Titel: Dr. Mabuse, der Spieler / Dr. Mabuses letztes Spiel Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Dazu kommt, dass der Roman einige Setzfehler hat (gerade die Trennungen sind manchmal gewöhnungsbedürftig) und dass der Schnitt nicht perfekt ist (so ragt bei mir ein Papierschnitzel ins Buch, der wirklich überflüssig ist).
Zum Inhalt: Mabuse ist ein Verbrecher, der seine hypnotischen (fast übersinnlichen) Fähigkeiten anwendet, um Menschen zu übernehmen und Verbrechen zu begehen. So ist es im ersten Teil seine Fähigkeit zur Beeinflussung von Kartenspielern, die ihn seine Verbrechen begehen lässt.
Im zweiten Teil sitzt er in einer Nervenheilanstalt (nach einem Unfall am Ende vom ersten Band nie mehr ganz genesen) und lenkt von dort aus sein Verbrecherimperium.
Beide Bände sind - um es mal freundlich zu sagen - von der Zeit überholt worden. So ist Mabuse nicht mehr der "Superverbrecher", der er vielleicht in der Weimarer Republik war. Vieles wirkt altbacken. Die doch fast edle Art, mit der hier Polizei wie Verbrecher agieren, ist seit den "hard boiled detectives" überholt, spricht nicht mehr an.
Der historische Hintergrund wird breit geschildert, liefert er doch den Hintergrund für die Verbrechensserie: "Das Auslaufen des Krieges in den keineswegs abspannenden Zustand, den die Bedingungen von Versailles dem deutschen Volk brachten, hatten die Phantasie nicht beruhigt, sondern sie angestachelt." (S. 27)
Doch Mabuses geplantes utopisches Land Eitomopar - im Urwald will er die Botokuden-Waldmenschen unterjochen und ein Imperium aufbauen - wirkt lächerlich, mehr nicht. Und ob Mabuses Versuche 1931, die Wahlen zu beeinflussen, als Vorahnung des Faschismus und seiner Wahlmanipulationen verstanden sein kann, wage ich anzuweifeln (vgl. S. 437 f.).
Ich habe mich durchgequält, um dann vom Ende enttäuscht zu werden: "Für Borns Tochter kam eine Zeit, in der die Hölle nahe war. Aber es war eine Übergangszeit. Sie lebt heute mit Kent fern vom Schauplatz der bösen Begebenheiten und der düstern Zeit, jenseits des Meers, ein Leben, in dessen fruchtbarem Wesen sich die alten Dinge allmählich verzehrt haben. Kent, durch die Liebe versöhnt und geheilt, hat sich in die Gemeinschaft zurückgefunden." (S. 636).
Brrrr.
Hermann Ritter
Der Roman ,Dr. Mabuse der Spieler' erschien zuerst als Fortsetzungsroman der ,Berliner Illustrierten Zeitung', bevor er zu Buchehren und Filmehren kam. Niemand anders als der erfolgreiche Fritz Lang nahm sich der Erzählung von Norbert Jacques an. Ausschlaggebend durfte damals Thea von Harbeau gewesen sein, die mit Fritz Lang verheiratet und Norbert Jacques gleichermassen gut befreundet war. Mit Dr. Mabuse wurde ein ,dämonischer Übermensch' geschaffen, der Arzt, Spieler und Verbrecher gleichermassen war und damit zwar den genialverrückten Wissenschafts-Verbrecher nicht vorwegnahm, mit ihn aber genüsslich ausgearbeitet wurde. Mit seinen hypnotisch-suggestiven Fähigkeiten bringt Dr. Mabuse Menschen dazu, Handlungen wider Willen durchzuführen. Er ist ein Mensch, der in allerlei Masken auftritt und mit dem Schicksal von Menschen spielt. Nach und nach wird er der Kopf einer international auftretenden Verbrecherorganisation, die ihre Verbrechen in grossem Stil betreiben. Die fesselnde Wirkung des Buches geht von Dr. Mabuse aus, der beide Erzählungen beherrscht. Dahingegen ist sein Gegenspieler, Staatsanwalt Wenk als Leitfigur des Autors für althergebrachte Kulturkritik und antirepublikanische Gesinnung, ein wenig blass und farblos in der Beschreibung.
Diese Beschreibung für die beiden Bücher bezieht sich nur auf die Zeit nach dem ersten Weltkrieg. Es war eine Zeit, in der die deutsche Bevölkerung unter dem Vertrag von Versail litt, eine Zeit, wo Hysterie und Zynismus, entsetzliche grimmige Armut und ungezügeltes Laster gleichberechtigt nebeneinander bestanden. Dr. Mabuse ist ein Mensch jener Zeit und hat für den heutigen Leser nur noch Erinnerungswert. Zwar im grossen und ganzen Lesenswert, aber wie Hermann Ritter weiter oben schrieb, ,von der Zeit überholt'.
Fritz Lang gab 1924 folgende Erklärung: "Der Nerv des Erfolgs lag hier nicht einmal im Sensationellen, das noch einigermaßen bescheiden im Hintergrund blieb. Es lag in der Ausnutzung des Films als Zeitbild, oder bessergesagt, in der Auswertung des Films als ein Zeitdokument."
,Das Testament des Dr. Mabuse' erschien einige Zeit später und auch hier griff Fritz Lang den Romanstoff auf und brachte elf Jahre nach ,Dr. Mabuse der Spieler' den Film heraus. Es wird eine Kriminalhandlung dazu benutzt, Aussagen zur Zeit zu machen. Im Nachhinein wird dem Film angedichtet, ein Gleichnis zu sein, um Adolf Hitlers Terrormethoden aufzuzeigen. Die Uraufführung am 24. März 1933 wurde abgesagt, der Film selbst fünf Tage später verboten.