Zyklus: Sturm des Chaos 2 Eine Besprechung / Rezension von Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Bei der Zusammenfassung des Inhalts will ich dieses eine Mal Gnade vor Vollständigkeit ergehen lassen und mich - der Qualität des Textes angemessen - kurz halten.
Weil sich die Chaos-Barbaren unter Führung Cyenwulfs weiterhin in den Bergen sammeln und die Nordlande unsicher machen, platzt Kislev mittlerweile vor Flüchtlingen aus allen Nähten.
Während an jeder Straßenecke Hunger und Elend das Bild der Stadt prägen, erwacht in der Kanalisation eine weitere Gefahr: Skaven! Mit ihrer Hilfe gelingt es einer Verräterin aus Kaspar von Feltens Umfeld, Seuchen in die ohnehin gebeutelte Stadt einzuschleppen.
Als sei die politische Lage nicht schon kompliziert genug, plagen den Botschafter darüber hinaus auch private Sorgen: Seine geliebte Anastasia zeigt ein auffälliges Interesse an der Hinrichtung des Gefangenen Kajetan; sein alter Freund, Pavel Korowitsch, hütet ein dunkles Geheimnis und der verbrecherische Tschekatilo versucht von Felten zu erpressen.
Um mit dem Erfreulichen zu beginnen: "Die Fänge des Bären" ist tatsächlich etwas unterhaltsamer als der erste "Sturm des Chaos"-Band. Nun zum Unerfreulichen: Auch der zweite Teil wird dem Leser allenfalls als "Sturm im Wodkaglas" in Erinnerung bleiben.
Die positive Steigerung ist zum einen auf eine deutlichere Verbindung zum Warhammer-Fantasy-Battle-Hintergrund zurückzuführen: Skaven wuseln durch die Kanalisation, ein Dämonenanbeter darf schwarze Pampe kotzen, irgendein uralter Gott stiefelt durch die Berge und die Eiskönigin zaubert, dass dem Leser die Ohren schlackern. Zum Zweiten gutmenschelt Kaspar von Felten zwar noch immer durch Kislev, hat ein offenes Ohr für Witwen und Waisen, ist politisch korrekt und - selbstredend - potent wie ein zwangsjähriger Lustsklave, jedoch fehlt diesmal dem Ganzen die unerträgliche Penetranz, da der Autor zu viele (Neben-)Kriegsschauplätze eröffnet, um dem Leser mit der Heiligkeit von Feltens auf jeder zweiten Seite den Spaß zu verderben..
Damit wären wir auch schon bei den negativen Aspekten. Bis auf Kaspar, dem sein kaisertreues Gutmenschentum Motivation genug liefert, fehlt es sämtlichen anderen Protagonisten an plausiblen und nachvollziehbaren Beweggründen, so dass ihr Handeln in toto wahlweise dumm, irrational oder total durchgeknallt erscheint: Cyenwulf entspricht dem typischen Chaos-Barbaren-Klischee "böse, bärbeißig, blöd", was dem Autor als Begründung völlig ausreicht; Anastasia darf als Entschuldigung für ihr tragbares schwarzes Loch noch irgendetwas von ihren "letzten Tagen" faseln, bevor sie dann in die ewigen Jagdgründe eingeht; Tschekatilo mangelt es in Kislev hingegen an gesellschaftlicher Anerkennung seiner Verbrechen (oder so ähnlich) und der vollkommen irre Kajetan ist sowieso jenseits von Gut, Böse und jeglichen Rechtfertigungsbedarfs. Und diese Motivations-/Erklärungslage betrifft nur die Hauptcharaktere; wie es mit den Nebenfiguren - z.B. den Skaven, Losov u.a. - aussieht, mag sich jeder selbst ausmalen: nichts, rien, nada, nothing, niets, niente.
Mir ist bewusst, dass man von solchen Büchern nicht allzu viel Tiefe erwarten darf, aber was McNeill hier an Charakterskizzen abliefert, ist selbst für Warhammer-Roman-Verhältnisse weniger als dürftig, um nicht zu sagen: notdürftig.
Die Oberflächlichkeit im Umgang mit den Figuren spiegelt sich ebenfalls in der Ausarbeitung und Einbindung der äußeren Umstände wider. So dient beispielsweise die Beschreibung des Flüchtlingselends zu Beginn des Romans lediglich dazu, von Feltens Gutmenschlichkeit zu reflektieren; für den und im Verlauf der weiteren Handlung spielt dieses Problem dann keine bestimmende Rolle mehr. Auch die Mensch-Drache-Chimäre, jenes geheimnisvolle "alte Wesen von Anbeginn der Zeiten", welches mit großem Tamtam von McNeill eingeführt wurde, erweist sich als lächerlicher Popanz: In der entscheidenden Schlacht darf es ein oder zwei imperiale Regimenter plätten und - puff - das war’s. Ich könnte jetzt weitere Beispiele durchdeklinieren, aber dieses Buch ist nicht der Mühe wert.
Es wäre schön gewesen, wenn der Autor mit dem gleichen Sinn fürs Detail, der in der an einen "WhiteDwarf"-Spielbericht erinnernden, knapp 40-seitigen Schlachtenbeschreibung erkennbar wird, auch den Rest des Romans in Szene gesetzt hätte, denn da die Handlung sehr gradlinig und vorhersehbar ist, keine Überraschungen oder Plot Twists bereithält, fällt McNeills vordergründige, atmosphärisch unbefriedigende Darstellung unwillkürlich stärker negativ ins Gewicht, als es bei einer spannenden, dichten Geschichte der Fall wäre.
Fazit: Warhammer-Bücher-Sammler können getrost zugreifen, denn sie müssen diesen drögen Kriminal-Fantasy-Mix nicht lesen, um zufrieden grunzen zu können. Menschen, denen der Inhalt eines Romans wichtiger ist als der Status ihres Bücherregals, sollten, statt zu kaufen, lieber zweimal herzhaft gähnen: Das ist billiger und kommt aufs Gleiche raus.
Hier geht's zur Rezension von Erik Schreiber