Serie / Zyklus: H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens, Band 14 Besprechung / Rezension von Andreas Nordiek |
Michael Shea gehört hierzulande zu den Autoren, die im Laufe der letzten Jahrzehnte kaum übersetzt wurden, obwohl sie in den USA sehr bekannt waren und es teilweise noch sind. Der Debütroman dieses Autors erschien 1974 und es folgten sowohl Romane wie auch Kurzgeschichten. Dabei liegt Sheas Bekanntheitsgrad mehr im Fantasy-Gene. Hierzulande sind Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre einige seiner Romane in Übersetzung verlegt worden. Kurzgeschichten finden sich immer mal wieder in den unterschiedlichsten Anthologien wieder. So zuletzt in Spur der Schatten herausgegeben von Jim Turner und erschienen als Taschenbuch bei Bastei-Lübbe.
Für seine Fantasy-Romane hat er bereits den Fantasy Award erhalten. Wann und für welchen Roman dies geschah, darüber schweigt sich der kurze Text zu Leben und Werk des Autors aus. Allein aufgrund der relativen Unbekanntheit Michael Sheas hierzulande, hätte ich ein wenig Hintergrundinformationen erwartet. Leider findet sich in diesem Buch nichts dergleichen, obwohl es meines Erachtens dem Kleinverlag gut zu Gesicht gestanden und den selbst gesteckten Ansprüchen der Reihe entsprochen hätte.
Der vorliegende Kurzroman führt die Ereignisse aus Lovecrafts Kurzgeschichte "The Colour out of Time" weiter. Er spielt an einem etwas versteckt gelegenen Stausee, dessen Campingplatz sich regen Zuspruchs erfreut. Auch zwei ältere Professoren erholen sich an seinen Ufern und befahren ihn mit ihrem Boot.
Während die meisten Autoren ihre Geschichte langsam ausbreiten und erst einmal eine "heileWelt"-Stimmung versuchen zu erzeugen, kommt Michael Shea gleich zu Beginn bereits zum springenden Punkt. Der Leser findet sich gleich auf der ersten Seite mit dem dunklen Geheimnis des Stausees konfrontiert. Als Rückschau werden die nachfolgenden Geschehnisse von einem der beiden alten Männer geschildert.
Diese scheinen als einzige die dunkle Seite des Sees wahrzunehmen. Als erstes fällt ihnen eine Farbveränderung des Wassers ins Auge. Hinzu gesellt sich eine veränderte Vegetation. Tiere und Pflanzen scheinen mutiert zu sein. Bäume, die sich um sich selbst zu winden scheinen und Tiere, die anormal groß gewachsen sind.
Als sie ihrer Beobachtungen den beiden Waldhütern, die ebenfalls für den Campingplatz verantwortlich sind, mitteilen wollen, stellen sie bei beiden nicht nur eine seelische, sondern auch eine körperliche Veränderung fest. Irgendetwas läst die beiden krank erscheinen, saugt scheinbar das Leben aus ihnen heraus.
Die nachfolgenden Geschehnisse sind in bester Tradition Lovecrafts verfaßt. Die beiden Helden versuchen vergeblich ihre Umwelt auf die Veränderungen aufmerksam zu machen. Das Böse, welches immer mehr zu Tage tritt, weiß sich zu verbergen und zu tarnen. Nur noch eine alte Dame, die als kleines Kind schon einmal mit dem Bösen konfrontiert wurde, zu einer Zeit als der Staudamm noch nicht einige Farmen unter sich begrub, steht ihnen zur Seite.
Der Kurzroman bietet alles, was das Werk Lovecrafts ausgemacht hat. Tentakelschwingende Ungeheuer, ausgezerrte Menschen, eine ungläubige Umgebung usw.. Die Farbe aus der Zeit ist wirklich in der Tradition Lovecrafts verfaßt und verfügt über viele seiner Versatzstücke. Leider kann es nicht mit der erzählerischen Tiefe vieler Kurzgeschichten Lovecrafts mithalten.
Die Handlung an sich ist zu vorhersehbar und das Grauen ist in Wirklichkeit keines mehr. Dafür lehnt sich Shea zu sehr an sein Vorbild an, ohne dabei etwas eigenständiges zu entwickeln. Er spinnt lediglich eine von Lovecrafts Kurzgeschichten fort, indem er 50 Jahre später das Grauen an die Oberfläche kommen läst. Zu wenig, um einen eigenständigen Roman zu verfassen.
So zählt Die Farbe aus der Zeit eindeutig zu den schwächeren Titeln der Reihe. Leider erfährt der Leser nicht, was Shea zum Schreiben dieses Romans bewogen hat. Er wirkt auf mich wie ein Werk, welches des reinen Geldes wegen die Ideen eines bekannten und immer noch verkaufsträchtigen Schriftstellers adaptiert und deswegen in der Mittelmässigkeit stecken geblieben ist.
H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens
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