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Titel: Die Gabe Eine Besprechung / Rezension von Sebastian Hallmann |
Inhaltszusammenfassung:
Alan Bulmer ist Arzt aus Leidenschaft, einer von denjenigen, die in ihren Patienten nicht nur wandelnde Abrechnungen sehen, sondern sich stattdessen für ihre Schicksale interessieren. Nach einem Zwischenfall mit einem sterbenden Bettler stellt er fest, dass er die Fähigkeit entwickelt hat, Menschen durch Handauflegen zu heilen – von jeder Krankheit. Solche Geschichten machen schnell die Runde und somit wird aus Alans Traum, wirklich jedem helfen zu können schnell ein Alptraum. Einer, dessen Folgen der Arzt zu Beginn nicht einmal erahnen kann.
Kritik:
"Die Gabe" ist einer dieser Romane, bei dem die Geschichte mich vom Grundsatz her absolut gereizt hat. Sie klang nach etwas, was für mich im Festa Verlag noch nicht so häufig vorgekommen ist: weg von den mitunter sehr drastischen Gewaltausbrüchen, mehr hin zu einem mysteriösen Touch (man möge mir das schlechte Wortspiel nachsehen). Somit war die Spannung groß, was nun wirklich hinter dem Roman steckt, zumal für mich der Autor Francis Paul Wilson (der unter anderem mit Handyman Jack ja doch eine recht große Fanbasis haben soll) für mich auch noch absolutes Neuland war.
Wilson nimmt sich Zeit, seine Geschichte aufzubauen und nutzt einen Großteil er ersten Seiten, um seine Charaktere vorzustellen. Dadurch liest sich die Story zwar behäbig, aber nicht langatmig, sondern flutscht auch schon zu diesem Zeitpunkt sehr gut. Man wird schnell in die Geschichte hineingezogen und folgt dem Spannungsbogen, der sich trotz Verzicht auf einen Großteil aller "klassischen" Thriller-Elemente schon vom Start weg aufzubauen beginnt und dann eine steile Kurve nach oben macht. Spätestens nach dem ersten Drittel hatte mich "Die Gabe" absolut in ihren Bann gezogen – und das, obwohl zu diesem Zeitpunkt eigentlich noch kaum etwas passiert war. Dennoch hat der Autor es geschafft, eine großartige Atmosphäre aufzubauen, die jedes Spektrum des Interesses abzudecken vermochte. So ist die Geschichte um Alan Bulmer in meinen Augen kein reiner Thriller, denn es wird auch viel geboten, was man durchaus schon ein bisschen in Richtung Drama schieben könnte, ohne dieses dabei jedoch pathetisch ausfallen zu lassen. Eine interessante Mischung, die absolut funktioniert – und dabei mit einem Ende daher kommt, welches durchaus Potential für einen Nachfolger offen gelassen hätte.
"Die Gabe" steht im Zeichen des Hauptakteurs Alan. Die ganze Geschichte ist auf ihn zugeschnitten und dreht sich um ihn. Dementsprechend gut ist er ausstaffiert. Man erfährt viel über seinen Hintergrund, was ihn trotz allem Gutmenschentums, welches man ihm zuschreiben könnte, immer noch glaubwürdig erscheinen lässt. Zudem ist er ein absoluter Sympathieträger, was natürlich in diesem Fall nicht ganz unwichtig ist. Ebenfalls gut und glaubwürdig gezeichnet sind die wichtigsten Nebencharaktere, die zumeist aber auch in das schlichte Schwarz/Weiß-Muster gesteckt werden können, welches in "Die Gabe" zwischen Gut und Böse unterscheidet. Einzig die Figur des Charles war hier in meinen Augen eine kleine Ausnahme. Schade, denn der Stoff hätte hier doch sicherlich ein bisschen mehr Differenzierung in verschiedenen Grautönen zugelassen. Dennoch kann man auch hier unter'm Strich von eine guten Leistung Wilsons sprechen.
Der Stil des Autoren ist alles andere als gewöhnungsbedürftig. Schnell und präzise auf den Punkt gebracht, ohne dabei ins oberflächliche abzudriften erzählt Wilson hier auf eine sehr unterhaltsame und spannende Art seine Geschichte. Anders als in vielen Werken, die im Festa Verlag erschienen sind kommt er zudem fast komplett ohne Gewaltspitzen aus, die hier auch deutlich deplatziert gewirkt und die Geschichte von "Die Gabe" empfindlich gestört hätten. Ebenso sucht man vergeblich nach den typischen Stilelementen des (Action-)Thrillers. Zwar gibt es zum Schluss hin eine Passage, die schon etwas härter ausgefallen ist, diese ist aber gut mit dem Gesamtkontext des Romans verankert.
Fazit:
Mit "Die Gabe" hat F. Paul Wilson es geschafft, mich in seinen Bann zu ziehen. Das Buch ist rundum gelungen und bietet eine Spannung, die sich vom behäbigen Beginn bis hin zum schnellen und fesselnden Finale konstant nach oben entwickelt. Bis dahin gibt es zwar nur wenig "Action", aber das braucht der Roman auch nicht, denn die Qualitäten liegen hier eindeutig in der Handlung und der Atmosphäre sowie den gelungen Charakteren.