Reihe: Earth Girl, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Melanie |
Mir gefällt das in dunklen Blautönen gehaltene Cover, auch wenn es längst nicht an das Originalcover heranreicht. Der helle, aus Tropfen zu bestehen scheinende Ring, aus dessen Mitte dem Betrachter eine junge Frau entgegen blickt, hat es auf jeden Fall vermocht, meine Neugier zu wecken.
Jarra ist ein „Earth Girl“, eine der wenigen Menschen, denen es aufgrund einer Immunschwäche nicht möglich ist, durch die Portale, die die verschiedenen menschlichen Planeten verbinden, zu reisen. Von dem Großteil der Menschen als „Affe“ (oder höflicher: als „Behinderte“) bezeichnet möchte Jarra beweisen, dass sie mindestens ebenso viel wert ist wie alle anderen. Sie schreibt sich an einer intergalaktischen Universität ein, um gemeinsam mit den „normalen“ Menschen ihr erstes Semester auf der Erde zu verbringen. Mit Ablauf des Semesters plant sie, ihren Mitstudenten die Wahrheit über ihre Herkunft mitzuteilen und ihnen damit ihre Arroganz vor Augen zu halten. Das Semester verläuft jedoch ganz anders als von Jarra geplant.
„Earth Girl“ ist ein Buch über Vorurteile, allerdings ein verdammt Spannendes: Mit dem achtzehnten Lebensjahr gilt Jarra offiziell als erwachsen. Ihr Status als „Earth Girl“ sichert ihr einen kostenlosen Studienplatz an der University Earth, Jarra hat jedoch weit größere Pläne. Aufgrund ihres Faibles für Geschichte ist ihr Studienfach schnell klar, sie will jedoch nicht an einer Universität der Erde studieren. Sie entscheidet sich für ein Studium an der Asgard Universität und für die Verheimlichung ihres Status. Die erfundene militärische Hintergrundgeschichte bringt sie das ein oder andere Mal ins Schwitzen, ihre Vorkenntnisse bei Ausgraben kommen ihr dabei jedoch mehr als einmal zu Gute. Überhaupt sticht sie durch ihre langjährige Erd- und auch Ausgrabungserfahrung schnell aus der Gruppe heraus. Abgesehen von ihrem Minderwertigkeitsgefühl und dem Lügengespinst, das sie deshalb spinnt, ist sie quasi perfekt – zumindest für das Geschichtsstudium und die Ausgrabungen an den alten irdischen Städten wie New York.
Die Ausgrabungen an sich sind ebenfalls wirklich interessant. Von Schutzanzügen und der Rettungsleine ihres Supports geschützt markieren Tagger die Steine, die wegtransportiert werden müssen, um möglicherweise Stasisboxen mit Hinweisen auf vergangene Zeiten freizuräumen. Ich stelle mir diese Art der Arbeit weitaus spannender vor als Ausgrabungen in unserer heutigen Zeit – vermutlich wegen des hohen Risikos, dem die Tagger bei ihrer Arbeit ausgesetzt sind: Strahlung, wilde Tiere und einstürzende Hochhausruinen stehen hier täglich auf dem Programm. Aber es gilt auch noch weit größere Herausforderungen zu meistern als das sichere Bergen von Stasisboxen.
Während des Studiums gewinnt Jarra jedoch nicht nur den Respekt ihrer Mitstudenten (die ja nicht wissen, dass es sich bei ihr um ein Earth Girl handelt) und ihres Dozenten sondern lernt auch, diese zu respektieren. Ihr Verhalten und ihre Einstellungen überraschen Jarra mehr als einmal – und einen ihrer Mitstudenten gewinnt sie sogar ziemlich gern. Und auch wenn der Fokus selbstverständlich auf Jarra gelegt ist, beschreibt Janet Edwards auch die Nebenfiguren bis ins kleinste Detail. Jeder der Figuren hat ihre eigene Geschichte, eigene Probleme und einige von ihnen auch eine wirklich gute Portion Humor, die mich mehr als einmal zum Schmunzeln gebracht. Jede von Janet Edwards Figuren erweckt einen Teil der Geschichte zum Leben, die detaillierte Beschreibung der Welt in der sie leben tut ihr übriges, um den Lesern einen Lesegenuss der Extraklasse zu liefern.
Die Mischung aus Studium, futuristisch-archäologischen Ausgrabungen, Katastrophen, Rettungsmissionen, Zwischenmenschlichem und etwas Romantik macht „Earth Girl“ zu einer absolut faszinierenden Geschichte. Es ist fast schade, dass man an Jarras Seite nur einen Teil von Janet Edwards Universum besuchen kann – auch wenn dieser auf unserem Planeten spielender Teil schon wirklich unglaublich und immer wieder überraschend ist. Dennoch würde ich nur zu gern mal einen Blick durch eines der intergalaktischen Portale werfen – nicht nur durch die im Buch vorkommenden Vids. Vielleicht habe ich ja in einem der Folgebände die Gelegenheit dazu, allzu lange würde ich aber auch dort nicht von Jarras Seite weichen wollen – womöglich würde ich etwas echt Spannendes verpassen.