Serie / Zyklus: Barrayar, Band 10 + 11 Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Der fünfte Band der Barrayar-Neuausgabe ist wiederum ein Sammelband. Die Romane Viren des Vergessens und Komarr setzen die gelungene Reihe fort. Zwei Dinge sind anzumerken: Im Gegensatz zu den ersten vier Bänden der Reihe ist dies hier keine Zusammenstellung, wie sie in Amerika veröffentlicht wurde. Die Sammelbände gingen dort nur bis zu Mirrow Dance. Auf dem Cover steht Deutsche Erstveröffentlichung. Dies gilt allerdings nur für Komarr, den insgesamt 11. Band der Reihe, der nun erstmals ins Deutsche übersetzt veröffentlicht wurde.
Viren des Vergessens
Miles Vorkosigan mag vielleicht der beste Agent des barrayanischen Geheimdienstes sein, doch als er sich entschließt, in seinen Berichten die Wahrheit über seinen schlechten Gesundheitszustand zu verschweigen, begeht er einen schweren Fehler. Die Blackouts, die ihn seit seiner Wiederbelebung nach einem gewaltsamen Tod immer wieder heimsuchen, führen zu einem schweren Unfall: Im Affekt schießt er einem Barrayaner die Beine weg. Zwar ist die Medizin in der Lage, den Mann zu heilen (er ist nun ein paar Zentimeter kürzer), doch Miles kann sich glücklich schätzen, nicht unehrenhaft aus dem Sicherheitsdienst auszuscheiden. Als nun Miles die Trümmer seines Lebens betrauert, wird sein ehemaliger Chef Simon Illyan schwer krank und scheint die Kontrolle über seinen Gedächtnischip verloren zu haben. Aus dem Superhirn des Barrayanischen Geheimdienstes wird ein Mann, der nicht mehr zwischen gestern und heute unterscheiden kann. Als Miles ihn besuchen möchte, weil ihn eine lange Freundschaft mit dem Mann verbindet, beißt er auf Granit. Illyans Nachfolger verwehrt ihm den Zugang und sieht sogar in Miles ein Sicherheitsrisiko. Doch damit bringt der Mann Miles gegen sich auf, und dieser nutzt seine guten Kontakte zu Kaiser Gregor. Der setzt Miles als Auditor ein und gibt ihm so fast unbegrenzte Macht. Nichts hält Miles nun auf; denn längst vermutet er, dass im barrayanischen Geheimdienst einiges nicht in Ordnung ist.
Der Roman ist ganz ohne Zweifel einer der besten der Reihe. Zum ersten Mal bekommt die Figur des Miles Vorkosigan richtig Kontur, und man lernt den Protagonisten mal von anderen Seiten kennen. Ein von Selbstzweifeln geplagter, unglücklicher Miles wirkt viel glaubwürdiger als ein Krieger, dem alles, aber auch wirklich alles gelingen mag. Hinzu kommt, dass sich die Autorin beim Erzählen viel Zeit lässt und man so wieder viel Neues über Barrayar und Komarr erfährt. Der sehr gelungene Roman erhält 9 von 10 Punkten.
Komarr
Eigentlich hätte Miles Vorkosigans Aufgabe, als kaiserlicher Auditor zusammen mit einem Kollegen einen Unfall auf Komarr zu untersuchen, nur ein Routinefall sein sollen. Genauer gesagt hätte er nur zusehen sollen, wie sein Kollege Professor Vorthys den Fall bearbeitet, um von ihm zu lernen. Doch beiden wird schnell klar, dass die Sache weitaus größer ist als gedacht. Schnell fühlt sich Miles voll in seinem Element und rückt der Wahrheit immer näher. Doch dann wird er mit etwas konfrontiert, mit dem er sich noch nie auseinandersetzen musste: Ekaterin Vorsoisson, die Frau eines Administrators, der in die Angelegenheit verstrickt zu sein scheint, fasziniert Miles, und ehe er sich versieht, hat er sich Hals über Kopf in sie verliebt. Steht sie am Ende zwischen ihm und der Lösung des Falls, und wie wird er sich entscheiden?
Auch Komarr ist ein durch und durch gelungener Roman. Man findet als Leser mehr und mehr Gefallen an der neuen Definition der Figur Miles Vorkosigan, und das liegt daran, dass die Figur nun viel menschlicher wird. Der alte Miles aka Admiral Naismith war schon ein unübertrefflicher Held. Apropos Held: Selten hat man so einen Unsinn auf einem Buchumschlag gelesen: Ein galaktisches Imperium, ein interstellarer Konflikt, ein Held wider Willen. Barrayar ist ein Hinterhof-Reich der Galaxis, bestehend aus drei Welten. Die Bezeichnung Imperium ist da übertrieben. Aber noch mehr stört, dass Miles als Held wider Willen bezeichnet wird. Wenn jemals ein Protagonist um jeden Preis ein Held sein wollte, dann doch nur Miles Vorkosigan.
Schön ist an dem Roman, dass die Kapitel abwechselnd aus der Sicht von Miles Vorkosigan und Ekaterin Vorsoisson geschrieben werden. Der ständige Perspektivenwechsel macht den Roman so richtig interessant. Auch die Spannung wird meisterhaft von der Autorin aufrechterhalten, sodass man den Roman überhaupt nicht weglegen möchte. Insgesamt ist das Werk wiederum sehr gut gelungen, und ebenso wie Viren des Vergessens gebe ich dem Roman 9 von 10 Punkten.
Insgesamt war dies zusammen mit Cordelias Ehre der bisher beste Band der Barrayar-Edition bei Heyne, und man freut sich auf den abschließenden sechsten Band. Wieder erwähnt sei, dass die Qualität des Seitendrucks und des Umschlags überdurchschnittlich gut sind. Man wünschte sich, alle Verlage würden sich an diesem Qualitätsstandard orientieren.
Die Revolte - die Rezension von Erik Schreiber