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"Dort ist noch die Zeit der Lagerfeuer und der Sagen", sagte er, "und das wird dir gefallen."

Der kleine Karl "Krümel" Löwe ist sterbenskrank, doch niemand traut sich es ihm zu sagen, außer sein großer Bruder Jonathan. Um seinen Krümel zu beruhigen erzählt er ihm von Nangijala, dem Land aus dem alle Märchen und Sagen stammen und in das man nach dem Tod hingeht. Dort werde man sich wieder treffen und da es in Nangijala keine richtige Zeit gebe, würde es für Krümel nur wie ein zwei Tage vorkommen, selbst wenn Jonathan noch viele, viele Jahre leben würde. Doch es kommt ganz anders - eines Nachts bricht ein Feuer im Haus aus und Jonathan rettet seinen Bruder indem er mit ihm aus dem Fenster springt. Während Krümel unverletzt bleibt erliegt Jonathan seinen Verletzungen und geht als erster nach Nangijala. Aber lange muß er dort nicht auf Krümel warten...

Die beiden Brüder wohnen auf dem Reiterhof im Kirschtal, wo sie unter dem Namen Löwenherz bekannt sind und ein Leben wie in einem Märchen führen. Krümel muß zu seiner Freude feststellen, daß er in Nangijala gesund ist und all die Dinge machen kann, die ihm vorher verwehrt geblieben sind. Es dauert jedoch nicht lange bis Karl feststellt, daß es auch in Nangijala Abenteuer gibt, die es nicht geben sollte. Denn es gibt noch ein zweites Tal, das Heckenrosental, und dieses Tal ist kein freies Tal mehr. Aus Karmanjaka, dem Land oben in den Bergen Der Uralten Berge hinter dem Fluß Der Uralten Flüsse, ist Tengil gekommen und hat das Heckenrosental versklavt.
Jonathan reitet ins Heckenrosental um den Freiheitskampf zu unterstützen. Aber es gibt auch im Kirschtal schon einen Verräter und Krümel folgt seinem Bruder um ihn zu warnen. Auf dem Weg ins Nachbartal wird Krümel von einigen Tengilmännern aufgegriffen und greift zu einer Notlüge: Er behauptet im Heckenrosental zu leben. Die Tengilmänner bringen ihn daraufhin ins Tal und Krümel hat Glück, ein alter Mann namens Matthias unterstützt seine Behauptung er wäre sein Großvater. Zu seiner Überraschung findet er bei Matthias seinen Bruder Jonathan, auf dessen Kopf bereits eine Prämie ausgesetzt worden ist.
Zusammen werden sie Zeugen der Grausamkeit Tengils und so machen sich die Brüder Löwenherz auf den Weg nach Karmanjaka um Orwar, den Anführer des Widerstands zu retten. Viele Hindernisse liegen auf ihrem Weg, aber ihr Unterfangen gelingt und nach ihrer Rückkehr ins Heckenrosental kann der Kampf um die Freiheit beginnen. Doch selbst die Unterstützung aus dem Kirschtal scheint nicht zu reichen, als Tengil kommt, denn er bringt das Untier Katla mit. Ein Drachen, dessen Anblick fürchterlich ist und allein sein Atem reicht um einen Menschen zu töten...

Wie soll ich dieses Buch beschreiben? Wie kann ich das in Worte fassen, was jedes Mal in mir vorgeht, wenn ich es lese? Wo soll ich anfangen? Bei den Tränen, die ich sowohl am Anfang, wie auch am Ende des Buches vergieße, auch wenn ich dieses Buch in den letzten 20 Jahren unzählige Male gelesen habe?! Bei dem herzhaften Lachen, welches es mir an so mancher Stelle entlockt hat? Bei der wunderschönen Geschichte voller Abenteuer, Heldenmut, Tapferkeit und edlen Taten? Bei der Liebe, der Selbstlosigkeit und Treue, die das Handeln der Hauptpersonen bestimmen? Oder bei den Abenteuern, die es nicht geben sollte? Oder beim Tod?

Der Text ist einfach und doch - vielleicht auch gerade deswegen - eindrucksvoll geschrieben. Leicht und schnell zu lesen, ein Buch für einen gemütlichen Nachmittag auf dem Sofa. Hervorzuheben sind auch die wunderschönen Illustrationen von Llon Wikland, zahlreiche doppelseitige schwarzweiß Zeichnungen und viele kleine Bilder lockern den Text auf, muntern die Phantasie dazu auf, sich auch den Rest der Geschichte bildhaft vorzustellen. Zauberhaft und unverkennbar hat Wikland die Schöpfung der schwedischen Kinderbuchautorin Astrid Lindgren umgesetzt.

Lindgren erzählt eine märchenhafte Abenteuergeschichte, in der es um den uralten Kampf zwischen Gut und Böse geht, voller Helden und Ungeheuer, voller Tapferkeit und Verrat. Und wie ein Märchen hat auch Die Brüder Löwenherz einen Haufen Weisheiten und eine Moral zu bieten. Es handelt von der Hoffnung, darüber was Menschlichkeit ist, dem Sieg über die eigenen Ängste, darüber daß man sich nie unterkriegen lassen soll und daß es immer weitergeht, mag es noch so scheinen, als gäbe es keinen Ausweg mehr.
Anders als ein klassisches Märchen hat dieses Buch aber kein reines Happy-End. Sicher Katla und Tengil werden besiegt und die Täler von Nangijala werden befreit, doch das Buch beginnt mit dem Tod und damit endet es auch. Aber Jonathan hat auch hier wieder einen Hoffnungsschimmer zu verbreiten, denn wenn man Nangijala verlassen muß, dann kommt man nach Nangilima und dort wartet bereits das Apfeltal und all die Freunde, die den Kampf nicht überlebt haben.
Man mag darüber diskutieren ob es tatsächlich ein Ausweg ist den Freitod zu wählen, aber es paßt zu diesem Buch, welches trotz der vielen schönen Passagen, doch auch voller Untiefen und Grausamkeiten ist. Vielleicht liegt das an der Zeit, in der das Buch entstanden ist. 1973, der Vietnamkrieg war zu Ende, im Jahr zuvor gab es das Blutbad bei den Olympischen Spielen in München und Ölkrisen erschütterten Europa. Da wünschte man sich vielleicht manchmal einen einfachen Ausweg und einen Neubeginn in einer heilen Welt.
Und so ist es vielleicht nicht wirklich ein Kinderbuch, aber wenn ich mich so an die Zeit erinnere, wo ich es als Kind gelesen habe, dann kann ich mich eigentlich nur an die Hoffnung und den Mut erinnern, die dieses Buch macht und an die wunderschöne Welt Nangijala, die von Astrid Lindgren so schön beschrieben wird.
Jetzt als Erwachsener gibt mir das Buch viel zum Nachdenken, aber auch immer noch Hoffnung und auch Mut! Und so bleibt es mir nur noch Jonathan Löwenherz zu zitieren:

"Weil man sonst kein Mensch ist, sondern nur ein Häuflein Dreck."

10 von 10 Punkte.
- Oktober 2004 -

Ausgezeichnet mit dem Wilhelm-Hauff-Preis, Internationaler Janusz-Korczak-Preis, Deutscher Jugendliteraturpreis - Auswahlliste und Medaille des schwedischen Buchhandels.

Themenbereich "Phantastik für Kinder und Jugendliche"
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