Titel: Die Ritter der vierzig Inseln Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Der Held der Geschichte ist der 14-jährige Dima. Er erzählt in der Ich-Form, wobei der Leser nicht ganz mit in die Handlung einbezogen wird. Bislang hatte Dima eine normale, unbeschwerte Jugend. Der Zustand ändert sich, als er in seinen Ferien von einem Fremden angesprochen wird. Der Mann fragt ihn, ob er Dima fotografieren dürfe. Ein wenig geschmeichelt, stellt sich Dima in Positur. Mit dem verklingenden Geräusch des Klicks beim Fotografieren findet sich Dima auf einer fremden Welt wieder. Die Landung auf einer Insel fällt sehr unsanft aus.
Seine neue Welt besteht aus vierzig Inseln. Auf jeder Insel steht eine Burg mit einem Wachtturm. Von der Burg spannen sich jeweils drei Brücken zu den Nachbarinseln hinüber. Dima ist nicht der einzige Junge. Auf jeder Insel besteht eine kleine Gemeinschaft. Fast ein Dutzend Jungen befinden sich in jeder Burg. Jeder der Jungen wurde auf die gleiche Weise wie Dima auf die Insel versetzt. Zwischen den Inselbewohner findet das sogenannte Spiel statt. Wer zuerst alle 40 Inseln erobert hat, darf wieder auf zurück auf die Erde. Die Auseinandersetzungen finden auf den Verbindungsbrücken statt, die die jeweiligen Anführer bewachen lassen. Dort verwandeln sich die Holzschwerter und Äxte in scharfe Klingen. Daher ist jedesmal mit blutigen Wunden und schwer verletzten Jungen zu rechnen. Dima erkennt bald, dass in jeder Burg jemand sitzen muss, der den unbekannten Auftraggebern berichtet. Ihm gelingt es, den Verräter in der eigenen Burg zu entlarven. Danach schmiedet die Gruppe einen Plan. Ziel ist es, das Spiel so zu beeinflussen, dass es zugunsten der Kinder entschieden wird. Die Jungs machen sich auf den Weg und es gelingt ihnen, erste Bündnisse zu schließen. Dima selbst macht sich in Begleitung mit einem kleinen Segelschiff auf, um entferntere Inseln aufzusuchen. Allerdings schlägt der Plan fehl. Die Fremden und die verräterischen Jungen innerhalb der Gruppe rächen sich auf ihre Art und Weise. Die Freunde um Dima denken jedoch nicht ans Aufgeben.
Dima will sich mit der Lage auf den Inseln nicht abfinden. Es muss doch jemanden geben, der die Welt und das Spiel erfunden hat. Irgendjemand steht hinter diesem Spiel. Aber warum?
Der Roman erinnert an Koushun Takami und dessen Roman "Battle Royal“ und auch an William Goldings „Der Herr der Fliegen“ scheint in gewissem Sinn eine Vorlage gewesen zu sein. Der Roman ist nicht leicht verdaulich. Alle drei Romane sind gesellschaftskritische Romane. Das Grundthema lautet: Wie reagieren Menschen, wenn sie sich in einer extremen Lage befinden? Würde jemand seinen besten Freund / Freundin verraten, um selbst zu überleben? Eine Frage, die für den Leser von „Die Ritter der vierzig Inseln“ nicht sehr einfach zu beantworten sein wird. Wahrscheinlich auch deshalb, weil der Leser nicht in die Verlegenheit kommt, sie beantworten zu müssen. Der Roman ist gewaltig in seiner Umsetzung, gewalttätig in seinem Inhalt. Wer bereit ist, den Roman nicht nur als Action-Roman zu lesen, sondern auch ein wenig den Inhalt zu hinterfragen, der wird sich damit sehr gut beschäftigen können. Darüber hinaus ist das Buch auch eine Parabel über das Ende menschlicher Unschuld, deren mythisch-symbolische Bedeutung des Geschehens noch durch ihre lyrisch bestimmte Sprachgebung vertieft wird. Sergej Lukianenko gelingt es, trotz all seiner symbolischen Überhöhungen seine zentralen Fragestellungen nie aus den Augen zu verlieren. Ich persönlich halte diesen Roman für den gelungensten aller Romane, die ich von ihm bislang lesen konnte. Im Taschenbuchbereich hätte er durchaus seinen Platz in der Hardcore-Reihe des Wilhelm Heyne Verlages. Ähnlich dem Roman „Die Insel“ von Richard Laymon.
Die Ritter der vierzig Inseln - die Rezension von Rupert Schwarz
Buch bei Amazon bestellen