Land: USA, 2001 Eine Besprechung / Rezension von Rainer Innreiter |
Es war ja nur eine Frage der Zeit, bis sich Hollywood eines weiteren Klassikers des SF-Genres annahm und sorgfältig verhunzte.
Und ausgerechnet Simon Wells, Neffe des Pioniers der SF Herbert George Wells, demontiert das schillernde Erbe seines Ahnen. Wenn man bedenkt, dass H. G. Wells dereinst nach Beschau des Fritz Lang-Klassikers Metropolis meinte, er habe gerade den dümmsten Film aller Zeiten gesehen...
Zum Inhalt: New York Ende des 19 Jdht. Der ehrgeizige Prof. Hartdegen (Guy Pearce) gedenkt, seine Freundin Emma zu ehelichen. Bei einem romantischen Treffen im Central Park werden die beiden jedoch Opfer eines Räubers, der sie mit einer Pistole bedroht. Unglücklicherweise löst sich ein Schuss und Emma bricht tödlich getroffen zu Boden.
Der gute Professor verfällt in tiefste Trauer und bastelt - wozu ist man ein Genie? - nebenher eine Zeitmaschine, um - Wow! Total originell! - zu jenem Tag zurückzureisen, an welchem Emma erschossen wurde. Der Film würde nicht Time Machine heißen, wenn es ihm nicht gelingen würde, und also reist er vier Jahre in die Vergangenheit, um Emma zu retten.
Doch es erweist sich als unmöglich, den Tod als Schicksal zu überlisten und Emma stirbt statt an einer Kugel bei einem Kutschenunglück. Verbittert reist Hartdegen deshalb ins NY des Jahres 2030, wo er sich Rat erhofft, wie er Emma dennoch retten könnte. Eine Art holographischer Computer kann ihm zwar auch nicht weiterhelfen, aber Regisseur Wells kann so wenigstens das Werk seines Großvaters in die doofe Geschichte einbinden.
Hartdegen reist weiter, diesmal 7 Jahre in die Zukunft, und sieht sich dem Weltuntergang gegenüber, der durch ein paar künstlich herbeigeführte Detonationen auf dem Mond (völliger Unsinn!) beschworen wird und rein zufällig gerade zu dem Zeitpunkt droht, an welchem Hartdegen auftaucht.
Weiter geht's, diesmal 800.000 Jahre in die Zukunft, wo ihn eine urtümliche, scheinbar friedliche Welt erwartet. Freundlich wird er vom Volk der Eloi - allesamt schöne, dunkelhäutige Menschen wie aus dem Reiseprospekt - aufgenommen. Die nicht unattraktive Mara (Samantha Mumba, leicht illuminiert wirkende Sängerin) und ihr Sohn Kalen (Omero Mumba) schließen den feschen Temponauten sogleich ins Herz.
Friede, Freude, Eierkuchen, wären da nicht die bösen, unterirdisch hausenden Morlocks, die sich von den Eloi ernähren. Prompt schnappen die sich Mara, was den Prof zu einer heldenhaften Rettungsaktion veranlasst. Doch auch er wird gefangen und dazu gezwungen, ein sinnloses, langweiliges Gespräch mit Über-Morlock Jeremy Irons zu führen...
Wieder mal steht man vor der Frage, wie Remakes zu Stande kommen. Offensichtlich ist der Vorteil von Remakes: Man spricht ein Publikum an, das den Originalfilm zumindest vom Hören-Sagen her kennt und hat quasi im Vorhinein Mundpropaganda garantiert.
Gut. Nachdem man das Opfer, respektive Film gewählt hat, geht man folgendermaßen vor:
1. Ein möglichst simples Drehbuch von Fließbandschreibern anfertigen lassen.
2. Ein, zwei Stars verpflichten.
3. Plotlöcher mit Special Effects stopfen.
4. Am allerwichtigsten: Totale Amerika-Zentrierung und nur ja nix einfließen lassen, was irgendwie anstößig sein oder gar zum Nachdenken anregen könnte.
Oder ganz vereinfacht gesagt: Aalglatt muss das Remake sein, bar jeglichen intellektuellen Vergnügens und die am. Flagge muss durch die Leinwand schimmern.
Während H. G. Wells Roman (und auch die erste Verfilmung aus dem Jahr 1960) in London spielt (fast logischerweise, war doch Wells Engländer), muss das Remake natürlich in NY spielen.
Ging es dem überzeugten Sozialisten und Kämpfer wider den Kapitalismus H. G. Wells noch um eine bittere Gesellschaftskritik seiner Zeit, wurde jeglicher Hinweis darauf säuberlich im Remake verwischt.
Nicht einmal als reines Unterhaltungsprogramm funktioniert der Film. An keiner Stelle kommt so was altmodisches wie echte Spannung auf. Einzig die Ausstattung des Films scheint mit Liebe entwickelt worden zu sein. Dafür sind die Morlocks absolut lächerlich aussehende Kreaturen, die an die Muppets gemahnen (vielleicht hat man ja aus dem Fundus dieser genialen Show sich bedient).
Von den Schauspielern soll gar nicht erst die Rede sein: Guy Pearce ist unsäglich fade, die Mumba ein beweglicher Kleiderständer und Jeremy Irons (wenn er es denn tatsächlich ist) völlig für die Katz - genau so gut könnte man Sean Penn den Wookie Chewbacca aus Star Wars spielen lassen.
Einzig die Plotholes sind amüsant: Sagenhaft, auf welch unfassbar dämliche Erklärungen die Macher des Filmes verfielen um den Umstand zu erklären, dass die Eloi 800.000 Jahre nach Auslöschung der am. Zivilisation Englisch sprechen. Ist ja auch ganz einfach: Die haben brav Straßenschilder und Aufschriften gesammelt und dadurch Englisch gelernt ... Dass diese längst vom Rost zerfressen sein müssten (aber fast wie neu aussehen) scheint auch niemandem aufgefallen zu sein.
Genau so wenig wie, dass ein Computer eben diese Zeitspanne überdauert und weiterhin funktioniert.
Time Machine ist, und dieser Kalauer ist unvermeidlich, die reinste Zeitverschwendung.