Serie/Zyklus: ~ Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Alles beginnt, als ob es sich bei der Überprüfung von George Orr um einen ganz normalen Drogenmissbrauchsfall handelt. Doch dann zeigt sich, dass der Delinquent eine panische Angst vor Träumen hat und diese mit Psychopharmaka zu unterdrücken sucht. Orr wird zur psychiatrischen Betreuung verpflichtet, denn Hilfe hat er nötig, behauptet er doch, seine Träume würden die Realität verändern.
Als seine Tante Ethel arbeitslos wurde und bei seiner Mutter und ihm einzog, träumte Orr sie in einem unachtsamen Traum hinfort. Der Psychiater William Haber glaubt zunächst nichts von der Geschichte, bis ihn ein Experiment unter Psychose überzeugt. Haber beginnt Orrs Träume zu steuern um zunächst für sich ein besseres Leben zu schaffen, aber auch um die Menschheit zu verbessern, denn Orrs Fähigkeiten scheinen keine Grenzen zu kennen. Doch irgendwie bringt jede Veränderung neue Probleme mit sich.
Der relativ knappe Roman ist wunderbar geschrieben. Autorin Ursula K. LeGuin erzählt die Geschichte aus den unterschiedlichsten Bildwinkeln und alleine das macht das Werk schon interessant. Aber da ist noch mehr. Mit jeder Veränderung, die Orr erträumt, verändert sich auch die Geschichte und das Wissen um die Welt. Ständig wird der Leser mit Neuem konfrontiert doch den Protagonisten kommt dies völlig normal ver. Den einen Tag sitzt man in einer kleinen engen Wohnung, am nächsten in einem alten Mehrfamilienhaus. Hatte man vorher aufgrund von Nahrungsknappheit gehungert, isst man jetzt ein opulentes Frühstück.
Man könnte den Roman fast als Dystopie im klassischen Sinne bezeichnen, denn Ursula K. LeGuin beschäftigt sich ebenso mit der Frage, wie hoch der Preis einer glücklichen Menschheit ist, wie Aldous Huxley in seinem Klassiker Schöne neue Welt.
Zum Ende hin, und das ist bedauerlich, endet das Werk in einer klassischen Heldengeschichte. Das philosophische Thema wird dann vollends übergangen. Aber vielleicht interpretiere ich zu viel hinein. Die Autorin wollte wohl in erster Linie eine spannende Geschichte erzählen und das ist ihr zweifelsohne gelungen.
7 von 10 Punkten.
Ich will noch ein paar strenge Worte an den Heyne Verlag richten. Es mag ja sein, dass man früher Bücher gekürzt hat, aber eine Neuauflage in den 90er Jahren hätte auf jeden Fall überarbeitet gehört. Noch schlimmer ist die Tatsache, dass die Kürzung noch nicht einmal im Impressum erwähnt wurde. Es liegt da schon der Verdacht nahe, dass man es überhaupt nicht mehr weiß. Auf der anderen Seite sollte man sich vor einer Neuauflage dann doch noch einmal die Originalausgabe zur Hand nehmen, denn Kürzungen von fast 20 % fallen sehr schnell auf. Nur gut, dass man in dem Münchner Verlagshaus heute mehr Sorgfalt walten läßt.