Titel: Drachenhaut Eine Rezension von Sonja Buddensiek |
Lilya starrte ihn hilflos an. Ihr Kopf nickte, ihre Stimme sagte: "Ich gehorche, Magush." Lilya wollte sich wehren, aber ihr Körper drehte sich um und trug sie zur Tür. Sie sah zu, wie ihre Hand den Riegel öffnete, sie sah, wie ihre Füße über die Schwelle schritten, und sie schrie, bis sie das Bewusstsein verlor, während ihr Körper mit gesenktem Kopf still in seine Gemächer zurückkehrte.
Inhalt:
Lilya wächst als reiche, behütete Banu im Hause ihres Großvaters auf und besitzt alles, was sie sich nur wünschen kann. Doch eines Tages erscheinen auf ihrer Haut seltsame Zeichen und der Schlangengott Der Naga beginnt, sich in ihr Leben einzumischen. Sie scheint nicht die zu sein, die sie immer dachte, und wird bald gejagt - sowohl von Häschern, Mördern als auch von denjenigen, denen sie am meisten vertraute. Und sie ist die Einzige, die den Bann vom verfluchten Prinzen des Landes nehmen könnte. Doch wie, wenn sie nicht einmal weiß, wer sie ist?
Buchaufmachung:
Meiner Meinung nach gehören die Umschläge des arsEdition-Verlages mit zu den schönsten, die es gibt. Auch hier wird das wieder unter Beweis gestellt: Zwar ist ein Mädchengesicht abgebildet, dieses ergibt aber mit dem Zeichen unter dem Auge in der Tat Sinn. Auch die Burg im Hintergrund und die Ornamente am oberen Rand haben durchaus etwas mit der Geschichte zu tun. Der ansonsten violette Hintergrund mit dem goldfarbenen Titel ist ein wunderbarer Eyecatcher - absolut gelungen!
Meine Meinung:
Nachdem ich von einem anderen Buch der Autorin absolut begeistert war, habe ich mich sehr auf den neuen Fantasy-Roman, "Drachenhaut", gefreut. Begeistert habe ich angefangen zu lesen - wurde jedoch bald ernüchtert. Vielleicht waren meine Erwartungen zu hoch, Tatsache aber ist: Wirklich gefesselt war ich nicht.
Frances G. Hill setzt auf einen sehr umschreibenden, hochgestochenen Schreibstil, den man so kaum noch findet. Diese Art ist zwar zwischenzeitlich etwas anstrengend, passt aber zur Geschichte, den Figuren und der Umgebung. Berichtet wird aus der dritten Person Singular im Präteritum, meistens aus Lilyas Sicht. Diese wechselt aber manchmal auch zum Kronprinzen oder für ein Kapitel zu einem anderen Charakter, wodurch die Erzählweise sehr abwechslungsreich wird. Dabei wird auf viele Beschreibungen, insbesondere der Landschaften, gesetzt, die zwar zu einem klaren Bild vor Augen führen, in der Fülle allerdings manchmal etwas ermüdend wirken.
Lilya ist eine schwierige Protagonistin. Aufgewachsen als verwöhnte Enkelin des reichen Kobads, benimmt sie sich anfangs oftmals herablassend und geradezu unausstehlich. Zwar macht sie im Laufe des Buches eine authentische Wandlung durch, dennoch ist sie auch zum Ende hin noch stur und manchmal arg dickköpfig, was sie nicht immer sympathisch macht. Prinz Massinissa, der durch einen Fluch zum Panther Amayyas oder Zwerg Massin wird, ist da schon umgänglicher: Gequält durch diesen Bann, nicht fähig, ein Leben zu führen, ist er unglücklich und ein sehr ruhiger, sensibler junger Mann, den man schnell ins Herz schließt.
Die meisten anderen Figuren bleiben jedoch blass. Besonders Lilyas Freund Yani, ein Küchensklave, ist so durchschaubar, eindimensional und langweilig - unter anderem auch, weil er nur wenige Seiten aktiv am Geschehen beteiligt ist -, dass man für ihn nichts empfindet. Dasselbe ist auch mit Lilyas neu gefundener Familie, von der man kaum etwas erfährt. Anders verhält sich dies allerdings mit dem treuen, gutherzigen Erzieher des Prinzen und dem bösartigen Kobad, die beide sehr interessante Persönlichkeiten sind.
Hills Geschichte besitzt viele originelle und gut erdachte Elemente und ist so vollkommen anders als viele Fantasy-Romane: Es wird wenig Wert auf die Romantik gelegt, mehr auf die Geschichte selbst und die Entwicklung der Hauptperson. Dennoch fehlte mir viel an Gefühl. Nicht nur, dass kein bisschen klar wird, wie es nun zu der Liebe von Lilya zu ihrem Angebeteten kommt, auch ansonsten kommen einem die Emotionen kaum nahe. Freude, Trauer, Wut, all dies wird hauptsächlich erzählt und nicht vermittelt. So blieben mir sowohl die schönen als auch die schrecklichen Geschehnisse fremd, weil ich mit keiner Person wirklich mitfühlen konnte.
Auch die Spannung lässt zwischenzeitlich sehr zu wünschen übrig. Immer wieder überspringt die Autorin ganze Tage oder mehr, in denen Ereignisse stattfinden, die man hinterher nur berichtet bekommt. Besonders der Kampf zum Ende hin wird in ein paar wenigen Sätzen abgehandelt, was das Gefühl hinterlässt, dass schnell fertig geworden werden wollte. Zwar wird die eine große Rolle spielende Magie wunderbar beschrieben, aber das allein reicht leider nicht, um zu fesseln. So war ich zum Schluss nicht wirklich traurig, als ich das Buch zuklappte: Dazu kam es mir einfach nicht nahe genug.
Fazit:
Von "Drachenhaut" habe ich mir einen großartigen Fantasy-Roman der besonderen Art versprochen. Originell und ansprechend sind in der Tat vor allem die phantastischen Elemente und der Schreibstil der Autorin mit den schönen Beschreibungen. Ansonsten allerdings lassen die Figuren oft zu wünschen übrig und durch die mangelnde Nähe kommt nicht viel Spannung auf. Schade! Knappe 3 Punkte.