Serie / Zyklus: ~ Besprechung / Rezension von Andreas Nordiek |
Mit dem vorliegenden Roman hat Connie Willis nicht nur den Hugo Gernsback Award den Locus Award gewonnen, sondern wurde auch mit dem Kurd Lasswitz Preis in der Kategorie "Bestes ausländisches Werk 2001" ausgezeichnet. Wobei natürlich der letztgenannte Preis lediglich von nationaler "Bedeutung" ist und sich bei weiten nicht so in klingender Münze umwandeln lässt wie ein Hugo oder Locus Award.
Immerhin trugen diese beiden Preis dazu bei, dass ich mir den Roman aus meinem reichlich gefüllten Bücherregal genommen und gelesen habe. Eine Lektüre, die ich keineswegs bereut habe.
Ausgangspunkt des Romans ist Oxford im Jahre 2058. Eine überaus geschäftstüchtige, mit reichlich Geldmitteln ausgestattete Dame hat sich in den Kopf gesetzt die Kathedrale von Coventry wieder aufzubauen und dies so originalgetreu wie möglich. Hilfreich hierbei erweist sich eine durch die Universität Oxford betriebene Zeitmaschine mittels der Wissenschaftler aller Couleur in die Vergangenheit gesandt werden. Hier sollen sie, natürlich ohne das grazile Gleichgewicht der Zeit durcheinander zu wirbeln, jeweils bestimmte Informationen sammeln, die im Verlaufe der letzten Jahrzehnte verlorengegangen sind.
Überaus hilfreich für die Zeitreisenden ist die Tatsache, dass sie keinerlei gravierende Veränderungen der Vergangenheit durchführen können, da sich die Zeit selbst repariert. Weiterhin können Gegenstände aus der Vergangenheit nicht mit in die Zukunft genommen werden. Besonders letzter Schutzmechanismus der Zeit hat eine wirtschaftliche Verwertbarkeit von Zeitreisen schnell einen Riegel vorgeschoben, so dass eigentlich nur noch Wissenschaftler sich für Zeitreisen interessieren, um so z. B. unmittelbar an großen Ereignissen der Vergangenheit teilhaben zu können.
Eines Tages geschieht dann das völlig unmögliche: eine Katze aus der Vergangenheit wird von einer Wissenschaftlerin vor dem Ertrinken gerettet und mit in deren Gegenwart genommen. Fast panikartig wird diese Katze einem der Wissenschaftler gegeben, der sie bei einer Zeitreise umgehend wieder zu ihrem Frauchen bringen soll.
Den Reiz des Romans beruht von meiner Warte her auf zwei wesentliche Dinge. Da ist zum einen der Humor mit dem die Autorin arbeitet. Allein schon die Darstellung der Wissenschaftler und ihren hilflosen Versuchen aus den Fängen ihrer Auftraggeberin zu entkommen, die sie mit immer neuen und abstruseren Wünschen überhäuft, läßt einem schon zu Beginn manches mal schmunzeln.
Zum anderen ist es die Darstellung des spätviktorianischen Englands im Jahre 1888, das ebenso übertrieben wirkt und mit all den uns bekannten Klischees behaftet ist. Die Autorin schildert eine heile Welt, die es bereits damals nicht mehr gegeben haben dürfte. Eine Welt, in der die Themse als ein ruhig dahinfliesender Fluss ist, voller Romantik, und in der die besser begüterten Menschen so weltfremd und lebensunfähig wirken, wie man es sich als Leser von englischen Aristokraten vorgestellt hat. Eine Welt, die bereits in einer Geschichte von Jerome K. ("Three Men in a Boat - To Say Nothing of the Dog"), die gleichfalls den Untertitel für Willis Roman lieferte, schon verklärt dargestellt wurde.
Obwohl die Handlung des Roman relativ belanglos und die eigentliche Zeitreiseschiene zumeist weit im Hintergrund angesiedelt ist, versteht es Connie Willis ihre Leser zu unterhalten und so zu fesseln, dass ich diesen Roman fast komplett an einem Wochenende gelesen habe. Für mich verdeutlicht Die Farben der Zeit einmal mehr, dass Zeitreiseromane immer wieder lesenswert sind.