| Titel: Die Ritter der vierzig Inseln Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Dimitri, von allen Dima genannt, ärgert sich gerade noch über die Sommerferien, in denen alle Freunde irgendwohin in den Urlaub gefahren sind, während er alleine in der Stadt zurückblieb. Als ein Mann fragt, ob er von ihm ein Foto machen dürfe, wird ihm schwarz vor den Augen und er findet sich kurz darauf auf einer sonnigen Insel wieder. Um ihn herum stehen eine Reihe braungebrannter Kinder, die nicht unbedingt den Eindruck machen, als ob sie auf einer Urlaubsreise sind. Tatsächlich erfährt Dima bald, dass er sich auf einer von 40 Inseln befindet. Brücken verbinden die Inseln, die allerdings nur tagsüber geschlossen sind. Des Nachts bewirkt die Kälte, dass sich der Stein zusammenzieht und ein mehrere Meter breiter Spalt entsteht. Tagsüber jedoch sind die Brücken geschlossen und die Kinder der Nachbarinseln schicken sich an, eine Nachbarinsel zu erobern oder eben eine Eroberung durch eine Nachbarinsel zu vereiteln. Dass dies kein Spiel ist, wird Dima schnell klar. Sein Schwert ist zwar aus Holz, aber für die anderen Jungen ist seines aus feinstem Stahl - ebenso wie die Schwerter der feindlichen Jungen. Nicht lange, und er erlebt, wie ein feindlicher Junge im Gefecht stirbt. Der Grund für die Kämpfe erschließt sich schnell: Die Kinder der Insel, die alle anderen Inseln erobert, erringt das Recht, nach Hause zurückkehren zu dürfen. Doch Dima wird schnell klar, dass der Sieg unmöglich ist und die einzige Chance darin besteht, die Regeln zu brechen.
Ich muss sagen, dieses Jungendbuch lässt mich ein wenig ratlos zurück. Für ein Jugendbuch ist es wohl zu brutual und blutrünstig. Die Gewalt wird mit einer Selbstverständlichkeit gezeigt, dass man wohl sagen muss: Das ist kein echtes Jugendbuch. Allerdings kann man das wohl von Ottfried Preußlers Krabat auch nicht sagen. Es geht auch hier um Kinder, die ihre Unschuld verlieren und erwachsen werden müssen. In mehr als nur einer Hinsicht erinnert das Buch an Philip José Farmers Flusswelt der Zeit. In beiden Büchern müssen sich Menschen mit einer unerklärlichen Welt auseinandersetzen, die in den Menschen das Schlechteste hervorholt und die Gewalt die Herrschaft übernehmen lässt. Der Unterschied zu Farmers Klassiker besteht in zwei Punkten - Vorsicht Spoiler - Die Kinder sterben wirklich und wachen nicht am nächsten Tag an einem anderen Ort der Inselwelt auf und die Kinder sind Kopien ihrer Originale. Diesem Umstand wird mir zu wenig Rechnung getragen. Die Kinder ertragen dies stoisch und am Ende wird dem auch nicht mehr Rechnung getragen. Hier hätte ich mehr erwartet.
Mit ist schon klar, dass Autor Sergej Lukianenko sein Erstlingswerk aus dem Jahre 1992 als Metapher verstanden wissen will. Dies erklärt sich schon aus dem Nachwort, in dem der Autor die Hinterhöfe der Städte als Inseln und die Straßen als Brücken zu anderen Inseln bezeichnete; allerdings hat sich die gesamte Botschaft für mich nicht erschlossen. Hierzu müsste man wohl mehr russische Jugendbücher gelesen haben und wissen, was an diesem Buch nun besonders aus der Reihe fällt. So würde ich mal sagen, das Buch richtet sich gegen die seelische Brutalität, die Heranwachsende gelegentlich an den Tag legen. Ob diese Botschaft - wenn sie nun die Botschaft sein sollte - bei jugendlichen Lesern ankommt, wage ich zu bezweifeln.
Interessant ist der Roman auf jeden Fall und auch wenn der Roman noch nicht die Qualität seiner späteren Werke hat, liest sich der Roman recht flüssig und unterhält durchaus. Das Buch hat keine Längen und enthält einige Wendungen, die das Lesen immer wieder spannend machen. Insgesamt also ein gelungenes Jugendbuch, das die Leser wieder fesseln wird.
Die Ritter der vierzig Inseln - die Rezension von Erik Schreiber