Serie/Zyklus: Gateway Zyklus Band 1 - 3 Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Als Zwölfjähriger begann der Grubenarbeiter Robinette Broadhead seine harte Arbeit in den Nahrungsgruben. Niemand will die Frage ob Kinderarbeit grausam ist wirklich beantworten, wenn die Welt unter einem riesigen Nahrungsproblem leidet. Robinette Broadhead, der unter seinem weiblichen Namen leidet, wo er doch ein Mann ist, gewinnt im Lotto und erhält damit die finanziellen Möglichkeiten, auf den Asteroiden Gateway zu reisen. Dieser verlassene Asteroid auf einer Flugbahn zwischen dem Mars und dem Jupiter wartet mit einer grossen Überraschung auf. Vor Äonen wurde die Venus von Ausserirdischen besiedelt und der Asteroid Gateway von eben diesen Ausserirdischen, die Hitschis genannt werden, zu einer Art Weltraumbahnhof eingerichtet. Wie lange dieser Bahnhof in Betrieb war, mag niemand zu sagen. Seither sind die Hitschis jedoch verschwunden. Niemand weiß, wer sie waren, woher sie kamen oder wohin sie verschwunden sind. Dafür hinterliessen sie in dem ausgehöhlten Asteroiden Gateway hunderte einsatzfähiger Raumschiffe. Das besondere Geheimnis dieser Raumschiffe ist jedoch, sie haben eine ganz besondere Automatik. Der Aufbau und der Einsatzzweck wird von den Menschen jedoch nicht begriffen. Wer mit einem der Raumschiffe startet, verschwindet im Nirgendwo. Und eine Rückholautomatik bringt die Raumschiffe wieder an den Ausgangspunkt zurück. Die Erbauer der Raumschiffe, die Hitschis, mögen es allerdings gefährlich, mehr als ein Raumschiff kam zurück und hatte eine verletzte oder gar tote Besatzung an Bord. Es ist eine Art russisches Roulette mit Raumschiffen, sich mit einem solchen kosmischen Vehikel durch die Weiten des Weltalls zu bewegen. So kommt es durchaus vor, dass eines der Raumschiffe mal in einer Sonnenkorona oder Supernova wiederfindet oder auf der Oberfläche eines Gasplaneten ankommt. Die startenden Raumfahrzeuge kommen mit den seltsamsten Materialien und Artefakten zurück, die die Hitschi hinterliessen. Und wer viel Glück hat, wird dabei sogar sehr reich. Wie bei den Goldgräbern in Alaska, macht sich eine Forscher- und Drang-Phase breit, die ganze Gruppen von Kosmonauten und solchen die es werden wollen, ansteckt. Jeder der die Möglichkeit hat, Geld zu sparen, tut es, um nach Gateway zu gelangen um dort sein Glück mit einem Flug ins Ungewisse herauszufordern. Robinette Broadhead gehört jetzt zu diesen Jägern des verlorenen Glücks. Bei seiner Ankunft auf Gateway hadert er ein wenig mit seinem Schicksal, bevor er sich endlich entschliesst, den letzten und alles entscheidenden Schritt zu tun. Auf Gateway lernt er Klarakennen und beide wagen es mit drei weiteren Abenteurern an Bord eines der Schiffe zu gehen. Der Anreiz für die Prospektoren ist Geld davor rangiert ganz oben auf der Wunschliste der Piloten 'full medical', ein sündhaft teurer Versicherungsstatus, der alle Operationen oder medizinischen Betreuungen garantiert. Für jeden Fund ausserirdischer Materialien verteilt die Betreibergesellschaft Bargeld. Je einzigartiger der Fund ist, desto mehr Geld gibt es dafür.
Robinette schwimmt in Geld. Seine Flüge mit den Raumschiffen haben sich ausgezahlt. Er ist glücklich verheiratet, doch er kann seine düsteren Gedanken nicht abschütteln. Immer wieder bedrängen sie ihn. In dieser Zeit ist eine Familie unterwegs, um eine im Kosmos treibende Nahrungsmittelstation der Hitschis zu bergen und damit der Erde ihr grösstes Probelm zu lösen. Das Problem der Nahrungsmittelknappheit. Die gute alte Mutter Erde hat aber noch ein anderes Problem. Die Menschheit fängt an zu Halluzinieren und dann bricht das Chaos aus. Alle 130 Tage bricht auf der Erde der Wahnsinn aus, und niemand kann erklären warum und wie lange. Manchmal sind es Minuten, dann wieder Stunden, die die Erde lähmt. Ganz langsam klärt sich, was den Wahnsinn auslöst. Es ist der Junge Wan, der auf der Lebensmittelstation lebt und sich in einem angeblichen Kokon ausruht. Mit weiteren Ereignissen ist nicht zu rechnen, denn man überzeugt Wan, den Kokon nicht mehr zu benutzen. Als alle von Bord gehen, muss der Ältesste der Crew an Bord zurückbleiben. Und er setzt diesen Kokon als erpresserisches Hilfsmittel ein.
