Serie / Zyklus: ~ Titel: Die ersten ihrer Art Originaltitel: More Than Human (1952) Autor: Theodore Sturgeon Übersetzung: ~ Verlag / Buchdaten: Ariadne Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Ein Band verbindet den Idioten Lein, das Mädchen Jamie, die schwarzen Zwillinge Bonnie und Beanie und einen mongoliden Säugling. Irgendwie zieht es alle zueinander, denn alle haben eines gemein: Sie sind PSI begabt und leben am Rande der Gesellschaft. Während Lein ein Telepath ist, können die Zwillinge teleportieren und Jamie letztlich ist Telekinetin. Aber erst das Baby, das Lein von einem dem Wahnsinn verfallenen Farmer bekommt, wird zum Bindeglied der "Homo Superior". Wie ein Computer kann es alle Fragen beantworten.
Mit Hilfe von des Babys, von allen einfach nur Baby genannt, bilden sie zusammen eine Symbiose und stellen fast als Gesamtheit einen neuen Organismus dar, Sturgeon spricht hier von "Homo Gestalt", dem nichts unmöglich scheint.
Kurz nachdem Lein den Ausreisser Gerry zu der Gruppe gebracht hat, stirbt er und lässt die Gruppe in eine ungewisse Zukunft blicken.
Der Roman ist ganz ohne Zweifel ein Meisterwerk der SF. Obwohl das Werk schon über 50 Jahre alt ist, wirkt es über weite Strecken sehr locker und frisch geschrieben. Sturgeon verfügte über eine sehr klaren, aber auch anspruchsvollen Schreibstil und bringt die Geschichte über die Mutanten routiniert zu Papier. In Hinblick auf PSI hat der Autor Pionierarbeit geleistet und dass sich das Buch auch noch heute sehr flüssig liest, zeigt wie gut er seine Arbeit damals gemacht hatte.
Der Roman gliedert sich in drei Kurzromane. Im ersten erfährt man, wie Lein und die anderen sich treffen und zueinander finden. Im zweiten Teil, aus Sicht von Gerry erzählt, erfährt man, wie Gerrys Leben nach einem Unfall, der Lein das Leben kostet, vollkommen aus der Bahn gerät.
Geschickt werden die Ereignisse rückwirkend während einer Sitzung bei einem Psychiater erzählt (ein Idee, die Frederik Pohl im Roman Gateway aufgriff). Nach und nach werden die Ereignisse beleuchtet. Genau wie der erste Teil ist auch Teil zwei sehr gelungen und spannend verfasst. Teil drei zuguterletzt fällt hinter seinen Vorgängern zurück. Sturgeon kann nicht mehr so überzeugen und es gelingt dem Autoren nicht, die Geschichte mit neuen Aspekten zu bereichern. Hauptperson ist nun Hip Barrows. Sein Leben nahm eine gewaltige Wendung ins negative als Gerry ihn täuscht und ein Verbrechen auf ihn zurückfällt. Von einem Zwang beseelt versucht Hip herauszufinden, was genau vorgefallen ist ohne zu wissen warum. Es ist Janie, die ihn aufliest und ihm die entscheidenden Hinweise gibt. Janie selbst hat sich vom Homo Gestalt Verbund gelöst und versteckt sich ihrerseits vor Gerry und den anderen.
Auch wenn der dritte Teil ein wenig hinter dem Rest des Buchs zurückbleibt, so ist das Werk dennoch sehr faszinierend. Sturgeon kann wohl als geistiger Vater von Xavier und den X-Men bezeichnet werden. Amerikas erfolgreichste Comicserie beschäftigt sich mit Mutanten, ihrer Stellung zu den Menschen und den Gefahren, die ihre Kräfte mit sich bringen. Die Schöpfer der Reihe - Stan Lee und Jack Kirby - haben sich eindeutig von diesem Buch inspirieren lassen.
Interessant ist die Verwendung des Begriffs "Gestalt" in dem Buch. Im Bezug auf PSI Fähigkeiten taucht dieses Wort immer wieder in US Büchern auf, auch wenn die Bedeutung des Wortes eine andere zu sein scheint als im Deutschen. Ich habe so den Eindruck, im Original wird dieser Begriff nur auf ein geistiges Abbild bezieht. So täten die Übersetzter besser daran, den Begriff mit "Abbild" zu übersetzen.
Der Argument Verlag hat den Roman, der 1953 mit dem World Fantasy Award ausgezeichnet wurde, unter neuem Titel 2002 neu aufgelegt und dies erstmals ungekürzt. Der Roman ist zuvor unter den Titeln Die neue Macht der Welt und Baby ist drei (dies war der Titel des mittleren Abschnitts) aufgelegt. Aber letztendlich wird kein Titel dem Original Text More than Human gerecht. Aber mit Die ersten ihrer Art kann ich leben.
Fazit: Die ersten ihrer Art ist ein bizarrer Roman, in dem Sturgeon sich gekonnt mit möglichen geistigen Fähigkeiten von Menschen befasst. Er geht jedoch einen Schritt weiter und betritt mit seinem "Homo Gestalt" Neuland der SF. Paranormale Menschen sind keine mordenden Monster sondern fühlende Wesen, die ihren Weg suchen.
Im dritten Teil des Buchs bleibt Theodore Sturgeon hinter seinen Möglichkeiten zurück, aber Anbetracht der hohen Qualität der ersten beiden Abschnitte kann ich diesem zeitlosen Buch 8 von 10 Punkten geben.
Die ersten ihrer Art - Rezension von Andreas Muegge
Eine Übersicht der Serie gibt es auf der Autorenseite
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