![]() | Serie/Zyklus: Lübbe Hörspiele Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Edgar Allan Poe war das schaurige Gegenstück zu Sigmund Freud. Auf seine Weise offenbarte er den Menschen mindestens genauso viele Abgründe und Tiefen der menschlichen Seele wie der berühmte österreichische Forscher. Alle wirren Psychopathen der heutigen Zeit in Buch und Film, all die Gestalten wie Hannibal Lector oder Voldemort, wurden erst angeregt durch die zerrissenen Menschen in Poes schaurig schönen Geschichten.
So ist es nicht verwunderlich, dass der Lübbe Verlag eine Edgar-Allan-Poe-Hörspielreihe in Angriff nahm. Doch sieht man genau hin, so heißt es jeweils: Ein Hörspiel nach einer Kurzgeschichte von Edgar Allan Poe. In der Tat hat man die Geschichten verändert, Personen umbenannt, Details weggelassen oder hinzugefügt und machmal sogar das Ende verändert. Ich kann nicht sagen, dass ich das gut finde. Zwar ist die Umsetzung gelungen und stimmungsvoll, die Sprecher gut ausgewählt und die Produktion durchaus gelungen, aber bei der Anlage der Reihe wäre eine Veränderung der Geschichte mit Ausnahme einer Kürzung oder hier und da einer Überarbeitung der Sprache gar nicht notwendig gewesen, denn die ganze Reihe fußt auf den Abenteuern eines Mannes, der ohne Gedächtnis in einem Asyl aufwacht und nun versucht seine Erinnerung wiederzuerlangen. Ein Schlüssel zu diesen könnten die immer wiederkehrenden Alpträume sein (allesamt Nacherzählungen von Kurzgeschichten Edgar Allan Poes), die den Armen allerdings (verständlicherweise) verstören. Interessanterweise beschloss der Mann ohne Name, sich selbst "Edgar Allan Poe" zu nennen.
Die Einbindung der Geschichten in die Handlung war anfangs noch recht gut gelungen, aber später wirkte sie fast willkürlich. Chancen, die Handlung auf eine umgewandelte Poe-Geschichte aufzusetzen wurden nur ein-, zweimal genutzt, und somit wurde die Chance genommen, die Reihe etwas tiefgründiger zu gestalten.
Wirft man einen Blick auf die Sprecher, so begegnen einem viele vertraute Namen und vor allem Iris Berben sei hervorgehoben, denn sie ist eine wahrhaft ausgezeichnete Sprecherin. Ihre wiederkehrenden Rollen sind eine Bereicherung für die Reihe ebenso wie Ulrich Pleitgen, der die Hauptrolle stets souverän spricht.
Fazit: Die ambitionierte Hörspielreihe verbreitet durchaus Atmosphäre und beschert dem Leser hier und da einen Schauder - vor allem, wenn man Poes Expeditionen in die Abgründe der menschlichen Seele folgt, aber es wurden auch Chancen vergeben, mutiger mit dem Stoff umzugehen und die Erzählungen besser in die Episoden einzubinden.
7 von 10 Punkten.
Auflistung der einzelnen Folgen
Nr | Titel | Verlag |
1 | Die Grube und das Pendel | Lübbe |
2 | Die schwarze Katze | Lübbe |
3 | Der Untergang des Hauses Usher | Lübbe |
4 | Die Maske des Roten Todes | Lübbe |
5 | Sturz in den Mahlstrom | Lübbe |
6 | Der Goldkäfer | Lübbe |
7 | Die Morde in der Rue Morgue | Lübbe |
8 | Lebendig begraben | Lübbe |
9 | Hopp-Frosch | Lübbe |
10 | Das ovale Portrait | Lübbe |
11 | Der entwendete Brief | Lübbe |
12 | Eleonora | Lübbe |
13 | Schweigen | Lübbe |
14 | Die längliche Kiste | Lübbe |
15 | Du hast`s getan | Lübbe |
16 | Das Fass Amontillado | Lübbe |
17 | Das verräterische Herz | Lübbe |
18 | Gespräch mit einer Mumie | Lübbe |
19 | Scheherazades 1002. Erzählung | Lübbe |
20 | Die Sphinx | Lübbe |
21 | Schatten [oder 'Die Scheintoten'] | Lübbe |
22 | Berenice | Lübbe |
23 | König Pest | Lübbe |
24 | Der Fall Valdemar | Lübbe |
25 | Metzengerstein | Lübbe |
26 | Die Flaschenpost | Lübbe |
27 | Landors Landhaus | Lübbe |
28 | Der Mann in der Menge | Lübbe |
29 | Der Kopf des Teufels | Lübbe |
30 | Feeninsel | Lübbe |
31 | Teer und Federn | Lübbe |
32 | William Wilson | Lübbe |
33 | Morella | Lübbe |
34 | Ligeia | Lübbe |
35 | Das Geheimnis von Marie Roget | Lübbe |
36 | Der Teufel im Glockenturm | Lübbe |
37 | Die Gestalt des Bösen | Lübbe |