Titel: Fledermausland Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Die niedersächsische Hauptstadt Hannover ist der Ort der phantastisch angehauchten Handlung, in der die Hauptfigur Sebastian Schätz, Anfang zwanzig, ihr Leben fristet. Anders kann die Hauptbeschäftigung des Hauptdarstellers nicht beschreiben. Er arbeitet in einem China-Laden für einen Hungerlohn von 3,80 € die Stunde. Er glaubt, sein Chef verdiene seine Brötchen eher durch illegale Geschäfte, und lässt sich immer wieder schikanieren. Er ärgert sich über sich selbst, weil er nicht in der Lage ist, seine Bewerbungen für ein Studium an der Uni (irgendetwas mit Medien) abzusenden, und daher die Unterlagen in der Schublade verstauben lässt. Er ärgert sich, weil er seine Freundin verloren hat, und stellt sich als ziemlich lebensuntauglich heraus. Nebenbei findet er Hannover und seine Studenten ätzend, denn die tollen Attraktionen halten für ihn gar nichts bereit. Eigentlich lebt er nicht, er lässt leben - bis zum nächtlichen Einbruch einer Fledermaus in seine Wohnung. Er reagiert panisch, versucht das Tier aus der Wohnung zu werfen, steckt seine Hand in den Rollladenkasten, weil er denkt, die Fledermaus sei da hineingeraten ... und anderen albernen Kram mehr, der darauf abzielt, ihn als eine Art Pat und Patachon in einer Person darzustellen. Wobei die Erzählung etwas unlogisch wird. Denn es wird gleichzeitig erzählt, dass der Vater, als er klein war, die Fenster abends genau kontrollierte, auf dass kein Wesen von außen herein konnte, aber nicht erklärte, warum. Eine Erklärung an dieser Stelle hätte wahrscheinlich der Handlung einen Koitus interruptus beschert. Weil er Hilfe benötigt telefoniert Sebastian, wird aber abgewimmelt. Trotzdem taucht bei ihm der MAD auf. Ich gehe einmal davon aus, dass hier nicht der Militärische Abschirm-Dienst gemeint ist, sondern auf das bekannte Comic-Heft MAD mit Alfred E. Neumann angespielt wird. Der Wächterorden erscheint als gewöhnlicher Sanitätsdienst mit ungewöhnlichen Methoden, der sich der Rettung und Behandlung übersinnlicher Wesen verschrieben hat.
Oliver Dierssens Erstlingswerk ist eine Reise durch die Wirklichkeit, gepaart mit phantastischen Elementen. Ein angenehm zu lesendes Jugendbuch, eine großformatige Ausgabe mit lesefreundlicher, großer Schrift. Aus der unbedarften Figur Sebastian Schätz entwickelt sich eine mutige Person. Auf der Suche nach Antworten zu Fragen, die plötzlich über ihn hereinfielen, versucht er weiterhin seine Freundin zurückzugewinnen, die ihm den Laufpass gab. Hannover als Handlungsort hätte ein wenig mehr in den Vordergrund rücken können; ein wenig mehr "Lokalkolorit" hätte den Roman zumindest für die Einheimischen interessanter gemacht.