| Titel: Die Stadt der Toten Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Es ist nicht immer einfach, unter der Vielzahl der Verlage und ihren Veröffentlichungen, diejenigen herauszufiltern, die der Gattung Phantastik zuzuordnen sind. Es gibt da ein paar Verlage, bei denen ich besonders gern hinsehe, weil die Güte ihrer Werke handwerklich sehr gut ist. Ich erinnere mich gern an die Reihe mit den wissenschaftlichen Zukunftserzählungen, die in der Sammlung Luchterhand erschien. Als ich im Verlagsangebot blätterte, fiel mir die Perle Die Stadt der Toten zuerst gar nicht auf. Der amerikanische Autor Kevin Brockmeier war mir nicht bekannt und mit nur einem Roman und einem Kinderbuch noch nicht über den großen Teich im guten alten Europa angekommen. Seine Kurzgeschichten und Beiträge erschienen in verschiedenen Zeitschriften und wurden mehrfach ausgezeichnet.
Der vorliegende Roman stellte sich für mich als eine Perle unter den Büchern des Luchterhand Verlages heraus. Ich war sehr überrascht, als ich den einfachen, zurückhaltenden Buchumschlag in der Hand hielt. Nichts deutet darauf hin, ein besonderes Buch in den Händen zu halten. Die Erzählung beginnt eher zurückhaltend, baut keine großen Spannungsbögen auf, führt aber auf zwei Ebenen eine phantastische Geschichte weiter.
Die Stadt der Toten, eine sich ständig ändernde Großstadt, in der die Menschen ankommen, eine Zeit verweilen und wieder gehen, hat keinen eigenen Namen. Je mehr tote Menschen ankommen, um so größer wird die Stadt. Plötzlich erscheinen aus dem Nichts neue Häuser, Straßenzüge oder gar neue Stadtviertel. Wird die Einwohnerzahl kleiner, dann verschwinden die Gebäude auf die gleiche Weise, wie sie erschienen. Die Stadt der Toten ist eine merkwürdige Zwischenstation. Alle Menschen, die sterben, landen nicht etwa in der Hölle, dem Fegefeuer oder dem Himmel, sondern in dieser Metropole. Die Vermutungen der hier lebenden Menschen gehen dahin, dass jeder so lange in der Stadt bleibt, wie sich jemand an ihn oder sie erinnert. Denkt niemand mehr an die betroffene Person, verschwindet auch sie, und niemand weiß, wohin. Eines Tages ist es dann soweit, die Stadt scheint aus allen Nähten zu platzen, als sie vor Menschen überquillt. Im gleichen Maß, wie sie sich füllte, verliert sie aber auch wieder an Menschen, weil sich auf Erden niemand mehr erinnern kann. Es ist fast niemand mehr da. Eine furchtbare Katastrophe muss sich auf der Erde ereignet haben.
Eine der wenigen Überlebenden auf der Erde ist die Biologin Laura Byrd. Mit zwei Kollegen wurde sie von ihrer Firma, Coca-Cola, in die Antarktis geschickt. Ihre beiden Kollegen verschwinden, und so ergibt sich für Laura, dass sie die einzige lebende Person in der Antarktis ist. Daraus folgt, dass viele der Personen, an die sie sich erinnert bzw. erinnern kann, in der Stadt der Toten zusammenkommen.
Die ganze Zeit über lässt uns der Autor im Ungewissen, was die Ursache und wer der Verursacher ist. Erst ganz langsam stellt sich heraus, welche Machenschaften dahinter stehen und warum der braune Brause-Fabrikant sich lieber bedeckt hält.
Es gibt ein paar logische Unstimmigkeiten, die während der Erzählung gar nicht so deutlich zu Tage treten. Erst, wenn man sich die Mühe macht und darüber nachdenkt, fällt einem auf, dass ein paar Dinge nicht zusammenpassen. Dessen ungeachtet bleibt ein sehr interessantes Buch übrig, das ich gerne weiterempfehle.
Als Kevin Brockmeier sein Buch im Februar diesen Jahres bei Pantheon veröffentlichte, war er sicher selbst überrascht, als Chris Columbus sich seines Stoffes annahm und es nun verfilmt. Das Drehbuch dazu schreibt der Pulitzer-Preisträger David Auburn.