Serie / Zyklus: ~ Besprechung / Rezension von Andreas Nordiek |
Aufmerksam geworden bin ich auf diesen Roman durch eine Rezension in DIE ZEIT, die bereits im September erschienen ist. Diese ist mir dann so im Gedächtnis haften geblieben, dass ich mir nun zu Weihnachten diesen Roman habe schenken lassen, was eine sehr gute Entscheidung gewesen ist.
Die Rache der Baumeister ist der Debütroman des Tschechen Milos Urban, der u. a. in Prag studierte und heute dort als freier Autor und Übersetzer lebt. Angepriesen wird er als Kriminalroman, allerdings mit einem historischen Hintergrund, der von seiner Ausgestaltung her auch Phantastikleser ansprechen dürfte.
Die Handlung ist kurz vor der Jahrtausendwende angesiedelt und spielt in Prag. Kvetoslav Svach, seines Zeichens ein gescheiteter Geschichtsstudent, der es in den Polizeidienst geschafft hat. Das Zentrum von Prag ist ihm mehr als nur gut bekannt. Er ist fasziniert von den architektonischen Meisterleistungen längst verstorbener Baumeister und lebt ein wenig in der Vergangenheit, die aus baulicher Sicht soviel besser war, als das Prag der letzten 50 Jahre. Ich würde ihn durchaus als Sonderling bezeichnen, da er immer noch in einem Zimmer zur Untermiete wohnt und dem weiblichen Geschlecht eher recht schüchtern begegnet. Seine Liebe gilt dem historischen Prag und den Menschen, die damals in dieser Stadt gelebt haben.
Mehr durch Zufall wird er in mehrere Todesfälle hineingezogen, die allesamt Mitarbeiter des Bauamtes betrifft. Auf recht ungewöhnliche Art und Weise, die durchaus als Spur zu den Tätern zu werten ist, wurden sie umgebracht und dies oftmals unter den Augen der ermittelnden Behörden. Auch unter Kvetoslav Bewachung ist jemand ermordet worden, was seinem Chef dazu bewegt, ihm zu entlassen.
Alsbald findet sich der junge Expolizist aber im Dienste des Ritters von Lübeck, Herrn Gmünd, wieder, der als großzügiger Mäzen auftritt, der es sich zum Ziel gemacht hat, einige der bedeutenden Kirchen Prags zu restaurieren und hierfür die erforderlichen finanziellen Mittel bereit zu stellen. Herr Gmünd und sein körperlich ein wenig entstellter Mitarbeiter Herr Prunslik sind ebenfalls zwei eher sonderbare Gestalten, die stark in der Vergangenheit Prags verhaftet zu sein und in Verbindung mit den Morden zu stehen scheinen.
Die Kriminalhandlung ist nicht so verzwickt, als das man als Leser nicht sehr schnell herausfinden würde, wer hinter dem plötzlichen Ableben diverser Menschen steht. Auch das Motiv bleibt nicht allzu lang verborgen, auch wenn der Autor den Leser nicht direkt dahin führt. Bei dem vorliegenden Roman handelt es sich keineswegs um einen Kriminalroman, wie man ihn von amerikanischen oder britischen Erfolgsautoren her gewohnt ist. Vielmehr steht die Stadt Prag und ihre Bauwerke im Vordergrund, so dass vor allem Prag-Liebhaber diesen Roman mögen werden.
Der Verweis auf die Prager Vergangenheit des 14. Jahrhunderts und eine seit damals bestehende Geheimloge lassen den Roman auch für Phantastikleser interessant erscheinen, zumal die Betrachtung der Bauwerke durch die Augen des Haupthandlungsträgers durchaus an Phantastikromane erinnert, in den en geheimnisvolle Gebäude eine tragende Rolle spielt.
Mir persönlich hat der Roman sehr gut gefallen, zumal er einen anderen Schwerpunkt hat als Kriminal- bzw. Phantastikromane üblicherweise es haben. Wer sich zudem auf eine Rundreise durch das alte Prag einlassen möchte, sollte Die Rache der Baumeister als Lesetipp im Hinterkopf behalten.