| Titel: Das Bildnis des Dorian Gray Eine Besprechung / Rezension von Max Pechmann |
Die große Ankündigung einer Neuverfilmung von Oscar Wildes Klassiker „Das Bildnis des Dorian Gray“ macht natürlich neugierig. Beinahe schon kontinuierlich kommt es seit den 40er Jahren zu Adaptionen des berühmten Romans, darunter sogar eine Pornoversion. Doch nun wollte man wieder dem Original gerecht werden. Das heißt, Ort und Zeit sollten wieder stimmen. Über die Geschichte muss nicht mehr viel gesagt werden. Als der Maler Basil Hallward dem schönen Dorian Gray begegnet, möchte er ihn unbedingt auf Leinwand bannen. Das Ergebnis ist ein Gemälde, das aufgrund seiner Besonderheit zum Stadtgespräch wird. Zugleich macht Dorian jedoch die Bekanntschaft des verruchten Lord Watton, der Dorian Gray mit seiner lasterhaften und zynischen Weltanschauung ansteckt. Dorian wird zunehmend in sich selbst verliebt und beschwört dabei einen Fluch auf sich selbst: niemals zu altern. Das Gemälde soll statt seiner der Vergänglichkeit anheim fallen.
Regisseur Oliver Parker hat bereits durch die Verfilmung von Oscar Wildes Komödie „The Importance of Being Earnest“ viel Geschick bewiesen. Daher durfte man auf seine Herangehensweise an „Dorian Gray“ gespannt sein. Das Ergebnis ist ein düsterer Film mit schönen Kostümen und Kulissen, der sich leider jedoch nicht ganz an der literarischen Vorlage orientiert. Zwar kommt ein Teil der wesentlichen Szenen des Romans vor, doch dazwischen versucht Parker, Wildes Roman als Horror zu verkaufen, was dem Werk nicht gerecht wird. Während die erste Hälfte des Films Oscar Wildes „Dorian Gray“ zum großen Teil folgt, verfolgt man die zweite Hälfte, die in der Zeit des Ersten Weltkriegs spielt, um anscheinend Dorians ewige Jugend besser visualisieren zu können, dann doch mit mehreren Fragezeichen. Das Ende der Geschichte wird hinausgezögert, indem eine Figur, nämlich Lord Wattons erwachsene Tochter, hinzuerfunden wird. Auch versuchte man ein bisschen Action hineinzubringen, indem eine Fluchtszene durch die U-Bahntunnel Londons gezeigt wird. Wahrscheinlich erhofften sich die Produzenten dadurch, auch ein junges Publikum anzusprechen, das Wildes Roman nicht kennt. Wie dem auch sei, die zweite Hälfte ist wenig gelungen. Die Frage, die sich natürlich jeder Phantastik-Fan stellt, lautet: Wie sieht Dorians gammliges Ebenbild aus? Hier wiederum muss dem Film ein Pluspunkt gegeben werden. Das Gemälde ist schön klassisch in Szene gesetzt, und auch seine Verwandlung ist durchaus gut. Originell ist, dass die jeweiligen Betrachter des Bildes stets aus einer verzerrten, überbelichteten Perspektive des Gemäldes selbst gezeigt werden.
Insgesamt dürfte „Dorian Gray“ bei Wilde-Liebhabern zum Teil auf Verwunderung stoßen, da sie nicht das sehen, was sie sich erhofft haben. Zuschauer, die den Roman nicht kennen, sehen einen Film, der zwischen Horror und angedeuteter Dekadenz hin- und herpendelt.