Pinafor herrschen. Und nur derjenige wird ihn überwinden, welcher die Kraft achtet, die allem Lebendigen innewohnt; und nur wird ihn niederringen welcher um die Macht der fünf Finger weiß. So steht es geschrieben, und so wird es sein."
An Hans ergeht der Auftrag, sich gemeinsam mit einigen Gefährten auf die Suche nach dem geheimnisvollen Mädchen machen, denn sie ist die Einzige, die die Auferstehung des eisernen Königs verhindern kann. Eine wichtige Besonderheit zeichnet das Mädchen nämlich aus: Es besitzt ein Labyrinth-Tattoo auf ihrem Rücken. Der Auftrag bedeutet aber auch nichts anderes, als Pinafor vor dem Untergang durch den eisernen König zu bewahren. Mit Sneewitt, Reinecke Fuchs, dem Dachs, Sanne, Horn und anderen macht Hans sich auf, das Abenteuer seines Lebens zu bestehen. Aber scheinbar ist ihm ein grausamer Untoter mit sieben Raben immer einen Schritt voraus.
Wem so einiges bekannt scheint, der hat vollkommen Recht. Der in Deutschland geborene Autor John Henry Eagle hat schamlos bei den Gebrüdern Grimm und ihrem Volksmärchenschatz geplündert. Kein Wunder, dass er zudem Grimm recht schnell über die Klinge springen lässt, um damit zu zeigen, dass an dieser Stelle nichts so ist, wie wir es aus den Märchen kennen. Die Märchenfiguren sind klar zu erkennen besitzen jedoch ihre eigenen Macken. Gerade das Duo Fuchs und Dachs sorgt mit seinen Streitereien für amüsante Abwechslung. John Henry Eagle sagt ganz klar, nach dem berühmten Ende "Und wenn sie nicht gestorben sind ..." geht es ganz anders weiter. Das Märchenleben ist nicht so traumhaft verlaufen, wie man vermuten durfte.
Die Geschichte wird aus der Sicht eines unbeteiligten Beobachters erzählt. Diese allumfassende Perspektive lässt es zu, die Geschehnisse umfassend mitzuerleben. Nicht nur aus der Sicht von Hans, sondern durch den Wechsel des Blickwinkels auch aus anderer Perspektive. Der Erzählstil von John Henry Eagle ist angenehm flüssig zu lesen und sehr abwechslungsreich gestaltet. Der Autor legt in Der eiserne König viel Wert auf Ausdruck. Der Stil passt sich den üblichen Märchen und Sagen an und sorgt so für weitere Erkennungseffekte. Ein klarer Satzbau und Kapitel von angenehmer Länge sorgen dafür, dass die Leserschaft sich des dicken Wälzers sehr gerne annimmt und ihn nicht so schnell aus der Hand legen wird. Besonders gefiel mir, wie die Charaktere gestaltet wurden, wie sie sich gegen einander verhalten, wie sie sich weiterentwickeln und wie sie sich schließlich dem Leser darstellen. John Henry Eagle gelingt es, mit seinem Buch eine aufregende Geschichte zu erzählen, die die Leser mitfiebern lässt. Phantastische Unterhaltung mit viel Abenteuer ergibt ein schön erzähltes, mit viel Witz und intelligenten und mutigen Helden versehenes Buch.