Reihe: Die Zeitverschwörung, Band 4 Eine Besprechung / Rezension von Max Pechmann |
Mit Band Vier seines umstrittenen Werkes über den Zeitweber ist Stephen Baxter schließlich in der Zeit des Zweiten Weltkrieges angekommen. Was bisher viele Leser an Baxters Reihe gestört hat, ist das Fehlen von Science Fiction in Romanen, die als Zeit-Verschwörung tituliert sind und noch dazu den herrlichen Heyne-Spruch: „Wer manipuliert die menschliche Geschichte?“ tragen. Und hier fängt es schon an: Wieso eigentlich nicht „die Geschichte der Menschheit?“ Klingt zumindest weniger holprig. Und da sind wir eigentlich schon bei unserem Stichwort: holprig. Ich glaube, das trifft im Grunde genommen auf die gesamten vier Bände zu. Doch dazu am Schluss mehr.
Zunächst der lang ersehnte (?) vierte Band und damit der Abschluss der Reihe. Im Grunde genommen spielt der gesamte Roman bereits in einer veränderten Historie und damit in einer Art Parallelwelt. Wir schreiben das Jahr 1940 und die Deutschen sind dabei, England zu erobern. Das gelingt ihnen zum Teil, so dass sie daraufhin das Protektorat Albion errichten, wo u. a. versucht wird, eine Herrenrasse zu züchten. Gleichzeitig versucht die SS mithilfe einer Art Rechenmaschine, die Vergangenheit zu beeinflussen. Dadurch soll es gelingen, das 1000-jährige Reich zu errichten. Als nun die USA in den Krieg eintritt, will man damit erreichen, dass die USA erst gar nicht entsteht. Die Maschine alleine reicht allerdings nicht aus, denn man benötigt zusätzlich noch einen „Weber“, der die Fähigkeit besitzt, in seinen Träumen Botschaften in die Vergangenheit zu schicken. Diesen Weber finden die Nazis in Ben Kamen, einem österreichischen Juden, der Mitarbeiter bei Kurt Gödel gewesen ist und sich bereits selbst mit der Manipulation von Geschichte beschäftigt hat. Natürlich finden die Engländer heraus, was die Nazis wollen, und versuchen, das Experiment zu stoppen.
Eigentlich hätte sich der Roman um diese Geschehnisse drehen sollen. Tut er aber nicht. Denn in Wirklichkeit erscheinen diese Experimente und der Versuch, diese zu stoppen, nur am Rande. Der Großteil des Romans ist ein normaler Kriegsroman, auch wenn er in einer parallel verlaufenden Historie spielt. Baxter verarbeitet darin Sachbücher über den Zweiten Weltkrieg und verliert dabei das eigentliche Ziel und die eigentliche Story völlig aus den Augen. Zum Zweiten verzettelt sich Baxter selbst in seinem besonders in Band Drei aufgebauten Spannungsbogen. In Band Drei wird aus der Zukunft eine Art Tonbandgerät in das Zelt des Großkhans geschickt, dessen gespeicherte Botschaft dazu verleiten soll, den Khan zu ermorden. Diesen Zwischenfall findet auch der britische Geheimdienst heraus. Die Frage ist nun, wie das gelingen kann, wenn die Nazis doch nur Gedanken in die Vergangenheit schicken können? Die lapidare Antwort: wahrscheinlich hat jemand in ferner Zukunft
Drückt man beide Augen zu, so kann man Baxters Roman noch in die Reihe von englischer SF einordnen, welche die sogenannte Splendid Isolation in Gefahr sieht. Diese typisch britische Angst hat jedoch Saki vor knapp 100 Jahren mit seinem Roman „Als Wilhelm kam“ weitaus besser und witziger verarbeitet. Baxter selbst brilliert hier vor allem durch eine radikale Einfallslosigkeit. Dies trifft ebenso auf die doch recht platten Charaktere zu, angefangen von Ben Kamen, über Josef Trojan bis hin zu Mary Wooler.
Was ist nun von der Reihe als Ganzes zu halten? Die Idee der Geschichtsmanipulation aus Sicht der jeweiligen Zeitgenossen bzw. Betroffenen zu erzählen, war sicherlich recht originell. Leider aber verpasste es Baxter, seine Romane mit Ideen zu würzen. So plätschert ein Buch nach dem anderen vor sich hin und lässt dabei vor allem eines vermissen: Science Fiction. Nur Band Drei ragt hierbei etwas hervor, da Baxter in diesem Roman in die Fußstapfen des Steampunk tritt und dadurch für kurze Momente recht nette Ideen entwirft. Band Vier allerdings ist eine reine Enttäuschung. Man könnte auch sagen „Baxter at his worst“. Hoffentlich macht er so etwas nicht wieder.