Serie / Zyklus: Shadowrun Besprechung / Rezension von Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Unsere vier Anfänger werden gleich bei ihrem ersten Run gegen die Berliner Aztech-Dependance scheinbar gewaltig von ihrem Auftraggeber, dem Schieber "Tommy der Fuchs", verladen. Als ein konkurrierendes Team aus dem Nichts auftaucht und die Azzis einen ziemlich vorgewarnten Eindruck machen, gelingt es den (dilettantischen) Vier, gerade so eben wenigstens ihren Arsch zu retten. Nachdem dieser Run so gründlich in die Hose gegangen ist, finden sie sich auf einmal auf Tommys Abschussliste wieder (von wegen der Anzahlung, und so...) und auch die Azzis haben noch ein Hühnchen mit den Möchtegern-Runnern zu rupfen. Weil sie aber wahre Helden sind, beschließen sie, herauszufinden, was da so gründlich schiefgelaufen ist, und vor allem warum.
Anderer Ort, gleiche Stadt: der völlig paranoide und ziemlich heruntergekommene Magier Moonwish, und sein - nicht ganz freiwilliger - Chummer Phönix, gelangen in Besitz des zweiten Teils eines revolutionären Chip-Prototyps, der, sollte er auf den "Markt" kommen, die gesamte Konzernwelt nachhaltig verändern wird. Frage: Wer hat den anderen Teil dieses Super-Spielzeugs. Und dann gibt es da noch den Troll Ridgeback: diesen "sensiblen" Schläger plagt auf einmal sein Gewissen, weil er herausfindet, dass sein Boss Tommy wohl wirklich ein Haufen Drek ist.
Ich will ja nicht jammern, aber als Rezensent hat man es nicht leicht: kaum ist dieses Buch gelesen, schon verflüchtigen sich die Erinnerungen an Story und Protagonisten: Legt man für eine Beurteilung als Maßstab die (meine) "Erinnerungshalbwertzeit" zu Grunde, so müsste ein Daumen-runter-Urteil über das Buch gefällt werden. Doch ganz so schlimm ist es dann doch nicht, denn eigentlich handelt es sich um ein kurzweiliges Büchlein, richtig knuddelige Popcorn-Literatur: schnell, bunt, mit viel Pathos, sprachlich insbesondere in der ersten Hälfte nicht sehr ausgefeilt, humorvoll, (selbst)ironisch, tragisch und zumindest etwas spannend. Selbst die für diese Art des Entertainments notwendigen archetypischen Charaktere sucht der Leser nicht vergebens: da gibt es die ganz Bösen, die Unschuldigen, den Väterlichen, den Bekehrten und die Obercoolen, denen nichts und niemand ans Bein pinkeln kann.
Doch genug der Lobhudelei: die titelgebenden Protagonisten sind eigentlich nur Statisten, die blass bleiben und denen man ihre Berufung zu Runnern nicht abnimmt. Daran ändert auch das von Nedic bemühte Stilmittel kurzer Rückblenden in das Leben der einzelnen Chummer nichts, insbesondere weil der Autor im selben Atemzug seine Figuren durch nicht notwendige Slapstick-Einlagen zu völligen Trotteln stilisiert. Die beiden starken, glaubwürdigen Charaktere - Ridgeback und Moonwish - kommen leider hingegen viel zu kurz: ersterer treibt kaum die Handlung voran, letzterer bleibt im Zwielicht seiner Vergangenheit hängen.
Die Story selbst lässt sich mit einem Wort charakterisieren: hanebüchen! Warum sind 95 % aller Shadowrun-Autoren der Meinung, nur potenziell weltordnungsgefährdende Konflikte bzw. der drohende Umsturz alles so liebgewonnene interessiere den Leser!? Gerade von einem Buch, das Die Anfänger betitelt wurde, sollte man annehmen, es erzähle eine kleine Story, in der die materiellen und ideellen Schwierigkeiten von (Meta)Menschen beleuchtet werden, die - aus welchen Gründen auch immer - zu Gesetzlosen werden und ihr SIN-volles Leben zugunsten der Straße aufgeben. Stattdessen: Azzi-Run und Superchip. Das "Erlöserteam", "die Men-In-Black", die gegen Ende des Buches in die Geschehnisse eingreifen, geben der Glaubwürdigkeit dieser Geschichte schließlich endgültig den Gnadenstoß.
Kurz und gut: weniger wäre mehr gewesen. Vielleicht sollte der Autor beim nächsten Roman versuchen, die Erfahrungen eines Rollenspielnachmittages nicht 1 : 1,3 in ein Buch zu pressen. ... doch wer bin ich, dass ich solche Ratschläge erteile, wo ich selbst nicht einmal Shadowrun spiele....
Fazit: Ein durchschnittlicher Shadowrun-Roman, der einerseits viel szenariogemäße Action bietet, andererseits jedoch in Teilen sehr pathetisch geraten ist und auch sprachlich nicht ganz zu überzeugen vermag. Auf jeden Fall werden auch SR-Anfänger beim Lesen den Überblick nicht verlieren ... und für ADL-Fans und MdB's (Mitglieder des Bundestages) gehört dieser Berlin-Roman ohnehin zur Pflichtlektüre.
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