Robinett Broadhead ist plötzlich sehr angetan von der Idee, zu der Station zu fliegen und kapert kurzerhand ein Raumfahrzeug um dorthin zu fliegen. Wan wird erwachsen und ein richtiges Ekel. Als er die verheiratete Dolly kennenlernt, betört er sie so sehr, dass sie ihren Mann verlässt. Die Wahl war jedoch sehr ungünstig. Der ausgerastetet Wan sucht seinen verschollenen Vater und zieht von schwarzem Loch zu schwarzem Loch, weil er ihn dort vermutet. Seinen Frust, wegen des nicht gefundenen Vaters lässt er an Dolly aus. Statt dessen trifft er auf Klara und rettet sie aus den Klauen eines schwarzen Lochs. Wan rettet sie, die fast 30 Jahre im Ereignishorizont hing, aber rein subjektiv nur ein paar Tage für sie vergingen. Gemeinsam fliegen sie zuerst nach Gateway, doch verlsassen sie den Asteroiden bald wieder. Ziel ein neues schwarzes Loch. Hier lebt eine ausserirdische Lebensform, die das schwarze Loch so beeinflussen wollen, um das Universum in einen Urzustand zurückzuversetzen. Daher treten plötzlich die Hitschis auf, um zu verhindern dass Wan und die lebensfeindliche Spezies einander treffen.
Gerade der Weg ins Unbekannte ist es, der diese Trilogie zu einem grossen Erfolg werden liess. Einsteigen und irgendwohin. Und hier weiss der Leser so viel, wie der Abenteurer, der gerade sein Leben wagt, wie auch der Autor, der sich von der Eigendynamik seiner Geschichte weitertragenlässt und während des Schreibens sein Ziel ändert. Ich weiss nicht ob und wie oft Frederik Pohl seiner Geschichte eine neue Richtung gab. Aber egal welche, es war die richtige Richtung. Er beweist einmal mehr, dass eine Space Opera, die zumindest im Kleinen, in Deutschland wieder gefragter ist, ohne feindliche Monster und gigantische Raumschlachten auskommen kann. Die Gateway-Trilogie zeichnet sich durch seine rückblickende Erzählweise aus. Denn Robinette Broadhead ist bereits von seinem Abenteuer zurückgekehrt und liegt bei einem robotischen Therapeuten auf der Couch. Sein schlechtes Gewissen verlangt nach einer Erleichterung und wer anders als eine Seelenlose Maschine namens Siegfried, eignet sich besser als Zuhörer. Im heutigen Deutschland des Jahres 2004 würde man sich eine Handyattrappe kaufen und in Seelenruhe Selbstgespräche führen. Robinette Broadhead hatte anscheinden viel Glück mit seinen Reisen. Doch erst im Laufe der Erzählung wird klar, was der Held der Geschichte aufgeben musste, um diesen Reichtum zu erlangen. Gateway ist ein lesenswertes Buch und ein echter Klassiker spannender Science Fiction-Literatur. Mir liegt ein spannender Roman vor, dessen eintönige Bleiwüste für das Auge immer wieder überraschend von Pseudodokumenten wie Kleinanzeigen, Artikeln, Fragen und Gegenfragen unterbrochen wird. Durch die abwechslungsreichen Texte erhält die Leserschaft einen guten Einblick in die Gesellschaft Gateways. Der Weltraumbahnhof besticht durch seine Lebendigkeit. Die originelle Geschichte zog die Leser geradezu in seinem Bann.
Während ‚Gateway’ noch ein sehr guter, unterhaltsamer und spannender Roman war, lässt ‚Jenseits des blauen Horizonts’ vieles vermissen. Hier stimme ich einer Buchbesprechung zu, die Peter Heller 1984 veröffentlichte. Er ist der Meinung, dass hier die Spannung sehr zu wünschen übrig lässt. Frederik Pohl hat zwar eine interessante Fortsetzung geschrieben, aber nicht wirklich gut. Die Überarbeitung nimmt einiges weg, kann aber nicht alles ausbügeln. Im zweiten Band, wie auch im dritten Band ‚Rückkehr nach Gateway’, lässt Frederik Pohl in seiner Erzählung etwas vom Elan der ersten Erzählung vermissen. Es ist nicht nur eine einfache Fortsetzung, sondern eine recht gelungene, wenn auch mit Schwächen versehene Fortsetzung. Allerdings wird hier endlich die Handlung um Klara und Robinette Broadhead weitergeführt. In ‚Rückkehr nach Gateway’ erfährt der Leser wenigstens wieder Neues über die Geheimnisse der Hitschi. Der amerikanische Autor reichert den Roman um interessante Einschübe an. Die Gespräche zwischen Robinette Broadhead und seinem Computerprogramm wirken einerseits recht amüsant, wegen ihrer Länge aber nicht immer angebracht. Die Handlung und die Charaktere sind derart überzeugend beschrieben, dass das Buch heute noch, nach dreissig Jahren, modern ist.
In englischer Sprache erschienen noch:
the annals of the heechee 1987
the gateway trip, tales and vignettes of the heechee 1990.
Gateway - Rezensionsübersicht
Jenseits des blauen Horizonts - Rezensionsübersicht
Rückkehr nach Gateway - Rezensionsübersicht
Eine Übersicht der Trilogie gibt es auf der Autorenseite.
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