Titel: Die Legenden von Andor Ein Rezension von Jürgen Eglseer |
Ein besonderes Brettspiel stellt "Die Legenden von Andor" dar, sowohl bezüglich der Ausstattung, als auch im Bereich der Spielgestaltung. Im Gegensatz zu vielen anderen gleichartigen Spielen, sticht hier ein Element besonders heraus: Die Spieler müssen sich hier kooperativ verhalten. Nur gemeinsam ist das Ziel zu schaffen und sind die Missionen zu bewältigen. Insofern eignet sich "Andor" vorzüglich für vergnügliche Familienabende - wenn man denn nicht über ein paar Hürden stolpert...
Der Spielaufbau
Mitgeliefert wird eine unglaubliche Zahl an Einzelteilen. Geld, Ausrüstungsgegenstände, Karten verschiedenster Art, Monster jedlicher Couleur und so weiter. Hier erkennt man schon auf den ersten Blick: Die Spielentwickler haben großen Wert auf die detallierte und liebevolle Ausstattung des Spieles gelegt. Ein Beispiel sind die Spielerkarten selber, denen man, je nachdem, wie man die Karte dreht, sowohl einen weiblichen als auch einen männlichen Charakter geschenkt hat. Unglaublich viel Zubehör springt den Spielern aus der Verpackung heraus, das Auspacken dauert eine Weile, so viele Karten, Münzen, Monster usw. müssen vorbereitet werden.
Vor einem liegt das beidseitig bedruckte Spielfeld, auf dem mehrere Quests von den Spielern durchgeführt werden müssen. Jeder Quest beinhaltet mehrere Aufgaben. Die Spielerfiguren starten von einer vorgegebenen Stelle, ebenso sind bei Spielbeginn auch schon einige Monster auf der Spielfläche unterwegs, die natürlich danach trachten, ein positives Ergebnis zu verhindern.
Angst vor dem Endgegner...
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Eine der Spielerkarten...
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Taktik bestimmt das Spiel...
Die Besonderheit bei "Legenden von Andor": Die Spieler müssen miteinander kooperieren, eine gut abgestimmte Gruppe bilden und eine gemeinsame Taktik ausführen - ansonsten können viele der gestellten Aufgaben in der vorgegebenen Zeit nicht erfüllt werden. "Andor" ist ein sehr taktikbestimmtes Spiel, ohne Absprache geht gar nichts. Aufgrund der komplexen Vorplanung mancher Züge bezweifle ich die Eignung des auf der Verpackung angegebenen Mindestalters von 10 Jahren. Zwar mag es das eine oder andere gewiefte Kind geben, aber selbst Rollen- und Brettspielerfahrene Erwachsene können hier schnell in verzweifelte Bedrängnis geraten. Ebenso wie ein Mindestalter, gibt es eine Mindestspielerzahl von 2. Ob man jedoch zu zweit die entsprechenden Aufgaben schaffen kann, mag bezweifelt werden, denn im Testspiel war dies nicht zu schaffen. Zu schnell war die Zeit vorbei...
Die Zeit, die Zeit...
Das größte Problem des Spielers ist die vorgegebene Zeitbedrängnis. Vermittelt wird dies durch eine Figur namens "Geschichtenerzähler", die nach jedem Zug (= 1 vergangener Tag), nach jedem Kill eines Monsters ein Feld vorrückt. Da aber die Anzahl der Felder sehr limitiert ist, hat man kaum Zeit, die erforderlichen Aufgaben, zum Beispiel das Beschützen einer Burg und zugleich das Bekämpfen des Hauptgegners, verbunden mit der Suche nach Zaubergegenständen zu bewerkstelligen. Bei den Testspielen führte das teils zu Frustration, da man zu dritt bei mehrmaligen Anläufen die geforderte Quest immer noch nicht schaffte - da der Geschichtenerzähler schon das Ende des Spiels einläutete. Nur mehrmaliges Versuchen und exakt geplante Moves können hier einen Ausweg zeigen -ob man dann aber noch die Motivation besitzt, hängt vom dicken Fell der einzelnen Spieler ab. Ein erfolgreiches Quest dauert mit Aufbau des Spieles selbst meist über zwei Stunden, kann aber auch länger werden.
Moria lässt grüßen - die andere Seite der Spielfläche
Gegner und Monster
Beim Kampf orientiert man sich an zwei Bereichen: Ausdauer und Kraft. Monster sind immer kräftiger als die Spielerfiguren - ausser man hat diese mit entsprechenden magischen Ausrüstungsgegenständen versehen. Allerdings fehlt ihnen die Ausdauer, was allerdings von Quest zu Quest auch immer knapper wird. Endgegner vermag man nur gemeinsam und im Einklang mit magischen Gegenständen oder Tränken, die Kraft und/oder Ausdauer verstärken, zu besiegen. Schon der Hauptgegner des ersten Quests fordert mindestens zwei Spieler, um ihn vernünftig in den Boden zu rammen.
Fazit
Das Spiel "Die Legenden von Andor" ist ausserordentlich aufwändig und detailreich gestaltet. Zwar erkennt man in den Quests die Vorliebe des Autors für den "Herr der Ringe" wieder, jedoch tut dies dem Spielerlebnis keinen Abbruch. Wechselnde Abenteuer, verschiedenste Monster und Spielflächen machen Andor zu einem abwechslungsreichen Fantasy-Abenteuer. Jedoch ist für das Spiel ein großes Maß an Koordination und taktischem Geschick erforderlich, einfach drauf los rennen führt mit ziemlicher Sicherheit zu schnellem Spielende. Die Zeitregel kann zu Frustration führen, fordert den Spieler aber bezüglich dizipliniertem, gemeinsamen Handeln.
Alternatives Spielen
Wie kann man Andor anders spielen? Mein persönliches Highlight: Das Weglassen der 80er Regel - also das ignorieren der Vorgabe, dass Monster nach einem Kill auf dem Feld 80 landen - und der Geschichtenerzähler einen Tag nach vorne rückt. Das dardurch entspanntere Spiel ist nunmehr nicht im gleichen Maße langweiliger geworden - im Gegenteil. Taktische Züge lassen sich nun besser vorplanen, ohne ständig die Angst des Scheiterns im Nacken zu haben.
Zudem kann der Spieler das Spiel abwechslungsreicher gestalten, wenn er die Aufstellung der Monster einfach auswürfelt, um hier eine großere Variation zu erzeugen. Spielspass für viele Wochen sind hier anzunehmen.