Titel: Die fünf Leben der Daisy West Eine Rezension von Doreen Below |
Klappentext:
Daisy ist fünfzehn – und schon mehr als ein Mal gestorben. Sie lebt waghalsig, denn sie weiß, dass es Revive gibt, ein Medikament, das ins Leben zurückhilft, wenn alle anderen Mittel versagt haben. Da diese Medizin hochgeheim ist, muss Daisy nach jedem Tod eine neue Identität annehmen und an einen anderen Ort ziehen. Bisher hat sie daher meist isoliert und ohne enge Freunde gelebt. Aber dann findet sie an ihrer neuen Schule nicht nur völlig unverhofft eine beste Freundin, sondern verliebt sich auch noch Hals über Kopf. Zum ersten Mal lässt Daisy sich wirklich auf das Leben ein. Da entdeckt Daisy, dass sie Teil eines großen Experiments ist. God, der zwielichtige Leiter des Revive-Programms, hat viele Menschen auf skrupellose Weise rekrutiert und behandelt sie wie Versuchskaninchen. Daisy begehrt auf. Und setzt damit ernsthaft und unwiederbringlich ihr Leben aufs Spiel...
Meine Meinung:
Wer würde nicht gerne einmal GOTT spielen und eine Waffe gegen einen Feind in den Händen halten, der eines Tages doch an jede Türe klopft? In "Die fünf Leben der Daisy West" wird das Unmögliche plötzlich möglich. Mit einem Medikament namens Revive lässt es sich dem Tod nämlich von der Schippe springen - unter bestimmten Voraussetzungen! Eigentlich eine faszinierende Vorstellung, die von der Jugendbuchautorin Cat Patrick auf eine teils einfühlsame, teils spannende, aber auch höchst unlogische Weise zum Ausdruck gebracht wird. Somit blieb mir am Ende eine durchaus unterhaltsame wie romantisch unterlegte Nahtoderfahrung, die reichlich Erklärungsbedarf hinterlässt. Gott, was hast du dir nur dabei gedacht?
Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass es sich hierbei um eine Art Dystopie handelt, so zumindest mein Gedanke. Umso überraschter war ich, mich in der Gegenwart wiederzufinden. Bereits auf der ersten Seite wird es interessant, wenn die 15-jährige Daisy an einem gewöhnlichen Schultag das Zeitliche segnet, um kurz darauf putzmunter durch Omaha/Nebraska zu spazieren. Seit einem tödlichen Unfall in Kindertagen nimmt sie nämlich an einem Versuchsprogramm teil, das von einem gewissen Gott, dem Erfinder des Revive-Medikaments, ins Leben gerufen wurde. Da wundert es kaum, dass Daisy eine etwas verdrehte Einstellung zum Tod hat. Kaum hört ihr Herz auf zu schlagen, rücken ihre Eltern - eigentlich sind es unverliebte Regierungsagenten - an und beleben sie mit dem STRIKT geheimen Medikament wieder. Somit heißt ein weiterer Tod gleich ein neues Leben, ein neuer Nachname, eine neue Stadt. Zusammengefasst: eine neue Identität.
Rasch befindet man sich also in einer neuen Umgebung und für Daisy heißt es; alles auf Anfang. Da passt es ja super, dass die intelligente wie bloggende Außenseiterin gleich am ersten Schultag auf die bewundernswerte Audrey trifft, durch die sie sich sofort Willkommen fühlt. Ob das nun realistisch ist oder nicht, muss wohl jeder für sich selbst entscheiden. Fakt ist: auf den circa 300 Seiten wird keine Zeit verschwendet. Demgemäß entwickelt Daisy bald tiefe Gefühle für einen Mitschüler namens Matt, der selbstverständlich UMWERFEND aussieht, was sie in ihren Gedanken (Ich-Perspektive) oft und gerne erwähnt. In diesem Punkt fühlt man sich sofort an zahlreiche Phantastik-Jugendromane erinnert.
Daisy & Matt verlieben sich natürlich ineinander und alles wird gut. Naja, nicht ganz! Denn bald kommt eine Wendung zum Tragen, mit der ich persönlich nicht gerechnet habe und die wiederum einige Gewissenskonflikte wie berührende Momente mit sich bringt. Plötzlich geht es nicht nur um jugendliche Hormone, sondern auch um den Wert des Lebens. Es wird bewusst dargestellt, dass nicht alles so ist, wie es auf den ersten Blick scheint und das Leben nicht immer fair spielt. Außerdem werden einige Enthüllungen zu Tage gefördert, die Daisy´s erste Berührung mit Revive einschließen. Der Schulbus auf dem Cover passt da wunderbar.
Das alles wird durchaus spannend, flüssig und berührend in Szene gesetzt, was sich wiederum positiv auf die Persönlichkeiten von Daisy, Audrey & Matt auswirkt, die mir eingangs ziemlich eintönig - gewöhnlich Stereotyp - erschienen. Doch, endlich steht nicht mehr die Lovestory im Vordergrund, vielmehr wird es tragisch und die Handlung mit Thriller-Elementen aufgewertet, indes der Feind die Fäden im Hintergrund spinnt. Also alles wunderbar!? Ja, gäbe es da nicht diese eine Sache, die mir bereits in Cat Patricks Debütroman "Forgotten" negativ auffiel: die Jugendbuchautorin konnte mir das UNGLAUBLICHE leider nicht glaubwürdig vermitteln. Denn, was die Umsetzung des geheimen Revive-Programmes und einen gewissen Antagonist betrifft, befindet man sich bald metertief in einer Baustelle. Der kreative Weltenarchitekt hat da wohl vergessen wichtige Bestandteile mit einzuzeichnen oder die Bauarbeiter haben sie schlichtweg übersehen. Demzufolge bringen etliche Ungereimtheiten die Fassade langsam zum Bröckeln, was das gesamte Konstrukt schließlich in Frage stellt.
Erstens: Was verbirgt sich hinter Revive genau? Die Autorin geht zwar auf die Testreihe ein, jedoch äußerst schleierhaft. Es wird einfach behauptet, dass es funktioniert, vorstellen konnte ich mir unter dem gesamten Projekt jedoch weniger. Zweitens: warum zum Teufel hat der Antagonist, dessen Name an dieser Stelle geheim bleiben soll, diesen ganzen Unsinn veranstaltet? Worin lag sein Interesse Daisy betreffend? Und wer ist ER überhaupt? Seine wahre Identität & Motivation gingen schlussendlich genauso in einer Teergrube aus Fragen verschollen, wie allerhand weitere zu füllende Lücken in Bezug auf Daisy´s fünf äußerst kurze Leben, ihre nicht ganz uninteressanten Agenteneltern, eine frühere Mitschülerin, und, und und... Alles Fragen, deren SINNVOLLE Antworten Cat Patrick einem nach dem Wörtchen ENDE schuldig bleibt. Für einen scheinbaren Einzelband eine mehr als frustrierende Angelegenheit. So nicht!
Kurz gesagt:
Hier geht es nicht nur um eine seichte Liebesgeschichte, sondern um weit mehr! Trotzdessen bleibt zu sagen: was mit einer erfrischenden wie unverbrauchten Idee zum Teil gut unterhält, entwickelt sich langsam in ein großes FRAGEZEICHEN. "Die fünf Leben der Daisy West" ließ mich somit ebenso Schulterzuckend zurück wie einst Cat Patricks Debütroman "Forgotten". Für einen netten, durchschnittlichen Phantastik-(Jugend-)Roman, inklusive spannender, berührender & unlogischer Begebenheiten, reichte es für mich dennoch. Lesen auf eigene Gefahr!