Serie: ~ Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Sieben Jahre ist es her, seit Dirk t'Larien von Guinever (kurz Gwen genannt) Delvano zuletzt gehört hatte. Eine kurze Trennung wurde zur festen Trennung für die Liebenden, als Gwen Dirks Bitte, zu ihm zurückzukommen unbeantwortet ließ. Doch dann reagiert das Flüsterjuwel und Dirk erinnert sich an das Versprechen, Gwen beizustehen, wenn sie ihn braucht. Nach kurzem Zögern reist Dirk nach Worlon, einer Welt, die losgelöst von einem Sonnensystem in Zyklen von Äonen um eine einzigartige Sonnenkonstellation kreist und dann für einen Zeitraum von mehreren Jahren temporär bewohnbar wird. Als Dirk ankommt, steuert Worlon dem Ende des Zykus zu und die Welt beginnt sich bereit zu machen für einen Äonen langen Schlaf. Die 14 Städte, die von 14 Kulturen der Galaxis errichteten wurden, sind nach dem "Festival" weitestgehend verlassen und der Schleiher des Todes umfasst die ganze Welt. Nach und nach stirbt die Fauna und Flora, die auf der Welt in der kurzen Zeit angesiedelt wurden. Die Welt verblüht wie eine Blume.
Auf Worlon angekommen erwartet Dirk eine böse Überraschung. Gwen lebt mit Jaan Vikary, einem Kavalaren und dessen Waffenbruder (die Kalvalaren sprechen von Teyn) zusammen. Gwen zeigt zunächst nur wenig Interesse daran, wieder mit Dirk eine Beziehung einzugehen. Ehe er die Aussprache mit ihr beenden und sie fragen kann, warum sie ihn überhaupt gerufen hat, eskalieren die Ereignisse.
Durch eine unvorsichtige Tat beleidigt Dirk einen Kavalaren Clan und wird überwältigt. Die Clan stellt Jaan Vikary zur Rede, der Dirk seinerseits Clanschutz gewährt. Dirk, der erst beginnt, den kriegerischen Ehrenkodex der Kavalaren zu verstehen, wird, ehe er es sich versieht, zum Duell gefordert. Der Streit der daraus entwächst führt dazu, dass sich Jaan Vikary und sein Teyn Garse sich ebenfalls einem Duell mit dem Clan stellen müssen. Im Gespräche mit Gwen entscheiden Dirk und sie, nicht zum Duell zu erscheinen, das für den folgenden Morgen angesetzt war, sondern sich zu verstecken und still zu halten, bis ein Raumflug von Worlon weggeht. Doch damit macht Dirk sich zum Freiwild und er wird von allen Kavalaren als ehrelos gejagt. Noch weiss Dirk nicht, welche verhängnisvolle Kette von Ereignissen er damit angestoßen hat.
The Dying of Light, so der Orginaltitel, ist eine sehr zweideutige Bezeichung von Georg R. R. Martins ersten Roman. Zum einen bezieht sich der Titel auf die Welt Worlon, die langsam aber sicher dem Licht der Sonnenkonstellation entschwindet. Zum anderen bezieht sich der Titel auf die Geschehnisse der Welt. Die Eskalation der Gewalt und das scheitern aller Protagonisten kann ebenso in Bezug zum Titel gesetzt werden. Und Martin spielt noch mehr mit Symbolik: Nicht von ungefähr gibt er Gwen den Namen Guinever. Die berühmteste Trägerin dieses Namens war die Ehrefrau König Arthurs, die mit ihrer Liebe zu Ritter Lancelot das gesamte Königreich in den Grundfesten erschütterte. Auch in diesem Roman fühlt sich eine Frau zu zwei Männern hingezogen und löst in ihrer Unfähigkeit, klar Stellung zu beziehen, eine gewaltige Krise aus. Allerdings ergänzte Martin noch die Dreiecksbeziehung mit Jaans Teyn Garse, der die ganze Sachlage noch mehr kompliziert.
Die Beschreibungen der Kavalaren ist sehr durchdacht und Martin schafft eine komplexe Kultur, die in sich ein sehr stimmiges Bild abgibt. Allerdings geschah mit diesem Roman etwas, was nur allzu oft in der SF passiert: Eine wegweisende Idee wird aufgegriffen, ausgebaut und ergänzt. Spätere Werke mit ähnlichem Thema, wie z. B. Lois McMaster Bujolds Barrayar oder C. J. Cherryhs Atevi Zyklus, schlagen dieses Werk. Auch in diesen Zyklen geht es um kriegerische Völker mit einem Ehrenkodex und detailiert beschriebenen Kulturen. Doch diese Romane sind flotter und unterhaltsamer geschrieben.
Die Flamme erlischt hat im ersten Drittel schon einige Längen und ich musste mich zwingen, weiterzulesen. Erst ab der Mitte kommt der Roman in Fahrt und reisst den Leser mit. Handwerklich hat Martin, der zuvor nur mit Kurzgeschichten auf sich aufmerksam gemacht hatte, saubere Arbeit abgeliefert. Doch in Hinblick auf Spannungsbogen und Entwicklung der Personen und deren Beziehungen untereinander weist der Roman deutliche Schwächen auf. George R. R. Martin war damals noch von der schriftstellerischen Meisterschaft entfernt, die er in dem Fantasy Zyklus Song of Ice and Fire so eindruckvoll präsentierte und Maßstäbe im Genre setzte.
6 von 10 Punkten.
Die Flamme erlischt - Rezension von Jürgen Veith