Serie / Zyklus: Barrayar, Bände 10 + 11 Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Miles Vorkosigan ist trotz seiner Missbildungen ein Held. Trotzdem wird er wegen dieser körperlichen Unzulänglichkeiten abwertend als Mutant bezeichnet. Seine Abenteuer, die die geneigte Leserschaft bisher verfolgen konnte, hinterlassen natürlich auch Spuren in seinem Gemüt. Miles wird von krampfartigen Anfällen geplagt, die auf die Nachwirkungen der Wiedererweckung aus der Kältekammer zurückzuführen sind und bis zur Bewusstlosigkeit gehen. Seine Erweckung von den Toten führte dazu, dass er wieder als Außendienstagent für den kaiserlichen Geheimdienst eingesetzt wird. Als Admiral Naismith ist er daher unterwegs, allen Unterdrückten die Freiheit zu verschaffen. Er verheimlicht seine Krankheit, und bei einem Kampfeinsatz kommt es zu einem schwerwiegenden Unfall. Einem der Geretteten schießt er die Beine weg. Den Unfall versucht er in seinem Bericht zu vertuschen. Das Resultat daraus ist die unehrenhafte Entlassung aus der Armee. Zuerst ohne Arbeit, ohne Ziel und ohne Ansporn, irgendetwas zu tun, sitzt er mit einer Identitätskrise im Haus seiner Eltern. Miles enttäuschte seinen Förderer und Vorgesetzten Simon Illyan ebenso wie den Kaiser. Er wird erst wieder aktiv, als der Chef des Geheimdienstes, Simon Illyan, bei einem Attentat sein Gedächtnis verliert. Miles wächst innerhalb seines Auftrages über sich selbst hinaus. Als Admiral Naismith ist er bestrebt, den Maulwurf innerhalb der Organisation zu finden und zur Strecke zu bringen. Diesmal wird die Spürnase gebraucht, der scharfe Verstand, der dem verkrüppelten Körper innewohnt.
Ganz anders geht es mit Komarr weiter. Miles und ein zweiter Auditor werden nach Komarr geschickt. Sie sollen den Unfall aufklären, bei dem ein Sonnenspiegel mit einem Frachter kollidierte. Der Sonnenspiegel ist für die Welt wichtig, da das begonnene Projekt des Planetenformens noch nicht abgeschlossen ist. Vorthys Vorsoisson nimmt Miles mit zu seiner verheirateten Tochter Ekaterin. Sie wohnt mit Ehemann Tien und Sohn Nikolai auf Komarr. Der von Barrayar annektierte Planet ist auch gleichzeitig die Heimat der kaiserlichen Verlobten. Schon aus diesem Grund ist es dem Kaiser wichtig, das Problem zu lösen, das durch den Unfall ausgelöst wurde. Die beiden Auditoren quartieren sich auf Einladung Ekaterins bei deren Familie ein. Das Zusammenwachsen der beiden Kulturen von Komarr und Barrayar erweist sich als schwierig, vor allem weil es immer noch Widerstandsgruppen gibt, die damit nicht einverstanden sind. Trotzdem gehen die beiden Auditoren erst einmal vorurteilsfrei an den Unfall heran, der sich durch den Fund einer Leiche bald als gewollter Zusammenstoß herausstellt. Der zweite Handlungsfaden ist die unglücklich verheiratete Ekaterin. Miles verliebt sich mal wieder und diesmal in die verheiratete Gastgeberin. Dabei kommt es dem Buch sehr zustatten, dass Lois McMaster Bujold Ekaterin viel Platz in diesem Roman einräumt. Damit wird bald klar, hier kommt etwas Ernstes auf den Leser zu.
Viren des Vergessens ist der wohl melancholischste Roman, der in der Reihe um den jungen Vorkosigan erschien. Das Schicksal, das unseren Helden ereilt, geht dem Leser nahe, lässt ihn die Ängste und Sehnsüchte miterleben. Miles wird nachdenklicher dargestellt, zweifelnder. Dabei verbindet Lois McMaster Bujold eine fesselnde Geschichte mit rasanten Elementen einer schnellen Erzählung mit anregend-nachdenklichen Teilen. Während der ganzen Zeit, in der er mit der Lösung des Falls um Simon Illyan beschäftigt ist, findet er nicht nur die Lösung, sondern letztlich auch zu sich selbst. Allerdings wird einem Neueinsteiger viel abverlangt. Zu viele Seitenverweise auf frühere Abenteuer und Personen machen es schwierig, den Gedankengängen und der Handlung zu folgen. Auch Komarr ist mehr ein detektivischer Roman, jedoch ganz anders angelegt als Viren des Vergessens. Mir gefällt an der Autorin vor allem ihre unnachahmliche Art, die Handlungsträger zu beschreiben. Bei vielen Lesern gilt Lois McMaster Bujold immer noch als ein Geheimtipp. Richtig ist, sie ist nicht in aller Munde. Aber in den richtigen. Wer sich für Space Opera interessiert, der ist hier gut aufgehoben.
Die Revolte - die Rezension von Rupert Schwarz