Serie / Zyklus: ~ Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
In einer fernen Zukunft hat die Menschheit die Gen- und Nanotechnik zur Perfektion getrieben und Menschen bis zum Äußersten verändert. Es gibt Menschen, die zu Raumschiffen oder gewaltigen Terraforming Instrumenten verwandelt wurden. Andere wiederum wurden zu Vogelwesen, die den Bedingungen des Alls trotzen können oder gar zu Teilen eines Insektenstaats, der ein kollektives Bewusstsein entwickelte. Mit der Veränderung ging auch eine technische Verknüpfung mit Künstlichen Intelligenzen einher, doch es herrscht kein richtiger Friede im Sonnensystem, denn die Kluft zwischen den Veränderten und den "Unterentwickelten“, wie die gewöhnlichen Menschen von den Modifizierten genannt werden, wächst: Die Veränderten wollen dem Diktat des Zwecks ihrer Umformung entfliehen.
Die Situation spitzt sich zu, als Isol Voyager nach einer mehrjährigen Erkundungsmission aus unerforschten Bereichen der Galaxis zurückkehrt und ein fremdes Artefakt zurückbringt, mit dessen Hilfe Isol nahe zeitlos reisen kann. Das lebende Raumschiff bietet allen Veränderten nun einen Ausweg. Eine Welt wurde entdeckt und Isol bietet seinen Brüdern an, sie wie Mose in ein gelobtes Land zu führen. Bald jedoch stellt sich heraus, dass Isol einiges verschwiegen hat und der Antrieb nur Teil einer sehr wandlungsfähigen Materie ist, die sich den Wünschen und Vorstellungen des Wirts anpasst und zu dem wird, was dieser sich wünscht. Doch es gibt nichts umsonst im Universum und was ist mit dem Preis, der, in welcher Form auch immer bezahlt werden muss?
Justina Robson beginnt das Buch mit einem sehr interessanten und vielschichtigen Kapitel. Der Leser wird in eine faszinierende Handlung geworfen und von der Geschichte mitgerissen. Doch danach wird der Leser erst mal enttäuscht. Die Handlung schreitet langsam voran und es ist über Längen keine Richtung erkennbar in welche der Roman nun schwenken soll. Es scheint fast so, als ob sich die Autorin sich selbst nicht sicher war, wie sie weitermachen sollte. Die Beschreibungen der Veränderten sind zwar einerseits interessant, aber auf der anderen Seite wirken die Wesen, die weit über die Unkenntlichkeit als menschliches Wesen hinaus verändert und mit einer KI verbunden wurden, viel zu menschlich. Anderer Körper - gleicher Geist? Diese Gleichung ist unhaltbar.
Im weiteren Verlauf überfrachtet die Autorin das Buch mit vielen Ideen, die allesamt gut und ausbaufähig sind, aber nicht zum tragen kommen, weil die Autorin sich nicht die Zeit nimmt, diese umfassend zu behandeln. Das ist wie ein Blumenbeet, in dem die Pflanzen zu dicht stehen und keine von diesen Raum hat, sich richtig zu entfalten. Und dann: statt die Konzepte auszuarbeiten beginnt sie plötzlich, all das zu erklären, was sich der Leser im Verlauf des Romans bereits erschlossen hatte. Der Leser will innerlich aufschreien und sagen: ICH HABE ES SCHON BEGRIFFEN.
In der zweiten Hälfte beginnt das Buch mehr an Fahrt aufzunehmen und die diffuse Wolke der Handlung beginnt sich zu fokusieren. Es folgen unterhaltsame, spannende Passagen, doch je näher das Ende kommt, desto mehr lässt die Autorin nach. Der Schluss endet in einer Kakophonie der 11. Dimension auf einem sehr metaphysischen Niveau, dass mir überhaupt nicht behagen wollte. Handlungsstränge werden einfach abgewürgt, andere verenden in der Belanglosigkeit und wieder zeigen sich die Auswirkungen der vielen Ideen, die nur ungenügend ausgeführt wurden. Man wünscht sich, die Autorin würde sich vor Augen führen, was einen Roman ausmacht.
In dem Buch steckten genug Ideen um ein halbes Dutzend Romane zu schreiben, aber all das wird einfach verbraten und zur Bedeutungslosigkeit degradiert. Aber noch wesentlicher wäre, dass die Autorin sich zuvor über die Richtung ihres Romans im klaren wird und dann diese während des Schreibvorgangs nie aus dem Auge verliert. Wenn die Autorin dies beherzigt, wäre sie in der Lage, wirklich großartige SF zu verfassen. So aber kommen nur durchschnittliche, sehr durchwachsene SF Romane heraus.
5 von 10 Punkten.
Besprechung im Literaturzirkel des SF-Netzwerk Forums - Kapitel 1 - 14 |
Besprechung im Literaturzirkel des SF-Netzwerk Forums - Kapitel 15 - 33 |
Verschmelzung - Rezension von Andreas Muegge