Serie / Zyklus: ~ Besprechung / Rezension von Oliver Faulhaber |
Ursprünglich 1992 als Kurzgeschichte veröffentlicht (ebenfalls bei Heyne in der Sammlung Die Vergangenheit der Zukunft erschienen) hat sich Goonans noch einmal des Stoffes angenommen und es innerhalb von vier Jahren auf Romanlänge gebracht.
Von Anfang an verläuft die Handlung in zwei unabhängigen Strängen, die im Großen und Ganzen nur zwei Berührpunkte besitzen. Einer davon ist Interspace, eine mächtige Organisation mit multinationaler Unterstützung, die sich dem Bau eines Generationenschiffs verschrieben hat. Neben direkt mit der Raumfahrt verbunden Forschungen, wird beispielsweise auch mit Hilfe der Gentechnik versucht, den Menschen selbst an die extremen Anforderungen anzupassen. Wie nicht anders zu erwarten, spielen sich im riesigen Firmennetz nicht selten moralisch und rechtlich verbotene Aktivitäten ab - weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit. Doch Lynn, Tochter des Vorsitzenden von IS, durchschaut früh die finsteren Machenschaften und wird auch bald verstoßen, als sie keinerlei Interesse an einer Fortführung der Arbeit ihres Vaters zeigt - nichtsdestotrotz zieht die im menschlichen Genom verborgene Ästhetik sie in ihren Bann und so erledigt sie doch von Zeit zu Zeit Aufträge für IS.
Die eigentliche Handlung setzt ein, als sie zufällig auf einen auffallend charismatischen Jugendlichen trifft, den sie schnell als Klon Kamehamehas (für Nichteingeweihte: der König, der Hawaii einte) identifiziert - und in Interspace die Verantwortlichen dafür sieht. Prekär wird die Lage jedoch als sie den Jungen vor einem Attentat rettet und von nun an auf einer Flucht durch ganz Asien ist, die in dem Aufstand der hawaiianischen Ureinwohner gegen das übermächtige Interspace gipfelt ...
Der zweite Handlungsstrang beginnt 27 Jahre zuvor und schildert das Leben des Straßenjungen Cen, dem eines Tages Kaiulani (ihres Zeichens die letzte Prinzessin Hawaiis - gestorben im 19. Jahrhundert) erscheint und fortan sein Tun bestimmt: Anfangs sammelt er nur alle erdenklichen Informationen über sie, doch als er sich eines tief in ihm ruhenden Genius bewußt wird, beginnt er nach Möglichkeiten zu suchen, ein erneutes Treffen mit ihr herbeizuführen und so Raum und Zeit zu überbrücken - um letzten Endes Kaiulani vor ihrem Schicksal zu bewahren. Seine mathematischen Forschungen rufen auch IS auf den Plan und obwohl er von dessen Kapazitäten Gebrauch machen will, gilt es zu verhindern, daß seine Ergebnisse in die falschen Hände gelangen. Der Balanceakt beginnt ...
Urteil: Ganz nett, mehr aber auch nicht. Auf der einen Seite muß man verstehen, daß Goonan auf die hawaiianische Problematik aufmerksam machen will und den Lesern, primär wahrscheinlich den US-Amerikanern, deren Kultur und Geschichte näherbringen will (wobei angemerkt werden sollte, daß sich auch die Übersetzer um Authentizität bemüht haben) - aber die Story ist doch etwas hanebüchen.
Mich würde wirklich interessieren, wen die Autorin bei ihren Recherchen zu den physikalischen Theorien befragt hat, bzw. ob dies überhaupt geschehen ist. Denn wenn sie davon spricht, daß man mit dem Verständnis des menschlichen Bewußtseins auch die "Weltformel" gewönne, oder daß die "besondere Frequenz [sich] auf die Mikrotubuli im Gehirn auswirkt, und daß sie das Gehirn in einen Quantenzustand versetzt, der nicht mehr mit Materie verschränkt ist" (S. 226), dann bin ich mir nicht im Klaren, ob es sich dabei um für mich zu abstrakte Hard-SF oder oder nur um abstruse Phantastereien handelt.
Davon abgesehen dümpelt die Handlung streckenweise vor sich hin, auch wenn die zweisträngige Handlung für eine gewisse Abwechslung sorgt ... wer sich für die Thematik interessiert, kann also gerne mal reinschauen.
Bewertung: 6 von 10 Punkten