Titel: Eine dunkle & grimmige Geschichte Eine Besprechung / Rezension von Melanie |
Das Cover des Buches ist dem Titel entsprechend “dunkel und grimmig”: Der blaue Hintergrund wird langsam dunkler (die Sonne ist wohl gerade untergegangen) und sämtliche Wesen sind nur noch als Schatten zu erkennen, ihre Augen leuchten gefährlich gelb. Die zwei Kinder in der Mitte des Covers – die Hauptpersonen vermutlich – halten sich an den Händen. Das Mädchen trägt ein blutiges Schwert, während der Junge einen goldgelben Apfel pflückt. Ein absolut passendes Cover, das eindeutig Lust auf das Buch macht.
Nachdem ihre Eltern Hänsel und Gretel den Kopf abgeschlagen haben, um einen alten Diener zu retten, machen sich diese auf die Suche nach einer Familie, in der derartiges nicht vorkommt. Eine Suche, die sie durch die ganze Märchenwelt führt.
“Eine dunkle und grimmige Geschichte” soll die wahre Geschichte von Hänsel und Gretel erzählen. Ein Märchen, in der auch die gruseligen und bluten Teile erzählt werden. Und damit ein Buch, dass definitiv nicht für kleine Kinder geeignet ist, zumindest wenn man den Worten des Autors Glauben schenkt. Während der Geschichte weist er wiederholt darauf hin, dass die kleinen Kinder aus dem Raum zu schicken sind und dass es jetzt wirklich blutig wird. Hinweise, die fast ebensoviel Platz wie die eigentliche Geschichte einnehmen und irgendwann einfach nicht mehr ernst genommen werden können, sondern eher nerven.
Es kommen zwar durchaus blutige und gruselige Ereignisse vor, mich als Leser haben sie allerdings nicht wirklich schocken, nicht einmal bewegen können. Dafür fehlte es sowohl der Geschichte als auch den Figuren einfach an Tiefe. Auf mich wirkt das Buch wie eine japanische Bustour durch das Märchenland: In jedem Kapitel wird ein altes Märchen angerissen, aufgebauscht und auf Hänsel und Gretel zugeschnitten – und dabei geht es ratzfatz von einem Kapitel zum nächsten, ohne dass man dazu kommt, eines der Märchen zu genießen oder sich gar zu gruseln.
Auch die beiden Hauptfiguren bleiben dem Leser fremd. Selbst die Stellen, an denen ihre Gefühlswelt beschrieben wird, haben bei mir nicht die geringsten Emotionen hervorgerufen.
Insgesamt hat mich das Buch damit ziemlich enttäuscht. Wer “echte” Märchen in ihrer ganzen Grausamkeit lesen möchte, sollte einfach zum Original greifen und von “Eine dunkle und grimmige Geschichte” die Finger lassen. Wer die Geschichten von Lemony Snicket mag, kann es mal mit dem Buch versuchen. Den Hang dazu, die Geschehnisse im Buch vorab über alle Maßen durch Kommentare zu dramatisieren, haben sowohl Lemony Snicket als auch Adam Gidwitz – und ganz offensichtlich gibt es auch Leser, die sich davon begeistern lassen.