Reihe: Die Gilde der schwarzen Magier Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Ein junges Mädchen namens Sonea irrt durch die Stadt Imardin. Mit Tante und Onkel lebte sie in der Vorstadt, aber hinter den Stadtmauern, in einem Bleibehaus. Damit war ihnen der Sprung in die Bürgerschicht der Stadt gelungen. Als auf Anordnung des Königs die Bleibehäuser geräumt wurden, landeten sie wieder in der Hüttensiedlung vor der Stadtmauer. Dem Elendsviertel. Einmal im Jahr führen die Magier diese fast schon traditionelle Säuberung durch. Die Stadt wird von unliebsamen Elementen gesäubert. Das sind vor allem die armen Leute, die Bettler, Obdachlose und Kleinkriminelle, aber auch eben die Bewohner der Bleibehäuser, die glaubten, es geschafft zu haben. Alle finden sich in den Slums vor der Stadt wieder. Hier sucht Sonea nach ihren einzigen Verwandten, kann sie aber nicht ausfindig machen. In einer dichten Menschenmenge wird sie hin und her geschubst, bis sie sich in einer Auseinandersetzung zwischen Vertreibern und Vertriebenen wiederfindet. Jedes Jahr aufs Neue kämpfen die Menschen gegen ihre Vertreibung. Der Widerstand ist eher ein Zeichen von Machtlosigkeit und eher symbolisch zu betrachten. Denn die Magier wirken immer einen dichten magischen Schutzschild, der die räumenden Soldaten und die Magier dahinter schützt. Sonea schließt sich einer Gruppe von Leuten an, die gegen diese totalitäre Herrschaft der Magier aufbegehrt. Es kommt zu Auseinandersetzungen. Auch Sonea wirft einen Stein. Als sie ihn wirft, benutzt sie Magie, was ihr gar nicht, den Magiern nur allzu sehr bewusst wird. Ihr Stein durchschlägt den magischen Schutzschild, hinter dem sich die Magier so sicher fühlten, und trifft einen der Ihren am Kopf. Getroffen bricht der Mann zusammen, und die hektische Suche nach dem Attentäter beginnt. Da in Imardins archaischer Gesellschaft die Magie nur den `edlen’ Menschen, der Oberschicht, vorbehalten ist, ist der Einsatz durch ein Bettelmädchen unerhört. Die ehrwürdige Gilde ist in ihren Grundfesten, den festgeschriebenen Statuten, erschüttert. Zuerst einmal wird zurückgeschlagen: Man trifft einen unschuldigen Jungen, der auf der Stelle tot umfällt. Eine wilde Suche beginnt. Aus Angst vor den Magiern und einem schnellen Ableben verschwindet Sonea mit ihrem Freund Cery in den unterirdischen Tunneln der Diebesgilde. Zeitgleich machen sich die Magier Dannyl und Rothen auf die Suche nach dem unbekannten Magietalent. Ohne eine entsprechende Ausbildung läuft Sonea Gefahr, die Welt in ihren Grundfesten zu erschüttern. Trotz all ihrer Mühe wird Sonea gefunden und gefangen genommen. Diese Gefangenschaft bringt ihr aber auch Gutes. Das in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsene Mädchen Sonea wird als erste Nicht-Adelige in der Geschichte der Gilde in diese aufgenommen. Ihr besonderes Talent für Magie ist der Schlüssel für den Eintritt, trotzdem wird sie von den adeligen Mitschülern verachtet und offensichtlich schikaniert, ja sogar misshandelt. Diese Demütigungen sind für Sonea aber die Herausforderung, noch besser zu werden und somit die anderen Schüler in ihren Schatten zu stellen. Mit jeder Herausforderung, mit jeder bestandenen Prüfung wird sie besser.
Denn in Imardin liegt die Macht normalerweise in den Händen der Magier. Diese gehen gegen das normale Volk rücksichtslos vor, wann immer sich eine Möglichkeit bietet. Und in der Regel wagt keiner der Gewöhnlichen, sich gegen die Magier zu erheben. Bis Sonea, das Bettlermädchen, aufbegehrt. Nur Dank ihrer au'ßergewöhnlichen magischen Begabung wird sie nicht aus der Stadt geworfen oder gar getötet. Soneas Entschluss, in der Gilde zu verbleiben, hat ungeahnte Folgen. Ehe sie sich versieht, ist sie in den Mittelpunkt einer geheimnisvollen Verschwörung geraten.
