Titel: Drive Eine Besprechung / Rezension von Max Pechmann |
Der Autor James Sallis besaß bisher in Deutschland eher eine Art Schattendasein. Die Verfilmung seines Romans „Drive“, für den Regisseur Nicolas Winding Refn in Cannes den Preis für die beste Regie erhalten hat, dürfte dies wahrscheinlich ändern.
Sallis erzählt die Geschichte des Stuntman Driver, der im wahrsten Sinne des Wortes ein doppeltes Leben führt. Arbeitet er tagsüber beim Film, so ist er nachts als Fahrer für diverse Verbrecher tätig. Driver hält sich bei seinem „Zweitjob“ an folgende Regeln: er will nicht wissen, um was es geht, und er will nicht wissen, wer dabei ist. Er ist lediglich der Fahrer. Mit diesem Motto fuhr Driver bisher ganz gut. Doch bei einem Auftrag geht etwas schief. Plötzlich ist er im Besitz einer Tasche voller Geld und wird von zwielichtigen Leuten verfolgt, die ihm ans Leder wollen. Als seine Freundin Rina erschossen wird, dreht Driver den Spieß einfach um und beginnt, sich an seinen Verfolgern zu rächen.
Auch wenn die Handlung danach klingt, „Drive“ ist kein Actionroman. Vielmehr ist es eine Art Allegorie auf die negativen Seiten der USA. Sallis nutzt seine Geschichte nicht, um den Leser mit blutigen Einzelheiten aufzuhalten, sondern beschreibt in einem düster-ironischen Ton eine kaputte Gesellschaft, die sich mehr und mehr selbst zerstört. Wie zum Beispiel in einem kleinen Abschnitt gegen Ende des Romans, in dem Driver den an den Strand gespülten Müll als Miniaturmuseum für die amerikanische Gesellschaft bezeichnet. Eine heile Welt sucht man in diesem Roman vergeblich.
Wenn ich das Wort „beschreiben“ zuvor verwendet habe, so ist dies bereits übertrieben. Sallis bleibt in allem, was er erzählt, oberflächlich, beinahe skizzenhaft. Die Handlung schreitet voran, ohne genaue Erklärungen zu liefern. Selbst beim Wendepunkt der Geschichte, in welchem Driver vom Verfolgten zum Verfolger wird, beläßt es Sallis bei ein paar Sätzen. Dies ist keineswegs negativ zu beurteilen, sondern liefert der Geschichte die Atmosphäre, die es braucht, um einen vom Leben enttäuschten Antihelden ins Leben zu rufen.
Ein weiteres Merkmal des Romans ist, dass es sich bei der Handlung nicht um eine Straight Story handelt, was man vielleicht bei einer einfachen Rächergeschichte erwarten würde. Sallis liefert dem Leser ein Sammelsurium aus Ereignissen, Rückblenden und Quasimonologen, welche wild durcheinandergewürfelt sind. Dadurch erfährt der Roman eine gewisse Dichte und wirkt teilweise, besonders bei den kurzen Kapiteln, beinahe poetisch.
Fazit: „Drive“ als spannend zu bezeichnen, wäre übertrieben. Es handelt sich eher um einen durchaus interessanten Roman, dem jedoch das Zeug dazu fehlt, wirklich eigenwillig und damit originell zu sein. Dafür orientiert sich Sallis dann doch zu sehr am Mainstream.