Reihe: Heyne Bibliothek der SF Literatur #4 & Heyne: Meisterwerke der SF Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Die Macht des Firmengründers Fowler Schocken ist fast absolut und es war für ihn ein Leichtes, die amerikanische Regierung dazu zu bewegen, die Firma mit der Durchführung des Venusprogramms zu betrauen. Doch einen Konkurrenten gibt es noch und mit diesem liegt die Fowler Schocken AG fast permanent im Clinch. Mitch muss bald feststellen, dass Mitwettbewerber B. J. Trenton in der Wahl seiner Mittel wenig zimperlich ist und auch vor Mord nicht zurückschreckt. Doch für Mitch Courtenay kommt es noch schlimmer. Er wird überwältigt und an eine Plantage für Fleischersatzproduktion verkauft.
Die anfängliche Faszination im Angesicht der Originalität der Verbraucher, die er seit Jahren umwirbt, verfliegt schnell und Verzweiflung macht sich breit. Er selbst wurde zu einem der Individuen, die er selbst seit Jahren mit Marketing manipuliert. Doch Mitch Courtenay gibt so schnell nicht auf.
Eine Handvoll Venus und ehrbare Kaufleute ist einer der wenigen Klassiker der SF, die wirklich zeitlos sind. Frederik Pohl und Cyril B. Kornbluth setzten sehr auf soziale Zusammenhänge und umgingen technische Beschreibungen, die heute sicherlich komisch gewirkt hätten. Lediglich einmal ließen sie sich hinreißen, etwas von Lochstreifen zu schreiben. Andererseits wurde auch von Schaltkreisen geschrieben, die unter dem Mikroskop geschaffen werden. Damit haben sie die Entwicklung des Chips, vor allem die des Mikrochips vorhergesehen und auch im Hinblick auf Firmenkonzentrationen und Massenmanipulation hatten die beiden eine fast prophetische Phantasie.
So kommt es, dass der Roman auch nach über 50 Jahren nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat. Im Roman wie heute haben nicht mehr die produzierenden Unternehmen das Sagen, sondern die Finanzriesen und Holdinggesellschaften. Und auch im Hinblick auf die Raumfahrt zeigten die Autoren Weitsicht. Die Beschreibungen der Raketen waren nicht so weit von der Realität entfernt. Und es gibt Dinge in dem Roman, die auch noch heute in einem SF-Roman als progressiv eingestuft würden. Da ist z. B. Little Chicken, ein Fleischersatz, der scheinbar lebt (pflanzlich oder menschlich?) und wuchert. Ausläufer werden gekappt und zu Nahrung verarbeitet. Auch aus heutiger Sicht ist das eine unheimliche, aber nicht realitätsferne Prognose, denn in irgendeinem Genlabor ist man bestimmt derzeit bemüht, Pflanzen oder Tiere so zu verändern, dass sie mehr Ertrag an Nahrungsmittel erbringen.
Mit Spott und Zynismus erzählen die beiden Autoren von einer Zukunft auf einer überbevölkerten Erde, in der die Menschen zu willenlosem Vieh degradiert werden und von gewaltigen Marketing-Imperien vorgeschrieben bekommen, was sie mögen und was nicht. Man kann also den Roman durchaus als Dystopie bezeichnen, und so finden sich auch Gegenströmungen - Widerstandsbewegungen -, die sich gegen das System auflehnen und vom Wunsch beseelt sind, aus der überbevölkerten Welt einen besseren Ort zu machen.
Doch der Roman ist nicht trocken, sondern sehr unterhaltsam und spannend. Die Kritik, wie sie ja jede Dystopie anbringt, kommt eher unterschwellig heraus und mindert den Lesegenuss nicht im Mindesten. Das liegt auch daran, dass diese sich gegen die Mächtigen aus Industrie und Wirtschaft richtet und nicht den 08/15-Leser angreift, der sich eher mit den geknechteten Menschen der Zukunft identifiziert.
Die Überarbeitung der Übersetzung von Helga Wingert Uhde von Werner Bauer für die Ausgabe im Rahmen der Reihe Meisterwerke der Science Fiction bei Heyne unterscheidet sich wenig von der alten Übersetzung. Frau Uhde scheint gute Arbeit gemacht zu haben. Hier und da wurden ein paar Wörter ergänzt, die wohl im Zuge der Übersetzung verloren gegangen sind und mancher Satz wurde umgestellt, so dass nun eine originalgetreuere Übersetzung des Klassikers vorliegt.
Fazit: Der Roman ist ein großer Klassiker der SF und gehört zu den Romanen, die zeitlos geblieben sind. Im Gegenteil: Die Weltwirtschaftskrise macht das Buch heute aktueller, als es je war. Weder inhaltlich noch im Aufbau merkt man dem Roman das Alter an. An dem handwerklich hervorragenden Roman ist bestenfalls das unrealistische, zuckersüße Ende zu bemängeln, aber angesichts der Leistungen, die die Autoren in diesem Roman erbracht haben, will ich nicht kleinlich sein. 9 von 10 Punkten.