Der zweite Handlungsstrang dreht sich um Dannyl. Er wurde als neuer Botschafter nach Elynne ausgeschickt. Dannyl gefällt es dort überhaupt nicht, zumal über ihn, wie in einem Wasserloch, die Dekadenz des Hofes zusammenschlägt. Er ist sehr stark mit sich selbst beschäftigt und findet sein wahres Ich. Gleichzeitig wird er auf Anweisung Lorlens damit beauftragt, in Akkarins Vergangenheit herumzuschnüffeln. Langsam beginnt er Akkarin zu verstehen, je näher er dessen Geheimnis kommt. Als Akkarin dahinterkommt, dass sich Lorlen und Dannyl zu sehr mit seiner Vergangenheit beschäftigen, nimmt er Sonea als Geisel. Zwischen der Geisel und dem Magier entspinnt sich eine seltsame Art der Zusammenarbeit. Auf der einen Seite ist Sonea von Akkarin fasziniert, auf der anderen Seite will sie aber so schnell wie möglich von seiner Seite verschwinden. Irgendwann gibt sie ihren Widerstand gegen Akkarin auf und hilft ihm sogar.
In der Stadt Imardin tauchen immer öfter Leichen auf, denen mittels schwarzer Magie das Leben genommen wurde. Lorlen, inzwischen Administrator, kämpft mit der Angst, seine schlimmsten Träume könnten wahr werden. Diese Angst betrifft Akkarin. Es ist bekannt, dass der schwarze Magie ausübt, und ausgerechnet Sonea ist dabei und hilft ihm. Lorlen und Rothen sind in das Geheimnis von Akkarin eingeweiht. Akkarin wird letztlich überführt und angeklagt, schwarze Magie ausgeübt zu haben. Mit der Bekanntgabe dieses Vergehens wird er in das Ödland von Sachaka verbannt. Aber auch Sonea muss ihn in das Exil begleiten, war sie doch an seinem Wirken, ob absichtlich oder nicht, beteiligt. Im Ödland stehen die beiden Wache und hoffen, noch rechtzeitig zu Gunsten der Stadt eingreifen zu können. Durch die Arroganz der Gilde, die seit dem ersten Roman nicht weniger wurde, steht der Untergang der Stadt, ja der Welt, bevor. Sonea hat in kurzer Zeit viel gelernt. Von der Rebellin aufgestiegen zur Novizin und schließlich zur Meisterin, scheint sie ihren Platz in der Gesellschaft gefunden zu haben. Nur sollte der Platz nicht gerade das Ödland Sachakas sein.
Die Geschichte ist bis zu dem Punkt lesbar, wo sich noch alles nur um Sonea dreht und noch keine große Magiergilde ins Spiel kommt. Als sich die Gilde von ausgebildeten Magiern durch ein ungebildetes Mädchen bedroht fühlt, beginnt die Unlogik im ersten Roman. Ab sofort wird nach dem unbekannten Mädchen, das sogar mächtiger sein soll als mancher Magier, gefahndet. Die Magier setzen sich in ihrem selbstherrlichen Gehabe über die Interessen des einfachen Volkes hinweg, üben ihre Magie, wann und wo immer sie wollen, aus. So kommt es, dass die Magier nach Sonea, dem jungen Mädchen, suchen. Schließlich wird Sonea gefangen genommen und zu einer Magierin ausgebildet. Noch während dieser Zeit kommt sie dem Hohen Lord auf die Schliche, dass er schwarze Magie betreibt.
Ehrlich gesagt, fand ich bis auf ein paar kleine Spannungsbögen nichts, was mir dieses Buch schmackhaft gemacht hätte. Seitenweise musste ich kämpfen, um die Erzählung zu lesen. Erst mit den beiden Folgebänden konnte ich mehr anfangen, und nun, nachdem ich die Trilogie kenne, kann ich sie auch ohne weiteres empfehlen. Die Anfangsschwäche wurde überwunden, der Erzählstil ist flüssig und die Logik nachvollziehbar. In vielen Fällen ist Trudi Canavan mit ihren Handlungsträgern etwas nachlässig, oberflächlich. Hier hätte sie etwas mehr in die Tiefe gehen können, bessere Beschreibungen liefern und dafür anderes weglassen können. Der Platz war da.