Serie / Zyklus: ~ Eine Besprechung / Rezension von Andreas Muegge |
Durch Zufall wird eine Möglichkeit entdeckt, innerhalb eines mehrere Lichtjahre großen Bereiches sofort zu einem beliebigen Punkt zu reisen. Wie genau der Slingshot-Effekt funktioniert, bleibt unklar, aber er funktioniert. Je nach Energiemenge kann eine mehr oder weniger lange Zeitspanne an dem Ort verblieben werden, bevor man genauso plötzlich wieder zurückgeholt wird.
Tamer (dt. Zähmer) Teams werden ausgebildet, um mit Hilfe dieser Technologie neue Planeten zu erkunden. Das Ganze ist alles andere als ungefährlich (die Überlebensrate liegt bei knapp 50%), hat aber selbstverständlich einen großen Reiz. Jacque Lefavre ist ein Tamer und er ist dabei, als die titelgebenden Mindbridges entdeckt werden, kleine Wesen, mit deren Hilfe man bei Berührung die Gedanken seines Gegenüber verstehen kann. Diese Beobachtung wird im letzten Drittel eine große Rolle spielen ...
Joe Haldeman hat einen intelligenten Roman geschrieben. Eines der spannendsten Themen in der SF steht im Mittelpunkt: die Erkundung fremder Planeten. Ähnlich wie bei Gateway lauern überall Gefahren, und beide Romane werden ergänzt durch Mitschnitte, Logeinträge, Protokolle, Berichte u. ä. Mich würde interessieren, ob Haldeman von Pohl gewusst hat oder umgekehrt; die Bücher sind im Abstand von gerade mal einem Jahr erschienen und weisen im Aufbau einige Übereinstimmungen auf. Umso überraschender, dass Gateway ausgezeichnet wurde und Mindbridge in Vergessenheit geraten ist.
Haldeman geht dabei viel kreativer mit seinem Szenario um. Da gibt es z. B. Breedingplanets, auf denen ständig Kinder geboren werden, oder andere zwischenmenschliche Experimente. Jacque ist Schweizer und wirft ab und zu deutsche Wörter ein. In einem kleinen Wortspiel geht es um die (falsche) Betonung von schießen - das wird den Amerikanern wohl entgehen. happy smiley
Bei seiner ersten Mission trifft Jacque auf Carol Wachal. Die beiden freunden sich an und machen fortan vieles gemeinsam. Während zu Beginn die Beschreibungen sehr gelungen sind (insbesondere Jacque schließt man schnell ins Herz), werden sie später wie Bauern auf dem Schachbrett hin- und hergeschoben und können sich nicht mehr entfalten.
Nicht so gut gefallen haben mir die Rückblicke entfernter Nachfahren - das zerstört etwas von der Atmosphäre des Buches. Mit den vielen Protokollen musste ich ebenfalls erst warm werden, bevor ich sie als wichtigen Teil des Buches akzeptiert habe, in Gateway hat alles ein wenig besser zusammengepasst. Etwas befremdlich ist, dass die Organisation, die die Tamer ausbildet und die Reisen finanziert, zum Ende hin eher den Eindruck eines Geheimdienstes hinterlässt und nicht die einer wissenschaftlichen Organisation.
Als man denkt, die Handlung ist an einem toten Punkt angelangt und alles ist gesagt, holt Joe Haldeman im letzten Drittel tatsächlich noch einen Trumpf aus dem Ärmel. Und was für einen! Hier blitzen Originalität und Fantasy auf, die das Buch weit über das Mittelmaß hinauskatapultieren.
Dieser Klassiker ist für alle SF-Fans empfehlenswert und insbesondere Freunde von Gateway werden viel Spaß haben.
Wertung: 6 von 7 Viele SF-Motive werden intelligent zusammengeführt, ein wenig gestört haben mich die Rückblicke aus der Zukunft.
Dezember, 2005
Die Denkbrücke - Rezensionsübersicht