Titel: Die wirkliche Mittelerde - Tolkiens Mythologie und ihre Wurzeln im Mittelalter Eine Rezension von Martin Wagner |
J. R. R. Tolkien, kein anderer Name und kein anderer Autor ist so sehr mit dem Fantasygenre verbunden. Seine Romane über Mittelerde erfreuen seit Jahrzehnten Leseratten und die aktuellen Filme erfreuen Kinogänger, DVD Fans und Fernsehzuschauer. Es scheint so, als hätte er alles richtig gemacht. Bleibt nur die Frage, woher er all seine tollen Ideen wie Kulturen, Sprache und Hintergründe hatte.
Dieser Frage hat sich nun der Professor für Germanistik Arnulf Krause angenommen und, wie es bereits Tolkien vor ihm getan hat, Bücher über Germanen, Wikinger und Kelten durchforstet und nach Verbindungen zur Mythengeschichte Tolkiens gesucht. Die Ergebnisse seiner Suche finden sich nun im Buch „Die wirkliche Mittelerde – Tolkiens Mythologie und ihre Wurzeln im Mittelalter“, in dem schnell deutlich wird, dass Mittelerde, zumindest kulturell, in Europa liegt.
Zehn Kapitel warten dann im Buch darauf gelesen zu werden und jedes zeigt mehr als deutlich, dass Tolkiens Inspirationsquellen für uns alle zugänglich sind. Den Anfang machen aber nicht diese Quellen, sondern ein Blick auf den Professor Tolkien im ersten Kapitel. Dort geht der Autor mit viel Charme auf den Sprach- und Literaturwissenschaftler Tolkien ein und zeichnet dabei ein ganz anderes Bild, als man es von einem Erfolgsautoren gewöhnt ist oder erwartet. Von der Geburt über den 1. Weltkrieg bis hin zur Professur und den Auftritten in den Hörsälen. Tolkien scheint ein toller Professor gewesen zu sein. Für den Leser geht es aber natürlich um Mittelerde und nicht um Philologie sondern um Hobbits und Sauron. Die Romane, die kurz zusammengefasst werden, erschienen vor und nach dem 2. Weltkrieg und beinhalten mehr als nur eine Geschichte, denn dazwischen finden sich auch Legenden aus Mittelerde, die für die spätere Betrachtung der Quellen Tolkiens noch wichtig sind.
Diese Betrachtung beginnt dann ab dem zweiten Kapitel, nachdem Tolkien selbst am Ende des ersten Kapitels, in Form eines zitierten längeren Kommentars aus dem Jahre 1956, zu Wort kommt, in dem er schrieb, dass Mittelerde keine erfundene Welt sei. Dem geht der Autor in den folgenden neun Kapitel nach und entdeckt in alten Sagen, wie der Edda, der Beowulf-Sage und auch in der Siegfried-Sage, deutliche Zeichen der Kultur und der Lebewesen von Mittelerde.
In noch älteren Texten und auch in archäologischen Funden findet der Autor dann weitere Anzeichen und vor allen Dingen auch die Anfänge der elbischen Sprache, die Tolkien, neben dem Schreiben eines Meisterwerkes noch mit schuf.
In den Legenden der nordischen Götter finden sich Hinweise auf den Ursprung der Magie in Mittelerde und auch auf das Ende der Mittelerde, wären Frodo und Sam gescheitert.
Kurzum, in neun Kapiteln macht der Autor einen Rundflug über viele Jahre Geschichte und Archäologie, viele Jahrhunderte der Literatur und auch über Legenden und Sagen und findet von all dem, was er dabei entdeckt hat, sehr viel in Mittelerde wieder und macht dabei deutlich, dass Mittelerde seine Wurzeln in der Geschichte Europas hat.
Den Abschluss des Buches bildet ein ausführliches und offensichtlich komplettes Literaturverzeichnis, in dem man alle Bücher findet, die einem ein noch tieferes Einsteigen in die Materie bieten können.
Bei diesem Rundflug und auch schon beim Vorstellen des Menschen Tolkien, wird deutlich, dass Arnulf Krause schreiben kann. Bei einem Germanisten, der bereits viele Bücher über Germanen, Kelten und Wikinger geschrieben hat, nicht unbedingt überraschend. Überraschend ist aber, wie gut er wissenschaftliches sehr unterhaltsam darbieten kann. Man hat nämlich nie das Gefühl ein wissenschaftliches Buch zu lesen, sondern fühlt sich eher als Begleiter auf dem bereits erwähnten Rundflug über historische und philologische Themen. Wer sich also für Tolkiens Werke interessiert und auch dafür, wo er sich inspirieren ließ, der macht mit diesem Buch vieles richtig, denn so angenehm wird man sich dieses Wissen nirgendwo aneignen können.
Fazit:
Arnulf Krauses „Die wirkliche Mittelerde“ ist ein tolles Buch über die Quellen von Tolkiens Mittelerde Geschichten. Neben der Edda und anderen Sagen, Legenden und Mythen werden aber auch historische Werke und archäologische Funde in den Blick genommen ohne, dass es zu wissenschaftlich wird und ohne, dass man irgendwann keine Lust mehr hat das Buch weiter zu lesen. Kurzum, toll geschrieben, sehr informativ und deshalb ein Muss für Tolkien Fans.