Serie: Star Trek - Zyklus "Destiny" |
Mit "Einzelschicksale" beendet DeCandido mehr oder weniger offiziell den Destiny-Handlungsrahmen, der sich mit "Die Gesetze der Föderation" aufwärmte und mit dem Dreiteiler von David Mack einen in der Star Trek-Welt kaum gekannten Höhepunkt sowohl literarisch als auch handlungsbezogen darstellte. DeCandido darf nun den Handfeger nehmen und die Reste der Galaxis nach der Invasion der Borg zusammenkehren. Das kann man machen wie in früheren Zeiten, in denen Scotty immer eine halbe Stunde früher mit den Reparaturen fertig war, als vom Captain erwartet. Oder man macht konsequent dort weiter, wo Mack einen elementaren Turning-Point im Star Trek-Universum installierte. Endlich werden all die unzähligen Elemente des riesigen Universums verwendet. Endlich werden persönliche Schicksale weitergeschrieben und nicht wieder auf Null gesetzt. Endlich entwickelt sich Star Trek zu etwas, das wirklich in dieses Jahrhundert gehört: einem komplexen Gebilde mit sehr vielen Abhängigkeiten und chronologischer, koordinierter Fortführung! Star Wars hat dies ja schon Jahrzehnte vorgemacht.
Auf über 400 Seiten schildert Keith DeCandido eine zerrüttete und vom Schicksal gebeutelte Galaxis. Planeten wie Andor, Vulcan oder Quo´noS sind schwer zerstört, Risa existiert zum Beispiel nicht mehr. In den Orbits vieler Planeten stauen sich die Flüchtlingstrecks, das wirtschaftliche Chaos ist ausgebrochen. Die Regierung der Föderation unter Präsidentin Bacco versucht ihr Möglichstes, einen Wiederaufbau in Gang zu setzen. Jedoch wird dieser immer wieder sabotiert, unter anderem ist eine elementar wichtige Bergbaustation zerstört worden. Bacco holt sich den Rat des marsianischen Geschichtsprofessors Sonek Pran und schickt ihn auf die unmögliche Mission, das Romulanische Imperium dazu zu bringen, Handelsbeziehungen zum Imperialen Romulanischen Staat zu beginnen. Jedoch sind die beiden Fraktionen derart verfeindet, dass hier nicht viel zu holen ist. Im Gegenteil: Romulus kündigt das Hilfeleistungsabkommen mit der Föderation, obwohl seine Bewohner Not leiden. Pran reist auf dem Raumschiff Aventine unter Captain Ezri Dax und nutzt dabei die Geduld der noch nicht lange auf diesem Stuhl sitzenden Kommandantin reichlich aus. Jedoch beginnt Pan aufgrund einiger Gespräche und Ereignisse wie der diplomatischen Krise um die Zaldaner oder verwirrender Waffenlieferungen unter bestimmten Völkern eine Gemeinsamkeit zu vermuten. Etwas braut sich im Hintergrund zusammen ...
Neben der unterhaltsamen Rahmenhandlung mit Professor Pran wirft DeCandido immer wieder Berichte, Tagebucheinträge, sogar Namenslisten von Gefallenen ein, die das Bild einer Galaxis in Not sehr deutlich machen. Politisch sind die Föderation und das Klingonische Reich sehr geschwächt, ein Umstand, den sich immer ein Dritter zunutze macht. Dieser wird hier enttarnt und mit dem Typhon Pact wird sogleich eine Brücke geschlossen zu einer neuen Trilogie, die sich um eine radikal geänderte politische Landschaft im Alpha-Quadranten drehen wird. Der Föderation ist ein Konkurrent gewachsen, der seine Wurzeln nicht nur in der Borginvasion begründet, sondern auch seine Entstehung zu einem guten Teil der Politik Präsidentin Baccos verdankt.
"Einzelschicksale" ist ein Sammelband verschiedener Stimmen, Geschichten und Berichte aus einer Nach-Destiny-Welt und schafft erstaunlicherweise das Kunststück, nicht wie ein Sammelsurium zu wirken. Der Roman wirkt trotz aller, auch durch das Schriftbild betonter unterschiedlicher Beiträge als homogene und interessante Geschichte einer zerrütteten Galaxis. Gleichzeitig bietet das Buch einen Ausblick auf die Zukunft der Star Trek-Literatur - und da bin ich schon sehr gespannt.
Keith DeCandido ist zumindest ein lesenswerter und unterhaltsamer Star Trek-Band gelungen, auch wenn man die Fülle an Details, die der Autor hier einbaut, manchmal nur mit einem Blick in das Star Trek-Wiki Memory Alpha ertragen kann.
Meine Bewertung: 7 von 10 Punkten